Julia Extra Band 0305
Aufenthalt im Taures-Palast erzählt. Das war bestimmt kein Zuckerschlecken“, erwiderte er mit tiefem Verständnis im Blick.
Sie lachte leise. Also war er tatsächlich einer von Maxims Gästen. Trotzdem sollte sie familieninterne Dinge nicht mit jemandem besprechen, den sie kaum fünf Minuten kannte. „Wie heißt es? ‚Hat man die Tür erst einmal hinter sich geschlossen, gibt es keinen Weg zurück nach Hause.‘“
Bildete sie sich das ein, oder zeigte sich plötzlich ein harter Zug um seinen Mund? Auf jeden Fall hatte es den Anschein, als wolle ihr unbekannter Kavalier gehen.
„Bleiben Sie und reden Sie mit mir“, bat Giselle und war über sich selbst schockiert. Gut, dass ihre Mutter sie jetzt weder sehen noch hören konnte.
Der Fremde neigte den Kopf in stummem Einverständnis. „Ich möchte Sie aber nicht von Ihren anderen Gästen fernhalten, Eure Hoheit. Das Protokoll …“
„Vergessen Sie das Protokoll!“, entfuhr es ihr, doch gleich darauf mäßigte Giselle ihren Ton. „Wie Sie selbst sehen können, fordert niemand meine Aufmerksamkeit.“
„Vielleicht fühlen sie sich durch Sie eingeschüchtert“, gab er zu bedenken und trank einen Schluck Champagner.
„Weil die Sänfte ein wenig wie ein Thron aussieht, meinen Sie?“
„In dem Ding wirken Sie tatsächlich ziemlich königlich.“
„Aber Sie machen auf mich keinen eingeschüchterten Eindruck, Mr. …?“
Seine Augen funkelten amüsiert. „O nein, Prinzessin. Sämtliche Identitäten und Mysterien werden erst um Mitternacht aufgedeckt.“
„Geben Sie mir wenigstens einen kleinen Tipp“, schmeichelte Giselle. „Sind Sie einer von Maxims Freunden?“
„Ich kenne den Prinzen“, war alles, was er sich entlocken ließ.
Da jeder Ballgast in irgendeiner Verbindung zum Château stand, war Giselle jetzt genauso schlau wie zuvor. „Das könnten alle Anwesenden von sich behaupten.“
„Wohl wahr, Eure Hoheit“, kam es gelassen zurück.
„Das ist unfair!“, beschwerte sich Giselle. „Sie sind mir gegenüber im Vorteil, und ich weiß nicht einmal, wie ich Sie anreden soll.“
Er schien einen Moment nachzudenken. „Wie wäre es mit Clark?“
„Was natürlich nicht Ihr richtiger Name ist!“ Davon war sie überzeugt.
„Meine Tochter schlug ihn vor, als ich mich heute für den Ball fertig machte.“
„Hmm …“ Er war also verheiratet und hatte sogar eine Tochter! Sie hätte es wissen müssen! Giselle versuchte, den Anflug von Enttäuschung im Keim zu ersticken. „Hört sich doch ganz harmlos an. Seien Sie froh, dass sie nicht auf irgendetwas Bizarres verfallen ist.“
Um seine Mundwinkel zuckte es. „Angesichts der Möglichkeiten, die eine schwarze Maske bietet, war Clark tatsächlich bei Weitem die verträglichste Variante …“
Plötzlich verstand Giselle und lachte. „Ah, also Clark, der Superman , ja?“
„Amandas Eindruck, nicht meiner“, erwiderte er prompt.
Also sah er sich selbst nicht als Superhelden? Vom Aussehen her passte dieses Image zumindest perfekt zu ihm. Giselle konnte ihn sich bildhaft vorstellen, wie er mit wehendem Umhang durch tiefe Häuserschluchten flog, um eine Jungfrau in Nöten zu retten. Und die Rolle der Jungfrau könnte ihr …
Aber er war ja verheiratet! Die besten Exemplare waren in festen Händen, keine neue Erkenntnis für Giselle.
Vielleicht vermittelte er auch deshalb den Eindruck, den Ball eher als eine Zwangsveranstaltung denn als Vergnügen zu betrachten. Weil seine Frau nicht an seiner Seite war.
„Ich sollte mich unters Volk mischen“, murmelte sie mit wenig Überzeugung in der Stimme.
Er begutachtete den bandagierten Fuß, der unter dem glitzernden Saum ihrer langen Ballrobe hervorschaute und in einem perlenbestickten Samtschuh steckte. „Wenn Sie sich nicht mittels der Sänfte einen Weg durch dieses Menschengetümmel bahnen wollen, könnten Sie Probleme bekommen.“ Er reichte ihr seinen Arm. „Darf ich Ihnen meine Unterstützung anbieten, Eure Hoheit?“
Mithilfe von Krücken oder einer anderen Stütze war es ihr tatsächlich möglich, den Fuß zu belasten, und so redete Giselle sich ein, dass dies der einzige Grund war, warum sie sein Angebot mit einem strahlenden Lächeln akzeptierte. „Es würde mir wirklich guttun, mich ein wenig umherbewegen zu können, aber ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen.“
„Kein Problem, Eure Hoheit“, versicherte er trocken. „Ich habe hier keinerlei gesellschaftliche Verpflichtungen.“
„Aber ich möchte Sie nicht von
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