Julia Extra Band 0315
unzuverlässig aussehen lassen, und das ist sicherlich nicht der Eindruck, den du bei einem neuen Geschäftspartner erwecken willst, oder?“
„Also bleibst du hier und arbeitest an meinem Projekt?“
„Nein. Ich werde mir irgendwo mein eigenes Dinner besorgen. Es wird sicher dauern, bis ich zurück bin. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst … ich möchte etwas anderes als dieses strenge Kostüm anziehen.“
Ohne ihm die Chance einer Erwiderung zu geben, drehte Grace sich um. Auf dem Weg in ihr Zimmer überlegte sie bereits, wie sie den Abend verbringen würde.
Die Stille, die Grace hinterließ, hallte Amir in den Ohren, lauter sogar noch als das Türschlagen.
„Ich hätte gern eine Frau, die keine Türen knallt“, sagte er laut in den leeren Raum hinein.
Als einzige Antwort hörte er das Schlagen der Badezimmertür.
Verdammt. Was war hier eben eigentlich passiert? In einem Moment schloss er ein höchst lukratives Geschäft ab, und im nächsten stritt er sich mit einem zänkischen Weib. Wollte Grace ernsthaft allein ausgehen? Boston mochte kein brodelndes Nachtleben wie New York vorzuweisen haben, aber es gab auch hier mehr Ablenkung als genug. Und Grace allein unterwegs?
Niemals!
Höchste Zeit für einen Besuch zu Hause, wo die einzige abendliche Ablenkung die Laute der Nachttiere in der Wüste waren. Genau. Er und Grace würden nach Zorha fliegen. Dann könnte er mit seinem Vater und seinen Brüdern übers Geschäft reden, während Grace und seine Mutter an Duftseifen schnupperten.
Und wie sollte der heutige Abend jetzt weitergehen? Es gab zwei Optionen. Er konnte Grace zum Dinner mit Jerry mitnehmen. Jerry, der in der zweiten Hälfte ihrer Besprechung nur noch Amirs unscheinbare Assistentin angehimmelt hatte. War der Mann einfach nur anspruchslos, oder besaß er ein besseres Gespür als die meisten anderen? Amir vermutete Letzteres. Und vor allem befürchtete er nicht nur, dass Jerry eine leichte Beute in Grace sah, sondern dass sie es tatsächlich war. Grace wirkte wie ein reifer Apfel, der nur noch vom Baum der Jungfräulichkeit gepflückt werden musste.
Die andere Möglichkeit hieß, Grace den Abend allein verbringen zu lassen. In ihrer momentanen Verfassung war es durchaus denkbar, dass sie etwas anstellte, was sie später bereuen würde. Und als ihr Freund lag es in seiner Verantwortung, das zu verhindern. Wenn sie mit zum Dinner kam, konnte er sie zumindest im Auge behalten.
Falls der gute Jerry sich aber einbildete, er könnte nach dem Essen noch einen Drink mit ihr trinken gehen, dann wartete schon jetzt eine böse Überraschung auf ihn.
3. KAPITEL
Grace sah aus dem Privatjet auf die nasse Startbahn hinaus. Es regnete – das typische Frühlingswetter für New York. Feuchte und nasse Tage würde es in Zorha nicht geben. Trotzdem verstand Grace nicht, warum sie ausgerechnet jetzt nach Zorha flogen.
„Kannst du mir nicht sagen, warum wir nach Hause fliegen?“, drängte sie Amir.
Dieser sagte nichts zu ihrem Lapsus. Zorha war sein Zuhause. Graces Zuhause war ein altes kleines Bauernhaus in Upstate New York. Wie oft wunderte sie sich nicht laut darüber, wie ein Mädchen aus schlichtem Hause nach einer zweijährigen Ausbildung in Office Management als persönliche Assistentin eines Prinzen landen konnte.
„Amir?“
Jetzt erst sah er zu ihr. „Ja?“
„Was beschäftigt dich derart, dass du nicht einmal meine Frage hörst?“
„Ich denke an zu Hause und an all das, was ich vermisse und auf das ich mich freue.“
Sie lächelte. „Besuchen wir deine Familie deshalb zwei Monate früher als geplant? Weil du Heimweh hast?“
Etwas huschte über seine Züge, verschwand aber sofort wieder. „Zum Teil.“
„Verrätst du mir auch den anderen Grund?“
„Nein.“
Der Knoten in ihrem Magen wurde härter. Also hatte sie in Boston richtig vermutet: Amir begann langsam damit, sie Schritt für Schritt aus seinem Leben auszuschließen.
„Auch gut. Dann werde ich jetzt an dem Bericht für deinen Vater arbeiten.“
„Ein Bericht für meinen Vater?“
„Ja, er wollte doch mehr Informationen über die Frachtfirma haben. Du sagtest, ich könne den Bericht schreiben. Erinnerst du dich nicht mehr? Oder hast du deine Meinung geändert?“
„Nein, ich hab’s einfach nur vergessen.“
„Das sieht dir nicht ähnlich.“
„Ich hatte andere Dinge im Kopf. Können wir einen Moment über mein Projekt reden? Wie viele Kandidatinnen hast du bis jetzt gefunden?“ Selbst für ihn hörte es
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