Julia Extra Band 0303
Sie Ihren Schreibtisch aus. Sie sind gefeuert!“
Die Verzweiflung gab ihr den Mut, sich an Mrs. Alvarez vorbeizuschieben.
Diogo Serrador hatte eine höllische Woche hinter sich.
Nach einem Jahr konstanter Verhandlungen und Millionen von investierten Dollar war die Übernahme von Trock Nickel Ltd. gescheitert.
Weil er seinen besten Verbündeten im Aufsichtsrat verloren hatte.
Weil seine Junior-Chefsekretärin das falsche Datum aufgeschrieben und er so ein entscheidendes Meeting verpasst hatte.
Es war der aktuellste in einer endlosen Serie von Fehlern. In den letzten Wochen war Ellie Jensens Arbeitsleistung rapide auf ein geradezu lachhaftes Niveau gesunken. Sie kam zu spät, dafür ging sie früher. Sie nahm endlose Mittagspausen und versteckte sich mehrmals täglich auf der Damentoilette.
Heulte dort wahrscheinlich.
Unter angehaltenem Atem fluchend, stand Diogo von seinem Schreibtisch auf und stellte sich an die Fensterfront seines Büros. Die Skyline von Manhattan breitete sich vor ihm aus, von hier hatte er freien Blick auf den Hafen und die Freiheitsstatue. Er legte die Stirn an das kühle Glas.
Trotz Miss Jensens fehlender Erfahrung hatte er sie eingestellt – auf die Empfehlung seines ehemaligen Senioranwalts hin. Und sie hatte ihre Arbeit gut gemacht; so gut, dass er sie auf die Geschäftsreise nach Rio mitgenommen hatte, als Mrs. Alvarez krankgeschrieben war. Ellie Jensen war auf dem besten Wege gewesen, eine wertvolle Mitarbeiterin seiner Firma zu werden.
Wirklich schade, dass er den Fehler gemacht hatte, sie zu verführen.
Diogos Miene verfinsterte sich. Verflucht, er hätte sie nie mit nach Rio nehmen sollen. Er hätte sie noch vor Weihnachten feuern sollen, zusammen mit seinem niederträchtigen Senioranwalt. Wie konnte man einer Frau trauen, die mit Timothy Wright befreundet war? Aber sein Gewissen hatte nicht zugelassen, dass er sie entließ. Weil es nicht fair gewesen wäre.
Und vielleicht auch, weil es ihm gefiel, sie im Büro um sich zu haben. Weil sie anders war als seine meisten anderen Sekretärinnen – immer fröhlich, immer nett. An dem Firmenklatsch hatte sie sich nie beteiligt. Sie hatte das Büro irgendwie heller, freundlicher gemacht.
Bis er mit ihr geschlafen hatte.
Er hatte gewusst, dass sie vom Lande kam. Aber da sie immerhin vierundzwanzig war, wäre ihm nie in Sinn gekommen, dass sie auch noch Jungfrau sein könnte. Hätte er es vorher gewusst, hätte er sie nicht angerührt. Jungfrauen waren nichts für ihn. Die nahmen Sex viel zu ernst. Für sie war Sex der Anfang einer festen Beziehung.
Aber Ellie Jensen war so süß gewesen. Mit ihren dunkelblauen Augen, dem hellblonden Haar und einer Figur, mit der sie für Schwimmmoden Reklame machen könnte, hatte er angenommen, sie sei erfahren. Er hatte sich von der Stimmung beim Karneval in Rio mitreißen lassen, hatte impulsiv gehandelt. O ja, es war eine tolle Nacht gewesen … Sein Körper reagierte allein bei der Erinnerung.
Nein, das Kapitel war zu Ende. Es gab viele schöne Frauen auf der Welt, und er hatte kein Interesse daran, unschuldige Herzen zu brechen. Oder naive Farmerstöchter zu ermutigen, sich einzubilden, sie wären diejenigen, die ihn zähmen könnten.
Er hörte den Aufruhr vor seiner Tür, und dann flog sie auch schon auf. Doch anstatt seine Chefsekretärin zu sehen, bereit zum Diktat, stand dort das Joch seines Lebens. Die Frau, deren Schönheit und Unschuld ihn einen Millionen-Dollar-Deal gekostet hatte.
„Ich muss mit dir reden!“ Während sie die Worte ausstieß, wehrte sie sich gegen Mrs. Alvarez.
„Miss Jensen“, meinte er schneidend, dann hielt er inne. Was war aus seiner adretten, heiteren Junior-Chefsekretärin geworden? Das Haar hatte sie achtlos in einem Pferdeschwanz zusammengefasst, unter ihren Augen lagen Ringe, als hätte sie nächtelang nicht geschlafen. Sie war weiß wie ein Laken, und das seltsame Kleid, das sie da trug, ließ sie aussehen, als hätte sie über Nacht zehn Kilo zugenommen.
Diogo seufzte still. Das Mädchen war mit Sicherheit hier, um ihm ihre Liebe zu erklären. Genau das, was er zu vermeiden versucht hatte. Natürlich hätte er gern mehr Zeit mit ihr verbracht als nur diese eine Nacht, doch das hatte er sich versagt. Er hatte sie bewusst ignoriert, in der Hoffnung, dass sie den Wink verstehen würde. Es gab keine Zukunft für sie. Und es war ihm schwergefallen. Ziemlich oft, wenn er sie an ihrem Schreibtisch hatte sitzen sehen, hätte er sie am liebsten in sein
Weitere Kostenlose Bücher