Julia Extra Band 0315
Jades Haus zurückkehrten, war Grace so müde, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte.
„Du hast dich heute wirklich gut gehalten“, lobte die Königin.
„Ja“, nickte Sabrina. „Sie sind die unkomplizierteste Kundin, die ich seit langem hatte.“
„Das nennen Sie unkompliziert?“, brachte Grace müde hervor.
Sabrina lachte. „Natürlich ist es anstrengend, aber Sie sind ausnehmend hübsch. Ihr Typ musste nur an die Oberfläche gebracht und nicht von Grund auf neu kreiert werden.“
Zwar wusste Grace nicht, ob sie der anderen glauben sollte, doch sie war viel zu müde, um darüber zu diskutieren.
Zwei Tage später stand Grace vor dem Spiegel in der Diele von Khalils und Jades Haus und betrachtete sich, während sie auf den Wagen wartete, der sie zum Flughafen bringen würde. Sie erkannte die Frau kaum wieder, die ihr da entgegenblickte, und doch kannte sie sie in- und auswendig.
Diese Frau war tatsächlich Grace Brown. Das war es, was Sabrina gemeint hatte. Das helle Ensemble, das sie trug, hätte sie niemals ohne Hilfe ausgesucht. Doch es entsprach genau ihrem Typ. Darin fühlte sie sich gut, es war bequem und elegant zugleich. Und es wirkte nicht, als würde sie versuchen, jemand anders zu sein.
Nur allzu gut erinnerte sie sich an die Jahre, als man sie Bohnenstange genannt hatte, Jahre, in denen sie immer versucht hatte, ihre langen Beine zu verstecken und sich für ihre Größe geschämt hatte. Sabrina jedoch hatte sie als schlank bezeichnet und ihr ein Cover nach dem anderen von allen möglichen Modezeitschriften gezeigt. Zum ersten Mal war Grace die Ähnlichkeit zwischen ihrer Figur und denen der Models auf den Titelseiten aufgefallen.
Die Frau, die ihr da entgegenblickte, fühlte sich wohl in ihrer Haut. Grace besaß eine komplette neue Garderobe für jeden Anlass, von lässig bis formell. Bei dem Gedanken, wie Amir wohl auf ihre Veränderung reagieren würde, kam sie fast um vor Aufregung.
Erst gestern war ihr der Sinn von Adaras Bemerkung klar geworden. Sie hatte die Veränderung selbst in Gang setzen müssen. Nicht, weil jemand sie dazu drängte, auch nicht, weil sie hoffte, damit auf einer Stufe mit Amir zu stehen, sondern weil sie aufhören musste, die wahre Grace Brown zu verstecken.
Und genau das war es, was sie getan hatte. Um ihrer selbst willen. Natürlich hoffte sie, dass sie Amirs Interesse an ihr als mögliche Ehefrau wecken würde. Aber selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, würde sie sich nicht wieder zu der Frau zurückentwickeln, die sich so unwohl mit der eigenen Weiblichkeit gefühlt hatte, dass sie nicht einmal farbigen Lipgloss auflegte.
Ha, jetzt kannte sie sämtliche Tricks, um ihre Lippen zu betonen!
Unwillkürlich musste sie lächeln, und genau in diesem Moment stieß Königin Adara in der Halle zu ihr. Ganz impulsiv umarmte Grace die ältere Frau.
„Danke“, strahlte sie.
„Das hast du alles selbst gemacht.“
„Aber Sie haben es mir ermöglicht.“
Die Augen der Königin schimmerten verdächtig feucht. „Was soll ich sagen? Ich mische mich eben zu gern in die Angelegenheiten anderer Leute ein.“
9. KAPITEL
Das Lachen verging Grace allerdings, sobald sie in Zorha landeten.
Amir wartete an der Landebahn, in der kompletten königlichen Wüstentracht, einschließlich farbenprächtigen Gürtelbands und gutrah . In dieser Kleidung wirkte er einschüchternder, als Grace ihn je gesehen hatte. Die lange Robe verlieh dem Mann, den sie fast so gut wie sich selbst kannte, eine geheimnisvolle Aura. Jetzt war er der Wüstensohn, der Scheich aus einer längst vergangenen Ära.
Im hellen Sonnenschein bot er eine erschreckend düstere Gestalt. Grace erkannte auch sofort den Grund – er kochte vor Wut. Der Blick, mit dem er seine Mutter bedachte, hätte einen Gletscher in Brand stecken können.
Die Königin jedoch hielt ihrem Sohn nur die Wangen zum Begrüßungskuss hin, dann ging sie zu der wartenden Limousine und überließ Grace ihrem Schicksal.
Als Grace ihr folgen wollte, versperrte Amir ihr den Weg.
„Wo, zum Teufel, warst du?“
„Ich hatte dir eine Nachricht geschickt, dass ich mit deiner Mutter unterwegs bin.“
„Eine E-Mail, von der du wusstest, dass ich sie erst später erhalten würde“, knurrte er. „Und darin hast du nichts erklärt. Du hast weder Anrufe angenommen noch auf meine Nachrichten reagiert. Ich musste meinen Vater fragen, wo Mutter ist, um zu erfahren, dass du in Griechenland bist.“
Sie verstand seine Wut. Doch
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