Julia Extra Band 0316
man mir vorlebte.“
Cameron hatte inzwischen Mr. Fitzroy Senior kennengelernt, einen Banker großen Kalibers, der völlig skrupellos agierte. Er tyrannisierte jeden in seinem Einflussbereich. Der Sohn eines solchen Manns zu sein, dem nichts gut genug war, konnte nicht ohne Folgen bleiben.
Wie schwer es war, als Junge den hohen Ansprüchen eines Vaters gerecht zu werden, wusste Cameron aus eigener Erfahrung.
Warum war ihm bisher nie aufgefallen, dass er und sein damaliger Feind dasselbe Schicksal teilten? Dass auch Fitzroy ein bedauernswerter Junge gewesen war?
„Ich habe mich inzwischen verändert, ich bin nicht mehr so wie früher“, fügte Fitzroy hinzu und blickte unwillkürlich zu seiner Frau hinüber, die sich angeregt mit Jessica unterhielt. „Und ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung an, die wirklich von Herzen kommt.“
Cameron hatte das Gefühl, dass sein jahrelang sorgfältig am Leben gehaltener Zorn mit einem Mal verrauchte wie ein Feuer, auf das ein Platzregen fiel. Beinah wäre ihm lieber gewesen, Fitzroy hätte sich nicht entschuldigt, und er könnte ihn noch immer hassen.
Dieser Hass war immerhin die treibende Kraft seines Erfolgs gewesen. Er hatte den Fitzroys dieser Welt beweisen wollen, dass er ihnen ebenbürtig war. Nun stellte sich heraus, wie sinnlos sein Abscheu gewesen war.
Er musste natürlich anerkennen, wie mutig und integer Fitzroy sich verhielt, indem er sich entschuldigte. Ja, einen Fehler zuzugeben erforderte oft mehr Tapferkeit, als mit einem Gegner zu kämpfen.
Diesen Mut hatte Fitzroy bewiesen.
Cameron hielt seinem einstigen Erzfeind die Hand hin, und dieser schüttelte sie. Erleichtert seufzend blickte Fitzroy rasch zu seiner Frau hinüber und nickte beinah unmerklich. Als Signal, dass alles gut überstanden war.
Diese stillschweigende Verständigung zwischen den beiden machte Cameron fast neidisch. Er hatte sich noch nie mit einer Frau so gut verstanden.
Mrs. Fitzroy kam nun zu ihnen herüber. Leider hatte sie immer noch Jessica im Schlepptau, die sich sofort neben Cameron stellte und sich bei ihm unterhakte.
Sich mit Fitzroy und seiner Frau eine Weile zu unterhalten, machte Cameron nichts aus, es wäre ihm nur lieber gewesen, wenn Jessica nicht wie ein Klette an ihm geklebt hätte.
Daniel und seine Frau schienen sehr glücklich und verliebt zu sein. Immer wieder blickte sie bewundernd zu ihm hoch, und sie lächelte versonnen, wenn sie die Hand auf den gewölbten Bauch legte.
Und wo ist meine Frau, die mich verliebt anhimmelt?, fragte Cameron sich plötzlich niedergeschlagen. Wo waren die Kinder, für die es sich zu arbeiten lohnte?
Sein Leben war leer, weil er sich aus falschem Ehrgeiz zum Ziel gesetzt hatte, Geld und Macht zu gewinnen – und sich die verbleibende Freizeit mit dekorativen, aber nutzlosen Wesen wie dem, das sich gerade an ihn klammerte, zu vertreiben.
Ich habe zugelassen, dass meine Vergangenheit mein ganzes Leben bestimmt, erkannte Cameron.
Er hatte gegen Dämonen angekämpft, die sich nun bei näherem Hinsehen als blutleere Schemen erwiesen, die niemandem wirklich schaden konnten.
Ja, sein Zorn war verraucht … und an seine Stelle eine große Leere getreten.
Wie sollte er diese Lücke jemals füllen?
In wenigen Minuten sollte die Modenschau beginnen, und hinter der Bühne ging es zu wie im Tollhaus. Models liefen in Unterwäsche herum, überall standen Kleiderständer, Wolken von Haarspray vernebelten die Luft.
Alice, der die Augen brannten, lehnte sich an einen Tisch und fragte sich zum x-ten Mal, warum sie sich auf dieses Unternehmen eingelassen hatte. Bisher konnte sie noch nicht einmal die Zeit finden, draußen nachzusehen, wie alles lief.
Laut Berichten von Camerons Assistentin Stephanie, die bei der ganzen Hektik förmlich aufblühte, ging die Party bisher reibungslos vonstatten.
„Morton, wir haben ein Problem!“, sagte Coreen zum mindestens fünften Mal in der letzten halben Stunde. „Und diesmal ist es ernst. Amber, das Model mit den langen bernsteinfarbenen Haaren, hat sich den Magen verdorben. Sie hat definitiv kein Lampenfieber, sondern eher Salmonellen, und sie kann unmöglich auftreten.“
„Können wir ihre Kleider nicht von einem anderen Model vorführen lassen?“, meinte Alice zögernd.
„Nein, die Zeit, in der sich jede umziehen kann, ist zu knapp bemessen. Es würde zu Lücken im Programm führen, wenn wir warten müssten, und das wirkt unprofessionell.“
„Und was schlägst du vor?“ Plötzlich wurde
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