Julia Extra Band 0313
im Kreis der Familie, und betrachtete die Säulen und die Steinlöwen vor dem Haus, typische Statussymbole der eingewanderten Italiener, die es hier zu etwas gebracht hatten – wie ihrVater und dessen Nachbarn.
Die Autos ihrer Brüder standen bereits in der Einfahrt, also sollte sie nicht länger trödeln, sonst kam sie zu spät zum Essen.
Sei kein Feigling, sprach sie sich Mut zu. Sie war eine erwachsene, selbstständige Frau, demnächst Mutter, die es schaffte, ihren Eltern eine einfache und unumstößliche Tatsache mitzuteilen.
So wie damals, als du ihnen gesagt hast, du wolltest mit Steve zusammenziehen, meldete sich eine hinterhältige innere Stimme.
Ja, das hatte einen Aufruhr gegeben!
Und nun musste sie ihren Eltern gestehen, dass deren schlimmste Befürchtungen wahr geworden waren: die Tochter schwanger und vomVater des Kindes sitzen gelassen.
Aber seit damals habe ich mich verändert, sagte Lyssa sich aufmunternd. Sie hatte so unangenehme Dinge wie die Trennung von Steve verkraftet, die Aussicht auf ein Leben als alleinstehende Mutter – und den Abschied von Ricardo.
Ihn nicht merken zu lassen, wie viel sie für ihn empfand und wie gern sie bei ihm geblieben wäre, hatte sie viel Mühe gekostet – und sie stärker werden lassen.
Trotzdem: Ihren Eltern zu sagen, wie es um sie stand, würde nicht leicht werden. Denn die würden von ihr enttäuscht und schockiert sein, sie würden sich aufregen und sich fragen, was sie bei der Erziehung falsch gemacht hatten.
Aber sie musste dieses Gespräch ruhig und sachlich durchstehen, denn wie sonst sollte sie ihren Eltern beweisen, dass sie inzwischen erwachsen war und durchaus in der Lage, ein Kind allein großzuziehen.
Seufzend stieg Lyssa endlich aus. Alles Trödeln würde ihr die Aufgabe nicht erleichtern. Tief durchatmend ging sie zur Tür und klingelte.
In der Familie Belperio schien alles beim Alten zu sein, nur Lyssa wusste, wie sehr sich alles verändert hatte. Ihre Brüder neckten sie, ihr Vater saß in seinem Lieblingssessel und fragte sie vor allem nach seiner geliebten Heimatstadt Rom aus, ihre Mutter eilte zwischen Küche und Esszimmer hin und her, vollauf damit beschäftigt, ein aufwendiges Sonntagsessen zu bereiten.
„Wieso kommst du eigentlich so spät?“, klagte sie. „Was hat dich so lange aufgehalten? Arbeitest du etwa zu viel?“
„Nein, Mom, das tue ich nicht.“ Lyssa folgte ihrer Mutter in die Küche und nahm die Schüssel mit Salat vom Tresen. „Übrigens, ich habe Neuigkeiten für euch.“
„Gute?“
Lyssa schluckte. „Ja, ich finde schon.“
„Ein neuer Auftrag? Fein. Wohin geht es diesmal? Aber warte doch, bis wir am Tisch sitzen, dann kannst du es uns allen gleichzeitig erzählen.“
Und schon eilte ihre Mutter wieder ins Esszimmer.
Kurz darauf saß die ganze Familie um den Tisch.
„Seid mal kurz still, Lyssa hat uns etwas zu sagen“, forderte ihre Mutter die Männer auf.
Lyssa atmete tief durch.
„Sag bloß, du hast einen richtigen Job“, meinte Dominic und grinste, als wäre seine Bemerkung ein großartiger Witz. „Einen, bei dem man tatsächlich arbeiten muss.“
„Ha, ha, wie komisch!“ Sie schnitt ein Gesicht.
„Habe ich da gerade ein Auto in der Auffahrt gehört?“, sagte ihre Mutter und stand auf, um ans Fenster zu gehen. „Tatsächlich! Wer kann denn das sein, am Sonntag zu Mittag?“
Sie eilte in die Diele.
Verzweifelt barg Lyssa das Gesicht in den Händen. Es war hoffnungslos. Sie konnte doch nicht mit ihrer Neuigkeit herausplatzen, wenn Besucher vor der Tür standen!
„Alles in Ordnung, meine Kleine?“, erkundigte ihrVater sich besorgt.
„Ja, danke, mir geht’s ausgezeichnet“, antwortete sie, nicht ganz wahrheitsgemäß.
Ihre Mutter kam zurück ins Esszimmer. „Lyssa, jemand für dich.“
„Für mich?“
Chloe tauchte, breit lächelnd, an der Tür auf.
„Was machst du denn hier?“ Lyssa stand auf und ging zu ihrer Freundin, um ihr die Hand zu schütteln.
„Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Chloes Lächeln wurde noch breiter, während sie in die Diele wies.
Im ersten Moment glaubte Lyssa, zu träumen. Einen wunderschönen, unglaublichen Traum. Denn dort in der Eingangshalle im Haus ihrer Eltern stand kein anderer als Ricardo.
„Tut mir leid, dass ich beim Mittagessen störe“, begann er.
Oh, wie hatte sie den Klang seiner tiefen Stimme vermisst!
„Das ist doch Ricardo Rossetti, der berühmte Fußballer!“, rief Tony verblüfft, der neugierig zur Esszimmertür
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