Julia Extra Band 0313
schließlich und sah ihr tief in die Augen. „Sie sind sehr sexy. Wenn Sie essen. Weil Sie es mit allen Sinnen genießen.“
„Dann bin ich ja die meiste Zeit sexy … weil ich die meiste Zeit esse“, witzelte Lyssa und lachte.
Zum Glück stimmte Ricardo in das Lachen ein, und der Bann war gebrochen. Hatte er doch eben noch mit ihr geflirtet, was sie alles andere als unberührt ließ.
Ja, sie hatte sich sogar gewünscht, von Ricardo begehrt zu werden.
Weil sie ihn begehrte!
Als Lyssa am nächsten Morgen ins Foyer kam, wartete Ricardo bereits auf sie. Das hieß, er saß da und las konzentriert in einem Buch.
Wahrscheinlich ist das typisch für ihn, dachte sie, alles mit Hingabe zu tun. Sie stellte sich unwillkürlich vor, wie es wäre, wenn er sich ganz auf sie konzentrierte – im Bett.
Würde er sie hingebungsvoll berühren, ihr zärtliche Worte ins Ohr flüstern? Ihr nie gekannte sinnliche Genüsse schenken?
Ein erregender Schauer ließ ihre Haut prickeln.
Lieber Himmel, was male ich mir da aus?, tadelte Lyssa sich gleich darauf entsetzt.
Anscheinend hatte sie ihre Gedanken nicht mehr unter Kontrolle.
Rasch ging sie zu Ricardo, der lächelnd aufblickte. Sofort wurde ihr warm ums Herz, aber sie ließ sich nichts anmerken.
„Guten Morgen! Was lesen Sie da Schönes?“, erkundigte sie sich freundlich.
„Einen Wanderführer“, antwortete er. „Ich dachte mir, wir machen heute einen kleinen Ausflug zu Fuß in die nähere Umgebung. Was halten Sie davon, Lyssa?“
„Ich bin einverstanden“, stimmte sie zu.
Nach dem Frühstück brachen sie auf und spazierten zum Stadtrand, wo die Hügel begannen. Eine steile Treppe führte nach oben, so steil, dass Lyssa beinah bedauerte, dem Ausflug zugestimmt zu haben.
Am Ende der Stufen erwartete sie, sozusagen als Belohnung, eine sehr hübsche kleine Kirche, von der sie sofort begeistert war.
„Sich vorzustellen, dass Leute sich hier heraufbemühen, obwohl es doch genug Kirchen unten in der Stadt gibt“, meinte sie und atmete tief durch. „Wer tut so etwas eigentlich?“
„Menschen, die daran gewöhnt sind und sich eine Änderung der Lebensweise nicht vorstellen können“, vermutete Ricardo.
„Änderungen können aber auch gut sein“, hielt sie dagegen.
„Manchmal sind sie allerdings zu kompliziert, um sie in Betracht zu ziehen.“
„Ich habe nicht auf Ihre Situation angespielt“, versicherte Lyssa rasch.
„Ich weiß“, beruhigte er sie. „Wollen wir weitergehen?“
Auf uralten Wegen stiegen sie durch die Hügel, wobei sie niemandem begegneten. Es war anstrengend, aber nicht so mühsam, dass sie sich nicht hätten unterhalten können. Kurz gesagt, perfektes Fitnesstraining.
Oben angekommen stellte sie fest, dass die Mühe sich gelohnt hatte, denn es bot sich ein atemberaubender Ausblick sowohl über die Bucht von Neapel als auch den Golf von Salerno.
„Wie soll ich dieserTour in meinem Artikel jemals gerecht werden?“, fragte Lyssa, beinah verzweifelt. „Allein die Ausblicke würden verdienen, dass man ein ganzes Buch darüber schreibt.“
„Ich bin mir sicher, Sie schaffen es“, machte Ricardo ihr Mut.
„Wie wollen Sie das wissen? Sie haben doch noch keinen meiner Artikel gelesen!“
„Richtig, aber mir ist aufgefallen, mit wie viel Begeisterung Sie bei der Sache sind, egal, ob es sich um Kultur, Landschaft oder Essen handelt. Das werden Sie in Ihrem Artikel bestimmt vermitteln können, Lyssa!“
„Meinen Sie wirklich? Na ja, hoffentlich gelingt es mir tatsächlich.“
Sie bemühte sich, möglichst beiläufig zu klingen, obwohl ihr Herz wie wild pochte. Nicht von dem steilen Weg, sondern wegen Ricardos Kompliment – auch, wenn es nicht wirklich romantisch war, als enthusiastische Person beschrieben zu werden. Aber es hatte ehrlich geklungen. Und anerkennend.
Wann Steve das letzte Mal etwas Nettes über sie gesagt hatte, daran erinnerte sie sich gar nicht mehr. Es war zu lange her. Lange Zeit vor der Trennung.
Wie habe ich es bloß die ganze Zeit mit ihm ausgehalten, wenn er nicht einmal zu solchen Kleinigkeiten wie einigen freundlichen Worten fähig war?, fragte Lyssa sich jetzt bestürzt.
Ricardo nahm eine Flasche Wasser aus seinem kleinen Rucksack und reichte sie ihr. Dankbar trank sie einige Schlucke.
„Was wollen Sie jetzt unternehmen?“, erkundigte er sich. „Weiter wandern?“
„Ehrlich gesagt ist mir eher nach Abkühlung im Pool des Hotels zumute“, gestand sie.
Und wieder pochte ihr Herz schneller, als sie
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