Julia Extra Band 0305
sehen?“
„Das ist nicht mein Problem.“
„Aber meins“, lautete seine eisige Erwiderung. „Wenn du dem Ganzen kein Ende setzt, dann werde ich es tun.“
Althea hatte sich nur schulterzuckend an ihm vorbeigeschoben. Seit Jahren drohte ihr Vater ihr Konsequenzen an, ohne sie je in die Tat umzusetzen. Sie nahm seine Drohungen einfach nicht ernst. Er hatte ihren Respekt vor langer Zeit verspielt.
Seufzend stieg sie aus dem Bett. Sie fühlte sich benommen, obwohl sie am Vorabend nicht viel getrunken hatte, nur den Cocktail und das Glas Wein mit Demos.
Demos … Schützend legte sie die Arme um sich. Er war ihr viel zu nahe gekommen, hatte sie dazu gebracht, zu denken und zu fühlen, was sie beides lieber vermied. Sie erinnerte sich, wie er sie letzte Nacht beinahe – aber nur beinahe! – geküsst hatte. Und wie sehr sie sich gewünscht hatte, er möge es tun.
Müde betrachtete sie ihr Gesicht im Badezimmerspiegel. Sie war blass, viel zu blass. Die Sommersprossen auf Nase und Wangen traten deutlich hervor, die blauen Augen hatten einen unnatürlichen Glanz, das lange dunkle Haar war wild zerzaust. Sie sah wirklich wie ein ungezogenes Mädchen aus.
Resigniert verzog sie den Mund. Welche Alternative hatte sie schon? Ohne Ausbildung, ohne Geld, ohne Hoffnung …
Hoffnung . Elpis. Wie falsch er damit lag!
Sie schlüpfte in enge Jeans und einen flauschigen grauen Kaschmirpulli, band sich ein Tuch ins Haar und trug einen Hauch Make-up auf.
Beim Verlassen des Zimmers fiel ihr Blick auf das Herrenjackett, das über der Sessellehne hing. Sie konnte nicht widerstehen, es in die Hand zu nehmen und die Nase hineinzudrücken. Es roch nach Nachtclub, Zigarettenrauch und Bier, doch noch ein anderer, kaum wahrnehmbarer Geruch haftete ihm an, fremd, aber auch merkwürdig vertraut. Tief sog sie den herben Duft seines Aftershaves ein, bevor sie beschloss, die Taschen von Demos’ Jackett zu durchsuchen.
Sie waren leer, was ohne Zweifel Absicht war. Demos Atrikes würde sie finden, nicht umgekehrt.
Melina, die Haushälterin, arrangierte gerade einen Strauß Astern in einer Vase in der Diele, als Althea die Treppe hinunterkam. „Was haben Sie denn getan, dass Ihr Papa so wütend auf Sie ist?“, erkundigte sie sich mit besorgter Miene.
Althea lächelte matt. „Ach, das Übliche.“
Stirnrunzelnd widmete Melina sich wieder den Blumen. „Sie waren mal so ein braves Mädchen“, grummelte sie. Es war ihr üblicher Spruch. „Sie sollten nett zu ihm sein. Er arbeitet hart für Sie.“
„Und für sich selbst.“ Althea drückte der älteren Frau einen Kuss auf die Wange. „Schimpfen Sie nicht mit mir, Melina.“
Sie verharrte auf der Schwelle zum Esszimmer, wo ihr Vater hoch aufgerichtet am Kopfende des Tisches saß. „Möchtest du mit mir frühstücken, Althea?“
Sie hatten seit Monaten keine gemeinsame Mahlzeit mehr eingenommen. „Nein, ich muss weg.“
„Wohin, wenn ich fragen darf?“
„Einkaufen.“
„Brauchst du etwas zum Anziehen?“, fragte er stirnrunzelnd. Ihr Vater war Bankier und Millionär, aber ein richtiger Geizkragen.
„Nein, aber meine Freundin.“ Althea wandte sich zum Gehen.
„Wann kommst du wieder?“
Sie drehte sich kurz um, sah die Ratlosigkeit in seinen Augen. Als sie noch ein Kind war, hatte er sie zum Strand mitgenommen, ihr Eiscreme gekauft und sie abends ins Bett gebracht. Jetzt sah er sie an, als könne er sich nicht erklären, warum aus dem süßen kleinen Mädchen eine so widerspenstige junge Frau geworden war. Aber er brachte es nicht fertig, sie zu fragen.
Und sie hätte es nicht fertiggebracht, ihm zu antworten.
Früher hätte sein trauriges Gesicht sie gerührt. Jetzt weckte es Zorn und Widerwillen in ihr.
„Später“, sagte sie und verließ das Haus.
Das Wasser im Hafen Mikrolimano glitzerte in der Morgensonne. Fischerboote und Luxusjachten schaukelten einträchtig nebeneinander auf den Wellen vor der Kulisse weiß getünchter Apartmenthäuser und Ladenlokale.
Es war noch früh, aber die Sonne brannte schon heiß auf das Deck von Edward Jamesons Jacht. Demos streckte die langen Beine aus und trank einen Schluck starken schwarzen Kaffee. „Was weißt du über Spiros Paranoussis?“
Edward zerteilte sein Rührei in präzise kleine Häppchen. Obwohl er die Hälfte des Jahres in diversen europäischen Häfen verbrachte, begann er jeden Tag mit einem ausgiebigen englischen Frühstück. Jetzt zog er die buschigen weißen Augenbrauen in die Höhe, einen Ausdruck
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