Julia Extra Band 0309
jetzt war es ausgesprochen. Aber irgendwie fühlte sie sich gar nicht mehr so nobel dabei, diese hohen Ansprüche zu vertreten. Verpasste sie tatsächlich ihr Glück? Und wenn Cesar wirklich so weit von ihrem Ideal entfernt war, warum ging er ihr dann so unter die Haut?
„Er ist ein Mann, der nicht davon ausgeht, dass ihm alle Frauen zu Füßen liegen“, fügte sie scharf hinzu.
„Und warum hast du dann mit mir geschlafen?“
„Du solltest jetzt lieber gehen.“
„Erst, wenn du meine Frage beantwortet hast.“
„Also gut. Ich habe mit dir geschlafen, weil ich dich anziehend und äußerst erotisch finde. Bist du jetzt zufrieden?“
„Vollkommen. Ich wollte es nur noch einmal von dir hören. Und jetzt brauche ich wirklich eine Dusche.“ Damit verließ er wütend das Zimmer. Tatsächlich benötigte er jetzt wirklich etwas, um sich abzukühlen. Zwar hatte er das letzte Wort gehabt, trotzdem empfand er kein Triumphgefühl.
Warum geht mir das Ganze nur so nahe?, dachte er, während er sich nach dem Duschen mit energischen Bewegungen abtrocknete. Sein Gesicht im Spiegel zeigte überhaupt nicht mehr die stoische gelassene Miene, die ihm sonst entgegenblickte. Um Frauen wie Julie machte man am besten einen großen Bogen. Sie brachten nichts als Ärger. Dabei musste er ihr ja eigentlich dankbar sein, dass sie klipp und klar gesagt hatte, was sie wollte. Hatte er sich in der Vergangenheit nicht oft genug genauso verhalten? Nur hatte er es nicht so offen ausgesprochen wie sie.
Wahrscheinlich tat es ihm einfach nicht gut, hier eingesperrt zu sein. Er war es nicht gewohnt, zum Nichtstun verurteilt zu sein. Sobald er von hier fort war, würde er diese Frau vergessen und sein altes Leben wieder aufnehmen. Harte Arbeit und hier und da eine Affäre, das war es, was er brauchte – keine langatmigen Gespräche über Gefühle, die zu nichts führten.
Herrgott! Er war nicht einmal zum Rasieren gekommen, seit er hier war. Ich sehe schon aus wie ein Neandertaler, dachte er.
Aber mit etwas Glück würde der Schnee genauso schnell verschwinden, wie er gekommen war. Und er würde dieses gottverlassene Nest verlassen können und wieder so leben, wie er es gewohnt war.
Aber ein Gutes hatte die Sache. Hinter Fernandos Geld war sie auf keinen Fall her, das war deutlich geworden. Alles, was sie wollte, war ein verdammter Märchenprinz.
Und du, mein lieber Cesar, sagte er sich, lass dir das eine Lektion sein. Halte dich an das, was du kennst. Alles andere ist einfach viel zu kompliziert.
5. KAPITEL
Noch lange danach fragte Julie sich, wie sie es geschafft hatte, den Rest des Wochenendes durchzustehen. Immer wieder ließ sie die letzten gemeinsamen Stunden mit Cesar Revue passieren, und ihr wurde klar, dass er es war, der es durch sein Verhalten möglich gemacht hatte.
Er war in der Dusche verschwunden, und als er wieder zum Vorschein kam, hielt er sich genau an das, was sie von ihm verlangt hatte. Er tat so, als sei nie etwas zwischen ihnen vorgefallen. Irgendwann ging er hinaus und sah nach seinem Auto. In der Zwischenzeit räumte Julie das Wohnzimmer auf und beseitigte die Spuren ihres Zusammenseins. Mit jedem Kissen, das sie aufschüttelte, verabschiedete sie sich ein wenig mehr von den leidenschaftlichen Augenblicken, die sie geteilt hatten. Zum Schluss zündete sie sogar noch ein paar Duftkerzen an, als wolle sie auch noch die Luft von der Energie ihrer Leidenschaft reinigen.
Dann hatten sie in der Küche zu Abend gegessen und sich höflich miteinander unterhalten. Anschließend waren sie zu Bett gegangen – jeder brav in sein eigenes.
Damals hatte Julie gelitten. Jede belanglose Frage, die Cesar ihr mit unbewegter Miene gestellt hatte, war für sie wie ein Messerstich gewesen. Wie kann er nur so eiskalt sein, fragte sie sich. Aber nun – nach quälenden schlaflosen Nächten – meinte sie eine Antwort gefunden zu haben. Cesar war einfach kein Mensch, der sich seinen Gefühlen hingab. Und er war auch nicht weiter an ihr interessiert. Er hatte mit ihr geschlafen und das auch durchaus genossen. Vielleicht hätte er die Affäre sogar noch eine Weile weitergeführt. Aber das reichte ihr nicht, und er hatte es mit einem Achselzucken akzeptiert. Es war ihm völlig gleichgültig gewesen, nach dem Motto: Wer nicht will, der hat schon. Gefühle stellten für ihn einfach nur eine unnötige Komplizierung der Dinge dar. Es hatte eine Zeit in seinem Leben gegeben, als er für Emotionen offen war – aber mit dem Tod von Marisol
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