Julia Extra Band 0313
Miguel. Doch wieso? Hatte er sie etwa lediglich vor einem mitleidlosen Ehemann schützen wollen?
Sie blickte auf Miguel. Er starrte zum Fenster hinaus und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. „Willst du den restlichen Abend hier sitzen bleiben, oder fahren wir jetzt weiter?“
Abrupt richtete er die Augen auf sie, und die Hitze in seinem Blick raubte Allegra den Atem. „Wir treffen uns mit McClendon, wie geplant.“ Rasant fädelte er sich wieder in den Verkehr ein, so als wolle er testen, ob sie den Bezug zur Realität erneut verlor.
Allegra krallte die Fingernägel in den Ledersitz und betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. Ein Muskel zuckte in seiner Wange, und anders als die meisten wusste sie, dass es bei ihm ein Zeichen von Nervosität war. Lag es an seiner Abneigung für die Paparazzi, denen er sich heute präsentierte? Oder hatte ihre Bemerkung einen wunden Punkt getroffen? Fühlte er sich schuldig, weil er sie nicht gefunden hatte?
Aber Miguel hatte sie ja gar nicht zurückgewollt, das hatte sie schon gewusst, bevor sie hergekommen war. Dennoch hatte sie den sicheren Hafen, den die Ärzte ihr boten, verlassen, um sich dem aufregendsten Mann, den sie kannte, zu stellen.
Erst die Zeit würde zeigen, ob sie diese Entscheidung bereuen würde.
4. KAPITEL
Sollte es tatsächlich wahr sein, dass Allegra seit dem Unfall an Gedächtnisverlust litt? Aber ihre Reaktion war mit Sicherheit nicht gespielt gewesen. Die Panik auf ihrem Gesicht und in ihren Augen war echt gewesen.
Alles in Miguel hatte danach geschrien, sie zu beschützen, sobald er ihre Not erkannte. Wäre sie nicht angeschnallt gewesen, hätte sie sich wahrscheinlich in seine Arme geworfen.
In seine offenen Arme.
Er war versucht, ihre Geschichte zu glauben, selbst wenn er wusste, dass sie unmöglich wahr sein konnte. Hätte Allegra bei dem Unfall tatsächlich Verletzungen davongetragen, die schwer genug waren, um Gedächtnisverlust zu verursachen, hätte seine Mutter ihn darüber informiert.
Es ärgerte ihn, dass er zu jener Zeit außer Landes gewesen war und die Wahrheit nicht selbst hatte überprüfen können.
Nein, Allegra war zwei Tage nach dem Unfall mit Amando verschwunden und hatte die Arrangements für die Beisetzung ihrer Tochter seiner Mutter überlassen. Sie hatte nicht einmal so viel Anstand besessen, um zur Beerdigung zu kommen!
Das musste er sich immer vor Augen halten, wollte er die Gefühle für sie, die in ihm erneut aufkeimten, in Schach halten.
Was diesen Gedächtnisverlust anging … Vielleicht hatte sie einen zweiten Unfall gehabt, zusammen mit ihrem Liebhaber. Vermutlich spiegelte ihr das schlechte Gewissen vor, es sei derselbe Unfall gewesen, bei dem ihre Tochter ums Leben gekommen war. Aber das reichte nicht aus als Strafe für das, was sie ihrer unschuldigen Tochter angetan hatte.
Dennoch, als er Allegra geheiratet hatte, hatte er auch gelobt, sie zu lieben, zu ehren und zu beschützen, und er hatte in jeder Hinsicht versagt.
Diese jähe Einsicht traf ihn mit einem Mal vollkommen unvorbereitet. Anstatt sie zu lieben, hatte er einen Teil von sich zurückgehalten, anstatt sie zu ehren und zu beschützen, hatte er einen Mann angestellt, der das an seiner Statt übernahm, während er sich darum gekümmert hatte, sein Imperium zu vergrößern. Er hatte seine Frau und seine Tochter allein gelassen.
Genau genommen hatte er seiner Frau ausreichend Gründe gegeben, sich einen Liebhaber zu nehmen und ihn zu verlassen, und nur wenige, um bei ihm zu bleiben.
Miguel hielt auf der von Palmen gesäumten Auffahrt des El Trópico, schwang sich aus dem Wagen und nickte dem Parkwächter nur knapp zu, während der Portier hinzugeeilt kam, um der Dame beim Aussteigen zu helfen.
Allegra schwankte leicht, als sie aus dem Wagen stieg, so als käme sie nicht einmal gegen den leichten Wind an. Miguel war innerhalb von Sekundenbruchteilen bei ihr, um sie zu stützen.
Maldita sea ! Es war wirklich keine sonderlich gute Idee, sie jetzt diesen Abend durchmachen zu lassen, außerdem hatte er keine Lust auf eine öffentliche Szene.
„Dir scheint es nicht sehr gut zu gehen“, murmelte er an ihrem Ohr.
„Ich bin in Ordnung“, flüsterte sie zurück. Dann lehnte sie sich an ihn, wie sie es immer getan hatte, und sein Arm legte sich wie von allein um ihre schmalen Schultern.
Eine so selbstverständliche Bewegung, die verdeutlichte, wie perfekt sie zusammenpassten. Ihr Duft jagte einen Stromstoß durch ihn hindurch, als sein Kinn auf
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