Julia Extra Band 0318
Reizwäsche war aus Seide. Damit hatte er sicherlich mehr als genug Erfahrung.
„Fallschirme“, sagte er.
„Wie bitte?“
„Die sind aus Seide.“
Das war unmöglich … konnte er ihre Gedanken lesen? Sie hoffte, er würde nicht noch einmal nach etwas Interessantem aus ihrem Leben fragen. Schwimmen im nachtschwarzen Ozean, Wasser wie Seide, Fallschirmspringen – dem hatte sie einfach nichts entgegenzusetzen.
„Waren Sie schon einmal nachts im Meer schwimmen, Beth?“
Hoffentlich wurde sie nicht rot. Das war wirklich unfair. Total unfair! Sie konnte nicht einmal vorwurfsvoll sagen, dass er sie gefälligst „Miss Maple“ nennen solle. Weil es nicht stimmte. Sie wollte, dass er sie Beth nannte. Und sie wollte nachts schwimmen gehen. Und gleich loslaufen, um Seidenunterwäsche zu kaufen. Und sich für einen Fallschirmspringkurs anmelden, wenn sie schon einmal unterwegs war.
Ben erweckte in ihr das Gefühl, dass ihr ganz normales, durchschnittliches Leben nicht zufriedenstellend war. Er brachte sie dazu, mehr zu wollen.
Sie ermahnte sich, dass sie schon einmal etwas ganz Ähnliches gefühlt hatte – bei ihrer Internet-Romanze mit Rock. Auch damals hatte sie sich nach Unbekanntem und Abenteuer gesehnt.
Aber sie wusste ja, wie es ausgegangen war. Wenn sie sich auf diesen Mann, den Eroberer unzähliger Frauenherzen einließ, würde es kaum besser enden.
„Nein“, sagte sie gequält, „ich war noch nie nachts schwimmen.“ Es klang wie ein Geständnis, das viel zu persönlich war.
„Schade“, erwiderte er und sah sie an. Offensichtlich meinte er es aufrichtig.
Auf einmal fragte sie sich, ob er seine nächtlichen Schwimmausflüge wohl mit oder ohne Badehose unternommen hatte. Nacktbaden – auch das war etwas, was sie noch nie getan hatte. Und solange ich noch eine Spur von Selbstachtung habe, werde ich es auch nicht tun!
Auch nicht, wenn die Vorstellung von seidig warmem Wasser ein tiefes sinnliches Verlangen in ihr entfachte.
„Aber ich schwimme schon sehr gern“, fuhr sie fort. „Wir haben einen Pool.“
„So, so. Einen Pool.“
„Hätten Sie nicht auf Hawaii leben können?“, fragte sie und wünschte sich, er hätte es getan und wäre für immer dortgeblieben.
„Doch, wahrscheinlich schon.“
„Und warum haben Sie es dann nicht?“ Es sollte kein Vorwurf sein, aber genau so klang es. Ihr Leben wäre so viel ruhiger und sicherer, wenn er auf Hawaii geblieben wäre. Zumindest würde sie dann nicht hier sitzen und sich nach körperlicher Nähe sehnen!
Schon gut, sagte sie zu sich selbst, zu Hause nimmst du ein heißes Schaumbad, dann wird alles besser.
„Weil ich hier aufgewachsen bin. Meine Schwester wohnt hier. Und Kyle“, antwortete Ben.
Nicht weit entfernt raschelte es plötzlich im Schilf. Kyle! Also war er die ganze Zeit in der Nähe gewesen und hatte jedes Wort mitgehört. Wie war es bloß möglich, dass sie ihn nicht bemerkt hatte? Er saß im Schilf und blickte sie an.
„Da bist du ja, Kyle“, rief sie. „Wir haben dich gesucht.“
Kyle stand auf. Etwas verlegen kam er auf Beth und Ben zu. Gott sei Dank hatten sie ihn gefunden!
Auch Ben stand auf. Kyle schien sehr erleichtert, dass sie ihn gefunden hatten und dass sein Onkel nicht wütend war. Nun wusste er, dass es jemanden gab, der sich um ihn sorgte und der im Notfall nach ihm suchte. Genau so einen Menschen brauchte Kyle.
Und genau so einen Menschen brauche ich auch, fuhr es Beth blitzartig durch den Kopf, zu schnell für die Zensur ihrer Selbstbeherrschung.
Nein … nein! Dieses Risiko würde sie nicht noch einmal eingehen. Sie hatte ihre Lektion gelernt. Fortan würde sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren und ihre ganze Liebe den Schülern widmen.
Doch ein beunruhigendes Bild schob sich in ihre Gedanken. Ein Bild von ihr selbst als alte Frau. Sie sah sich einsam und allein Aufsätze korrigieren, mit weißem Haar, das zu einem Knoten hochgesteckt war, und einer schnurrenden Katze auf dem Schoß. Rasch verdrängte sie das Bild und sprang auf.
„Wie schön“, lachte sie hektisch. „Kind wieder da, Problem gelöst, und … auf Wiedersehen.“ Wie unprofessionell von ihr! Sie musste doch mit Kyle über das sprechen, was heute passiert war. Der Frosch im Pult, die Bedrohung seiner Mitschüler, das Weglaufen – sein Verhalten musste Konsequenzen haben.
Stattdessen hob sie nur warnend den Zeigefinger – und machte den Fehler, zu Ben hinüberzuschauen.
Aus den grünen Augen sah er sie an und schien sich
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