Julia Extra Band 0309
freien Oberfläche brannten, die Flammen geschützt durch schimmernde Glasgefäße. Auf einem Teewagen standen verschiedene Speisen, verdeckt von Silberglocken, und in einem silbernen Eimer, gefüllt mit Eis, wartete eine Flasche Wein.
„Cameron“, sagte sie schwach. „Was hast du getan?“
„Ich musste die Farce im Red Fox doch wiedergutmachen.“
Cameron führte sie durch Spanplattenstapel und Farbeimer zum Tisch. Erst, als er seine Hand von ihrem Rücken löste, um ihren Stuhl unter dem Tisch hervorzuziehen, bemerkte sie, wie kühl es war.
Sie ließ ihre Handtasche auf den Boden fallen, die Knie aneinander gepresst, und trippelte mit den Hacken auf den Boden.
Sobald er ihr ein Glas Wein eingeschenkt hatte, griff sie danach und trank einen Schluck, um sich aufzuwärmen. Er fing ihren Blick auf und lächelte. Sie leerte das Glas.
„Wie war dein Tag?“, fragte er, und plötzlich musste sie so lachen, dass sie sich die Hand vor den Mund halten musste, damit der Wein nicht auf dem schön gedeckten Tisch landete.
„Habe ich etwas Lustiges gesagt?“, fragte er daraufhin.
Sie setzte das Glas ab, und schob es von sich fort. „Na ja. Wir befinden uns gerade über den Dächern der Stadt, umgeben von einem Meer von Kerzen. Und du erwartest tatsächlich von mir, dass ich mich erinnere, wie mein Tag war?“
Camerons weiße Zähne blitzten auf, als er lächelte. „Ich fürchte, heute wird das Essen kürzer dauern als gestern. Wir brechen gerade so viele Gesetze und Gewerkschaftsvorschriften, dass ich den Laden dichtmachen kann, wenn wir erwischt werden.“
Rosie hätte eigentlich erleichtert sein müssen, doch dass er zu jeder Schandtat bereit war, machte ihn noch anziehender als seine Schmeicheleien. Sie verschränkte die Hände, beugte sich vor und flüsterte: „Ehrlich?“
Er stellte die Flasche ab und lehnte sich so weit vor, dass sie den Kerzenschein in seinen Augen tanzen sah. „Bruce, mein Projektmanager, hätte fast gekündigt, als ich ihm erzählte, was ich vorhabe.“
„Fast?“
Die Fältchen um seine Augen vertieften sich und alle Luft wich aus ihren Lungen.
„Obwohl er furchteinflößend aussieht, ist Bruce eigentlich ein echter Softie. Er hat sich wahnsinnig aufgeregt und mir das Versprechen abgenommen, dass wir Helme tragen, und dann hat er umgehend vergessen, dass ich ihm je davon erzählt habe.“
Er hob sein Glas zu einem Toast. Sie nahm ihres leicht zitternd in die Hand, um mit ihm anzustoßen. Der Klang der teuren Gläser hallte durch den weiten, offenen Raum.
Sie sagte: „Auf Bruce.“
Cameron nickte knapp und trank einen Schluck, ohne je den Blick von ihr abzuwenden. „Bist du hungrig?“
„Ich sterbe vor Hunger“, hauchte sie die Antwort. Ihr Blick glitt zu den Silberglocken. „Wen hast du heute Abend noch bestochen?“
„Einem Freund von mir gehört ein Restaurant in der Breakfast Creek Wharf. Er hob die erste Glocke und enthüllte ein köstlich aussehendes, dampfendes Gericht. „Calamari-Streifen an Paprikasalsa mit Limonenspalten.“
Rosie wedelte mit den Händen. „Her damit, her damit!“
Cameron tat wie ihm befohlen und sie griff zu. Beim ersten Bissen explodierte der Geschmack auf ihrer Zunge förmlich – sauer und süß, frisch, salzig, saftig. Mit vollem Mund musste sie wenigstens nicht reden.
Ihr Blick wanderte zu den vier anderen Silberglocken, und er verstand den Wink.
„Es kommen noch Hummerschwanzsalat mit Trüffelöl“, sagte er. „Gefolgt von Apfel-Rhabarber-Tarte mit hausgemachter Zimt-Vanille-Eiscreme.“
Er wurde ihr immer sympathischer.
Eine Weile später, nachdem sie den letzten Bissen des köstlichen Apfelkuchens verspeist hatte, seufzte Rosie schwer, legte ihre Serviette zusammengefaltet auf den Tisch und richtete ihren Blick auf Cameron, der sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt hatte und sie betrachtete.
Hastig wischte sie sich mit der Hand über den Mund, für den Fall, dass noch ein Tropfen geschmolzener Eiscreme an ihrer Lippe hing. Doch da war nichts. Er sah sie an, wie sie den Hummerschwanz angesehen hatte – genüsslich.
Seine blauen Augen ähnelten denen seines Vaters.
Ihr Mitgefühl war plötzlich so stark, dass sie sich ans Herz fassen musste. Sie wusste, wie es sich anfühlte, keinen Vater zu haben, und sie fragte sich, was wohl passieren würde, wenn man Cameron und seinen Vater zusammen in ein Zimmer stecken und abschließen würde. Schaden konnte es nichts, aber würde es helfen?
Oder sollte sie sich nicht
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