Julia Extra Band 0316
auch wissen, dass ich einen Vertrag unterschrieben habe, den ich erfüllen muss.“
„Ein Vertrag ist nicht in Stein gemeißelt“, rief er ihr in Erinnerung und sah, dass ihre Augen blaue Blitze schossen.
„Meine Aufgabe ist es, zu unterrichten“, informierte sie ihn.
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah sie mit festem Blick an. „Es gibt keinen zwingenden Grund für dich, weiterzuarbeiten.“
„Und was soll ich deiner Meinung nach sonst tun? Meine Zeit im Schönheitssalon oder beim Einkaufsbummel vergeuden?“ Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Vergiss es.“
„Dir ist es also lieber, jungen Menschen Wissen beizubringen, mit all den Schwierigkeiten, die damit verbunden sind?“
„Ja.“ Laut Statistik würden manche von ihnen nie einen Schulabschluss schaffen, ein Umstand, der sie dazu veranlasste, noch mehr zu geben, weit über ihre Pflichten hinaus.
„Es gibt Schüler, die nicht lernen wollen, dafür aber praktische Fähigkeiten haben“, warf er ein.
„So wie du selbst?“
„Trotz widrigster Umstände erfolgreich zu sein, hat einen gewissen Reiz, der nicht von der Hand zu weisen ist.“
„Und ein garantiert hohes Risiko.“
„Du hast vergessen, die Vorzüge zu erwähnen“, meinte Xavier.
Sie hob eine Braue. „All die Häuser und teuren Autos?“
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Nicht zu vergessen die Frauen.“
Seinen verhaltenen Spott quittierte sie mit Zynismus. „Aber natürlich … Frauen .“
„So viele gab es nicht“, erwiderte er nachsichtig. „Außerdem habe ich erst eine neue Beziehung angefangen, wenn die alte beendet war.“
„Und du meinst, dass du dafür jetzt auch noch Pluspunkte verdienst?“
Sein Lächeln schien fast gleichgültig. „Du siehst mich als rücksichtslosen Windhund?“
Kaum merklich zuckte sie die Schultern. „Wem der Schuh passt, der soll ihn sich anziehen.“
Der Ober servierte Kaffee, und Xavier beglich die Rechnung.
Draußen wurden sie von kühler Abendluft und einem indigoblauen Himmel empfangen, an dem Millionen von Sternen funkelnd aufgingen.
Romy nahm ihr Handy aus der Tasche und bestellte sich ein Taxi, um dann zu erleben, dass er ihr das Handy aus der Hand nahm und die Fahrt stornierte.
Wütend sah sie Xavier an. „Wie kannst du es wagen?“ Sie griff nach dem Handy. „Gib es mir zurück.“
„Taxi kommt nicht infrage.“
Einen Moment schloss sie die Augen und konnte der Versuchung kaum widerstehen, ihm ins Gesicht zu schlagen. „Ich werde meinen Vater besuchen, und zwar allein“, erklärte Romy.
„Nein.“
Zorn stieg wie feiner roter Nebel in ihr auf. „Was soll das?“
Er unterdrückte das Verlangen, von ihrem frechen Mund Besitz zu ergreifen und ihre Wut in Verlangen zu verwandeln. Aber er würde es tun, schon bald.
„Willst du hier wirklich eine Szene machen?“
Die plötzliche Erkenntnis, dass sie die neugierigen Blicke der Passanten auf sich zogen, brachte sie zur Vernunft.
„Brauchst du die Adresse?“ Ihr kalter, scharfer Ton verfehlte seine Wirkung bei Xavier, der ungerührt seinen Wagen aufschloss.
„Nein.“
Also wusste er, dass Andrés nicht eben ruhmreicher Abstieg in einer kleinen Wohnung in einem der westlichen Vororte geendet hatte, in nichts zu vergleichen mit dem wunderschönen Haus ihrer Eltern, in dem Romy ihre Jugend verbracht hatte.
Sie entschied sich für eisiges Schweigen, während sie die Innenstadt verließen.
Das heruntergekommene Haus, in dem André wohnte, bestand aus kleinen Apartments. Ginge es nach Romy, würde er nicht mehr lange hier wohnen müssen.
Mit zögerndem Lächeln öffnete ihr Vater die Tür, das sofort erstarb, als er den Mann an Romys Seite bemerkte.
„Xavier.“ Eine höfliche, vorsichtige Begrüßung. Während des bedrückenden Schweigens, das entstanden war, umarmte Romy ihren Vater liebevoll.
„André“, bemerkte Xavier, als ihr Vater zur Seite trat, um sie hereinzulassen.
Im Wohnzimmer deutete André auf die beiden Klubsessel gegenüber dem kleinen Sofa.
„Setzt euch bitte. Darf ich euch Tee oder Kaffee anbieten?“
Romy bemerkte, wie ihr Vater diesem unvorhergesehenen Treffen einen Anflug von Normalität verleihen wollte.
„Ich mach das schon“, bot sie an.
In der Küche füllte sie den Elektrokocher mit Wasser und stellte das Kaffeegeschirr auf ein Tablett. Sie blieb länger als nötig, da sie sich nicht so schnell wieder zu den beiden Männern gesellen wollte.
Auch wenn sie nicht erwartete, dass ihr Vater
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