Julia Extra Band 0316
Straßen und wunderschönen Häusern. Alter Geldadel, der naserümpfend auf die wenigen Neureichen hinunterblickte.
Romy konnte sich in jeder Gesellschaftsschicht bewegen. Und trotzdem lagen ihre Nerven an diesem Abend blank, als Xavier den Mercedes vor einem wunderschönen zweistöckigen Anwesen aus Sandstein parkte.
Eleganz im wahrsten Sinne des Wortes, befand sie. Ein uniformierter Butler geleitete sie in die weite, marmorgeflieste Eingangshalle mit der gewundenen Treppenflucht, dem französischen Mobiliar und den Originalbildern alter Meister an den Wänden. Schweigend warteten sie.
„Die Gäste haben sich im Empfangsraum versammelt“, informierte der Butler sie. „Wenn Sie mir bitte folgen wollen?“
Ein großer, beeindruckender Raum, wie Romy feststellte, als der Butler die zweiflügelige Tür öffnete.
„Ma’am. Sir. Romy und Xavier DeVasquez.“
Eine wunderschöne Frau schwebte zu ihnen, begleitet von einem älteren Mann, dessen herzliches Lächeln sofort Romys Herz erwärmte.
„Xavier. Freut mich sehr, dass du die Zeit gefunden hast. Und das ist Romy, deine reizende Frau.“ Er streckte die Hand aus, und Romy ergriff sie.
„Gerard, Stephanie“, grüßte Xavier freundlich.
Gerard deutete auf die versammelte Gästeschar. „Du kennst ja alle. Also fühlt euch wie zu Hause.“
Bildete Romy sich das nur ein, oder zog Xavier tatsächlich die Aufmerksamkeit aller Frauen auf sich? Nicht, dass sie es ihnen verübeln könnte. Er war eben anders, und seine New Yorker Wurzeln verliehen ihm noch einen zusätzlichen Reiz.
Und dann kam der letzte Gast, passend mit großem Auftritt und fast zu spät.
Model, Schauspielerin oder beides, wie Romy vermutete. Die große, schlanke junge Frau stellte ihre umwerfende Figur in einem Designerkleid zur Schau, das ihre Rundungen betonte und ein beeindruckendes, aber zu perfektes Dekolleté zeigte.
Rotbraune Haare fielen in langen Locken über ihren Rücken, und ihr Make-up war makellos.
Ein bildschöner Mann begleitete sie, der jedoch ein bisschen zu glatt und gekünstelt wirkte.
„Es tut mir sehr leid, dass wir zu spät sind.“ Ihre Stimme klang wie ein lüsternes Schnurren, während sie ein umwerfendes Lächeln aufsetzte. „Es war so viel Verkehr.“
Nein, beschied Romy im Stillen. Du wolltest nur deinen Auftritt haben. Und hattest Erfolg damit … außer dass keine Kamera da war, die dich hätte aufnehmen können.
Hör endlich auf, so zynisch zu sein, tadelte Romy sich. Kein gerade bewundernswerter Wesenszug.
Chanel, so hieß die Frau, war der Mittelpunkt des Abends, und sie spielte ihre Rolle perfekt. Eine Rolle, die beinhaltete, die Aufmerksamkeit jedes anwesenden Mannes auf sich zu ziehen.
Und auf Xavier hatte sie es besonders abgesehen. Oder fiel es allein Romy auf, dass sie ihm immer wieder Blicke zuwarf?
Dass Alex, Chanels Begleiter, sich ein bisschen zu sehr dafür begeisterte, Romys Reaktion zu beobachten, legte die Vermutung nahe, dass sie gemeinsam ein nicht sonderlich erfreuliches Spiel spielten.
Am Tisch saßen Chanel und Alex direkt gegenüber von Romy und Xavier. Chanel hatte die Plätze gewählt, ohne sich um die Tischkarten zu kümmern.
„Ach meine Liebe, Tischkarten sind so wahnsinnig … formell, meinst du nicht?“
Stephanie, die sich zweifellos große Mühe mit der Tischordnung gegeben hatte, hob anmutig eine Braue. „Ich ziehe es vor, dass meine Gäste sich wohlfühlen.“
Ein versteckter Seitenhieb trotz allem.
Doch Chanel ließ sich davon nicht beeindrucken.
„Sagen Sie mal, Schätzchen“, meinte sie mit einschmeichelndem Schnurren zu Romy, „wie haben Sie es nur geschafft, den wunderbaren Xavier vor den Altar zu schleppen?“
Ein verbales Duell in der Abenddämmerung? „Sie werden es kaum glauben, aber ich war diejenige, die sich weigerte, während Xavier mich zum Altar geschleppt hat“, parierte Romy.
Die vielsagend erhobene Braue verriet ungläubiges Erstaunen.
„Wie das? Ungewöhnlich …“
„Wenn Sie meinen?“
„Zu schade, dass ich einen ganzen Monat auf Barbados unter der Sonne verbracht habe.“
Sonst hättest du mir Konkurrenz machen können? „Ach, Barbados ist doch so verlockend. Und das Leben ist doch voll verpasster Chancen, nicht wahr?“
Alex warf ihr ein anerkennendes Lächeln zu, das Romy geflissentlich ignorierte.
„Ich glaube mich zu erinnern, dass Ihre … Beziehung mit Xavier beim ersten Mal nicht zu einer Verpflichtung geführt hat.“ Absichtlich hielt Chanel inne, um ihren
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