Julia Extra Band 0309
Blick. Plötzlich fühlte sie sich äußerst unbehaglich … irgendwie schuldig.
Nie zuvor hatte sie ihm etwas verheimlicht. Vielleicht interpretiere ich wegen meines schlechten Gewissens nur etwas in seinen Blick hinein, dachte sie.
„Es ist nicht mehr weit. Das Haus liegt gleich hinter der Kuppe dort drüben.“ Theo hob Kerrys Kinn mit einem Finger. „Denk immer daran … Drakon ist zwar alt, aber er ist ein schlauer Fuchs. Er wird uns mit Argusaugen beobachten.“
„Ich will aber nicht lügen“, erwiderte Kerry. Sie mochte Drakon und fand, dass er ein reizender alter Herr war. „Das ist nicht fair.“
„Dann solltest du dich bemühen, überzeugend zu wirken, damit er nicht auf die Idee kommt, heikle Fragen zu stellen. Und wie sagt man doch so schön: Ein Blick sagt mehr als tausend Worte.“
Und damit zog Theo sie gegen ihren Protest an sich und verschloss ihr die Lippen mit einem Kuss.
4. KAPITEL
Der Kuss überrumpelte Kerry vollkommen. Mit allem hätte sie gerechnet, nur nicht damit. Aber bevor sie auch nur richtig verstand, was da gerade geschah, reagierte ihr Körper. Plötzlich fand sie sich eng an Theos Körper geschmiegt, den Kopf in den Nacken gelegt … so erwiderte sie seinen tiefen Kuss.
Es war kein zärtlicher Kuss, sondern ein heftiger Kuss voller Leidenschaft. Eine Inbesitznahme, der Kerry sich willenlos hingab. Sie schlang die Arme um Theos Nacken und klammerte sich fest an ihn, als wollte sie für immer und ewig mit ihm verschmelzen.
Dann – ohne Vorwarnung – ließ Theo sie los.
„Ich würde sagen, das wirkt überzeugend“, sagte er und trat einen Schritt zurück.
Kerry glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Wieder und wieder hatte sie von Theo geträumt, aber in ihren Träumen küsste er sie, weil er sie liebte und vermisst hatte.
Die Wirklichkeit strafte diese Träume Lügen. Er hatte sie aus purer Berechnung geküsst – und sie, sie hatte sich ihm einfach hingegeben. Oh Gott, wie peinlich … wie konnte ich nur so blauäugig sein, dachte sie. Jetzt gilt es zu retten, was noch zu retten ist, um mein Gesicht zu wahren . Kämpferisch reckte sie das Kinn vor.
„Dann bin ich ja froh, dass meine Demonstration deinen strengen Kriterien standhalten konnte. Das dürfte dann fürs Erste genügen … Ab jetzt nur noch vor Publikum, sozusagen wenn Drakon überzeugt werden muss.
Amüsiert sah Theo sie an. Ein belustigtes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Na, dann komm. Wir wollen unseren Gastgeber nicht länger warten lassen.“ Wie selbstverständlich fasste er Kerry bei der Hand und zog sie mit sich.
„Ich hörte, dass Sie sich bei Ihrer Ankunft nicht wohl gefühlt haben?“, fragte Drakon. Aufmerksam sah er sie an. „Hoffentlich geht es Ihnen jetzt besser.“
„Ja. Vielen Dank. Viel besser“, erwiderte Kerry lächelnd. Entspannt lehnte sie sich im Stuhl zurück und nippte an ihrem Glas. Sie sah sich um. Es ist wirklich paradiesisch hier, dachte sie. Sie saßen im Schatten der knorrigen Olivenbäume, vor sich die unendliche Weite des Meers. Und mit Drakon zu plaudern, brachte sie wenigstens auf andere Gedanken. Die Episode mit Theo war einfach zu verstörend gewesen.
„Kerry leidet unter Flugangst“, erklärte Theo. Überrascht sah Kerry ihn an. Nie hätte sie vermutet, dass er das noch wusste. „Aber normalerweise geht es ihr wieder gut, sobald wir gelandet sind“, fügte er hinzu.
„Das muss ja eine Tortur für Kerry sein. So oft, wie Sie reisen“, sagte Drakon.
„Jetzt machen Sie mir aber ein schlechtes Gewissen.“ Reumütig verzog Theo das Gesicht. „Ich gestehe, es ist sehr egoistisch von mir, Kerry zu bitten, mich zu begleiten, aber ich will so oft wie möglich in ihrer Nähe sein.“
„Liebe ist egoistisch“, entgegnete Drakon trocken und trank seinen Ouzo aus.
„Das kann man wohl sagen“, erwiderte Theo und sah Kerry dabei in die Augen.
Verlegen blickte sie zur Seite. Sie dachte daran, wie oft Theo früher dasselbe gesagt hatte: Ohne sie könne er nicht sein. Nur hatte sie damals geglaubt, er würde es aus Liebe sagen.
Ihre Kindheit war geprägt gewesen von dem Gefühl, nicht gewollt zu sein. Und mit achtzehn Jahren hatte sie erfahren, dass dieses Gefühl sie nicht getrogen hatte. Auch ihre Großmutter hatte sie nicht gewollt, sondern lediglich aus einem konservativem Pflichtgefühl heraus aufgenommen – weil sie ihrer eigenen Tochter nicht zutraute, sich um ein Kind zu kümmern.
Und auch Theo wollte sie nicht. Ein einziger Fehler, und er
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