Julia Extra Band 0305
ging. Denn sie war es, die ratlos und mit unerfüllter Sehnsucht zurückblieb.
Unter den neugierigen Blicken des Wirts und seiner Mitarbeiter folgte sie Demos zum Ausgang des Lokals. Draußen schlang sie fröstelnd die Arme um sich. Der Wind war aufgefrischt und blies eisig durch ihr dünnes Kleid. Im Handumdrehen hatte Demos ein Taxi herbeigewinkt, eine beachtliche Leistung in diesem Teil der Stadt.
Wortlos drängte Althea sich an ihm vorbei, zu durchgefroren an Körper und Seele, um sich zu bedanken. Sie spürte etwas Schweres, Warmes um ihre Schultern. Sein Jackett.
„Du zitterst“, sagte er. Sie sah, wie er dem Taxifahrer einen Geldschein zusteckte.
„Ich will nicht …“
„Doch, du willst.“ Kaum saß sie im Wagen, schlug er die Tür von außen zu und ließ sie allein dort sitzen, eingehüllt in sein Jackett.
Demos sah dem Taxi nach. Er fragte sich, wohin sie fahren mochte. Wer sie war.
Ihr Witz und ihre Frechheit faszinierten ihn ebenso wie die unergründliche Tiefe ihrer saphirblauen Augen. Sie war keine hohlköpfige Society-Schönheit, sosehr sie sich auch bemühte, diesen Eindruck zu erwecken. Auch kein Flittchen, wie dieser Angelos behauptet hatte. Das sagte ihm sein Gefühl.
Wer also war sie? Und warum fand er sie so anziehend? Interessierte er sich nur für sie, weil er momentan allein war und sich langweilte?
Nein, es war mehr als das. In diesem dämlichen Club waren mindestens ein Dutzend junge Frauen gewesen, die ihn freudestrahlend nach Hause begleitet hätten, doch er hatte keine von ihnen auch nur eines Blickes gewürdigt.
Sie dagegen …
Sie hatte versucht, ihm davonzulaufen. Er musste über ihre Dreistigkeit lächeln, obwohl er ziemlich wütend gewesen war – wütend und auch ein bisschen verletzt. Wieso hatte sie sich weggeschlichen? Aus Langeweile oder um ihn zu provozieren? Er hätte sie einfach stehen lassen sollen, allein und gedemütigt.
Nein, das hätte er nicht über sich gebracht. Niemals.
Sie war mutig. Sie war schön. Er begehrte sie. Drei gute Gründe, sie zu erobern. Doch zuerst musste er ihren Namen in Erfahrung bringen.
Was nicht weiter schwierig war. Nichts war schwierig, wenn man es nur entschlossen genug anging. Das hatte Demos vor langer Zeit gelernt. Er ging zum Nachtclub zurück, gab dem Türsteher fünfzig Euro und bat ihn, Angelos herauszuschicken.
Entspannt lehnte er an der graffitibesprühten Ziegelmauer, als der junge Mann im rosa Hemd vor die Tür trat.
„Sie …!“ Angelos sah sich gehetzt um, doch hinter ihm hatte der Türsteher Position bezogen. „Was wollen Sie?“
„Den Namen der Frau, mit der ich heute Abend den Club verlassen habe.“
Angelos lachte verächtlich. „Hat sie Ihnen nicht mal ihren Namen verraten?“ Hämisch fügte er hinzu: „Sie hat Sie wohl abgehängt, wie? Ich wette, die kommt zu mir zurück. Althea und ich, wir …“
„Althea, also“, bemerkte Demos zufrieden. Der Name passte zu ihr.
„Althea Paranoussis“, bestätigte Angelos schulterzuckend. „Daddys reiches kleines Mädchen. Blödes Flitt…“
„Stopp!“, sagte Demos scharf. „Reden Sie nie wieder so über sie.“ Er nickte dem Türsteher zu und schlenderte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Althea Paranoussis. Jetzt kannte er ihren Namen. Er würde sie aufspüren.
2. KAPITEL
Die Sonne schien zum Fenster herein, direkt auf ihr Bett und den verspielten weißen Mädchenschreibtisch. Althea hörte ihren Vater mit polterndem Schritt die Treppe hinuntergehen. Er war wie üblich schon früh auf den Beinen und würde jetzt wie jeden Morgen im Esszimmer eine Tasse Tee und ein Stück Gebäck zu sich nehmen.
Obwohl sie letzte Nacht nicht allzu spät nach Hause gekommen war, hatte er bei ihrer Rückkehr bereits auf sie gewartet. Er war am Ende seiner Geduld und hatte genug von ihren durchfeierten Nächten und ihrem Ruf als wildem Partygirl. Sie lächelte freudlos. Ihr ging es genauso.
„Das muss aufhören, Althea!“, hatte Spiros Paranoussis geschimpft, als er sie im Morgenrock und mit zerrauftem Haar in der Diele empfangen hatte. „Ab sofort benimmst du dich anständig, oder ich werde dafür sorgen, dass du es tust.“
„Ich bin eine erwachsene Frau, Vater“, hatte sie unbeeindruckt erwidert. Mit zwölf Jahren hatte sie aufgehört, ihn Papa zu nennen.
„Du führst dich auf wie ein ungezogenes Kind! Jeden Tag steht in der Zeitung, was du wieder angestellt und mit wem du dich herumgetrieben hast. Wie soll ich den Leuten noch in die Augen
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