Julia Extra Band 0316
sein.
Krampfhaft lächelnd nahm sie aus seiner Hand ihren Schal entgegen, dann stand Rigo auch schon an der Tür und wartete auf sie. Offenbar konnte er es kaum abwarten, sie endlich loszuwerden und den gemeinsamen Abend zu beenden. Jetzt musste sie sich zusammenreißen und bis zu ihrer Abreise morgen hinter einer professionellen Fassade verschwinden.
Katies Blick, als sie an Rigo vorbei durch die Tür nach draußen ging, war mehr als vielsagend. Sie hatte das Kinn vorgeschoben und hielt den Kopf stolz in die Höhe. Diese Geste amüsierte ihn. Die meisten Frauen verfolgten hartnäckiger ihr Streben, ihn für sich zu gewinnen. Nicht so Katie Bannister! In ihren Augen war er lediglich ein Mann, der eine Runde in seinem Sportwagen einer geschäftlichen Verabredung vorzog.
Vor dem Restaurant wartete eine Limousine auf sie.
„Ihre Kutsche ist bereit, junge Dame“, sagte er scherzhaft. „Wie du siehst, habe ich für uns vorgesorgt. Keine Sorge, ich werde dich sicher in dein Hotel bringen.“
Auf dem Rücksitz hielt er einen gewissen Abstand zu Katie, und keiner von ihnen sprach ein Wort, bis Rigo schließlich laut seufzend auf seine Uhr sah. „Wenn du unseren Termin morgen auf später verschieben möchtest …“
„Mitnichten“, unterbrach sie ihn und lenkte unfreiwillig seine Aufmerksamkeit auf ihren Mund. Sie hatte wirklich hinreißende rosafarbene Lippen, voll und einladend.
Der Gedanke, seinen Mund auf ihren zu pressen und mit der Zunge … Hastig riss er sich zusammen. „In dem Fall bestehe ich darauf, dich anschließend zum Mittagessen einzuladen.“
„Unmittelbar nach unserem Termin werde ich mich auf den Heimweg machen“, sagte sie mit fester Stimme.
Ihm gefiel diese spontane Antwort. Mit ihrem Inhalt konnte er sich allerdings nicht anfreunden. Doch im Augenblick hatte es keinen Zweck, sie weiter herauszufordern. Im Wagen band Katie sich ihr Haar wieder streng zurück und sah stur geradeaus. Im Augenblick konnte er nichts gegen die Verwandlung vom Vamp zur altjüngferlichen Tante ausrichten.
Das Offensichtliche langweilte Rigo grundsätzlich, daher erregte Katie sein Interesse über die Maßen. So viel Leidenschaft, kontrolliert und straff gebündelt, konnte nur zu einer einzigen Sache führen.
Sofort dachte er wieder an die Papiertüte, die augenscheinlich kostspielige Reizwäsche enthalten hatte. Dieser Einkauf stand in krassem Kontrast zu der strengen Frisur, die sie bevorzugt trug. Wann wollte sie diese Stücke tragen? Hatte sie überhaupt vor, sie zu tragen? Gab es eine wilde Seite an ihr, die sie nur von Zeit zu Zeit auslebte? Und würde er jemals in den Genuss kommen, diese wilde Seite kennenzulernen?
Als könnte sie seine Gedanken lesen, wandte sie ihm das Gesicht zu. „Ich wäre dir äußerst verbunden, wenn du mich morgen nach der Testamentsverlesung zum Flughafen fahren könntest.“
Eine klare Ansage, und Rigo verkniff sich erst einmal eine Antwort darauf.
Bis sie das Hotel erreichten, saß Katie wie auf heißen Kohlen. Sie konnte es kaum erwarten, ihr Gesicht endlich unter weichen Kopfkissen zu vergraben und den ganzen Abend zu verdrängen. Es war an der Zeit, zu ihrem gradlinigen, langweiligen Leben zurückzukehren. Dort konnte ihr wenigstens nichts passieren.
Rigo begleitete sie bis zum Fahrstuhl. „Gute Nacht, Katie. Entschuldigung, ich sollte wohl eher sagen: Signorina Bannister. Das ist dir ja so wichtig! Ich wünsche eine angenehme Nachtruhe. Und ruf dir morgen bitte kein Taxi! Ich schicke dir einen Wagen vorbei.“
Höflich bedankte sie sich für den netten Abend und betrat den Lift. Insgeheim hoffte sie, er würde ihr folgen. Einfach so, ohne dabei ein Wort zu verlieren. Aber Rigo tat es nicht.
Dafür sollte ich ihm eigentlich dankbar sein, ermahnte sie sich, während die Fahrstuhltür zuglitt.
Nach einer relativ schlaflosen Nacht erwachte Katie am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen und rot umrandeten Augen. In ihren Träumen hatte Rigos Gesicht sie unentwegt verfolgt, und Katie fühlte sich vollkommen gerädert.
Nach einer ausgiebigen Dusche steckte sie ihr Haar gründlich nach hinten und fixierte es mit mehreren Klammern. Leider brachte das ihr leicht verzerrtes, erschöpftes Gesicht nur noch mehr zur Geltung. Und was noch schlimmer war: Katie sah wieder wie die langweilige, provinzielle Anwältin aus, der jede wahre Lebensfreude fehlte.
Wie an jedem Morgen drehte sie sich vor dem Spiegel halb zur Seite, um ihren nackten Rücken zu betrachten und ihre Narben zu
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