Julia Extra Band 0305
jedenfalls. Älter, erfahrener, souveräner – und gefährlicher. Sie griff nach ihrem Glas und trank.
„Na schön, geheimnisvolle Unbekannte“, raunte er, „dann werde ich Ihnen einen Namen geben.“
„Und welchen?“
Er musterte sie unter gesenkten Lidern. „Elpis.“
„Interessante Wahl.“
„Sagt Ihnen das etwas?“
„Allerdings.“ Ihre Augen blitzten. „Elpis, die Hoffnung. Das Letzte, was in der Büchse der Pandora zurückblieb. Falls Ihnen das etwas sagt.“
„Vage.“ Er quittierte ihren Seitenhieb auf seine Überheblichkeit mit einem zerknirschten Lächeln. Ein warmer Schauer durchrieselte Althea, doch sie ermahnte sich, sich nicht von seinem Charme einwickeln zu lassen.
„Nun …“, sie setzte ihr Weinglas ab und beugte sich über den Tisch, wobei ihr die Stola von der Schulter rutschte. „Und welche Hoffnung setzen Sie in mich?“ Ihr unerwartet scharfer Ton ließ ihn überrascht aufblicken.
Sein Blick glitt zu ihrer nackten Schulter. „Ich glaube, das wissen Sie.“
Sie verbarg ihre Gefühle hinter einem Lächeln, lehnte sich zurück und schwieg. Wie dumm von ihr, enttäuscht zu sein! Es drehte sich doch immer alles nur um Sex. Hatte sie wirklich geglaubt, dieser Mann könne mehr von ihr wollen?
„Erzählen Sie mir von sich“, bat sie.
„Ich bin Jachtdesigner und betreibe eine Charterfirma für Luxusjachten“, erklärte er. Sie nickte anerkennend. Zumindest gehörte er nicht zu den jungen Müßiggängern, die nur ihr Erbe verprassten.
„Lieben Sie Ihren Beruf?“
„Ja, sehr.“
„Was mögen Sie daran?“
Ihre Frage schien ihn zu überraschen. Er trank einen Schluck Wein, bevor er antwortete: „Ich liebe es zu sehen, wie Entwürfe Gestalt annehmen, wie aus bloßen Linien auf dem Papier Objekte aus Stahl und Glas werden, die über das Meer gleiten.“ Ein verlegenes kleines Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
„Es muss schön sein, etwas Eigenes zu erschaffen.“ Wehmut schwang in ihrer Stimme mit.
„Und was tun Sie, wenn Sie nicht gerade feiern?“
Althea zog die Augenbrauen hoch. „Muss ich noch etwas anderes tun?“
„Aber nein. Eine schöne Frau braucht nur zu existieren“, erwiderte er galant.
„Als hübsches Beiwerk, ja?“, meinte sie trocken, womit er nicht gerechnet zu haben schien.
„Also, was tun Sie?“, wiederholte er merklich kühler.
„Nun, ich existiere.“ Was so viel weniger war, als zu leben und zu lieben. Sie sah Verwunderung in seinen Augen. Und, was viel schlimmer war, Mitleid.
„Sind Sie glücklich?“ Das hatte sie noch nie jemand gefragt.
Sie lachte, aber es war kein fröhliches Lachen. „Natürlich bin ich glücklich. Sehen Sie mich doch an!“ Theatralisch hob sie die Arme. „Wie könnte ich unglücklich sein?“
Sie war schön, das wusste sie, und schöne Menschen hatten keine Probleme. Schöne Menschen waren immer glücklich. Sie mussten es einfach sein.
Demos betrachtete sie so eingehend, dass sie sich am liebsten verkrochen hätte. Sie hasste es, begutachtet und in eine Schublade gesteckt zu werden, obwohl Demos eher wie jemand wirkte, der den Dingen gern auf den Grund ging.
„Das ist in der Tat schwer vorstellbar“, lautete seine Antwort.
„Na dann …“ Sie ließ die Arme fallen, leerte ihr Glas und drehte nervös den Stiel zwischen den Fingern. „Sind Sie verheiratet?“
„Was soll die Frage?“ Demos knallte sein Glas so heftig auf den Tisch, dass der Wein überschwappte. „Werden Sie oft von verheirateten Männern angesprochen?“, fragte er grimmig, wobei Althea nicht klar war, ob sein Zorn ihr oder den Männern galt.
„Von Eheringen halte ich mich lieber fern“, versetzte sie lächelnd.
„Auch von einem Ring an Ihrem eigenen Finger?“
„Auf jeden Fall.“
Er streifte sie mit einem kühlen, zufriedenen Blick. „Dann dürften wir keine Probleme miteinander haben.“
Natürlich, dachte Althea nüchtern, er hat nicht vor zu heiraten. Vielleicht hatte er nicht einmal vor, sich ein zweites Mal mit ihr zu treffen. Erst ein paar gängige Floskeln und dann die Büchse der Pandora, das war vermutlich sein Standardrepertoire.
Elpis hatte er sie genannt. Hoffnung.
Du meine Güte, beinahe wäre sie darauf hereingefallen! Hatte sich eingebildet, er sei anders. Sie sei anders.
Müde schloss sie die Augen. Sie hatte Männer wie Demos und Abende wie diesen so satt! Hatte es satt, die Partyqueen zu spielen, die keinen Drink und keinen Tanz ausließ. Die nicht Nein sagen konnte.
Als sie die Augen
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