Julia Extra Band 0318
spielen, war wahnsinnig anstrengend gewesen. Aber die ganze Nacht lang auf dem Sofa zu bleiben und Eve nicht zu verführen, hatte Talos beinahe um den Verstand gebracht.
Er hasste sich selbst für diese Schwäche.
Bis drei Uhr morgens hatte er E-Mails beantwortet und lange Telefonate mit Sydney geführt. Bis zur totalen Erschöpfung hatte er Papiere durchgearbeitet, damit ihm die Augen zufielen, bevor er auf dumme Gedanken kam. Doch selbst im Schlaf blieb er nicht verschont, sondern wurde von erregenden Träumen geplagt, in denen Eve die Hauptrolle spielte.
Um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und seine verspannten Muskeln zu lockern, gönnte Talos sich eine ausgiebige, heiße Dusche.
Er hatte Eve von Beginn an als oberflächlich und selbstsüchtig kennengelernt, und jetzt reizten ihn die krassen Widersprüche in ihrem Verhalten seit dem Unfall. Was war aus dieser verwegenen, jungfräulichen Verführerin geworden? Aus der hinreißenden Schönheit, die ihm nie Fragen gestellt oder Einzelheiten von sich preisgegeben hatte? Anders als die meisten Frauen schien Eve Sex auch ohne irgendwelche emotionalen Verwicklungen genießen zu können.
Das gefiel Talos besonders gut. Wenn sie neben ihm im Bett lag und er sie zu einem pulsierenden Orgasmus lockte, leuchtete in ihren Augen eine kostbare Verletzlichkeit, die nur äußerst selten zum Vorschein kam. In ihrer Seele musste es mehr geben als das, was er kannte. Irgendein Geheimnis, das es zu lösen galt.
Jedenfalls hatte er das geglaubt, bis Eve eines Tages aus seinem Bett stieg und zu seinem Safe schlich, um kompromittierende Finanzunterlagen zu stehlen und diese Jake Skinner bei einem romantischen Frühstück auszuhändigen.
Über Nacht halbierte sich der Aktienwert der Xenakis Group, und Talos hätte um ein Haar seine Firma verloren. Allein der Umstand, finanziell in der Lage zu sein, den Kurs aus eigener Tasche zu stabilisieren, hatte seine Existenz und obendrein unzählige Arbeitsplätze gerettet.
Talos fluchte leise. Wie immer, wenn er an dieses dunkle Kapitel seiner Karriere dachte. Und trotz alledem begehrte er Eve mehr als jede andere Frau auf diesem Erdball. Es fiel ihm schwer, gegen seine Lust anzukämpfen, die sich zu seinem Unmut noch mit anderen Gefühlen mischte … Am liebsten hätte er jeden einzelnen Italiener, der es wagte, einen zweideutigen Blick in Eves Richtung zu werfen, eigenhändig in den Kanal geworfen.
Ein Faustkampf zwischen zwei Männern kam ihm im Vergleich zu den inneren Dämonen, gegen die er sich zur Wehr setzen musste, wie ein Picknick vor. Zudem war es eine beinahe unlösbare Aufgabe, das Objekt seiner Begierde und Abneigung lächelnd zum Altar zu führen.
Mit geballten Fäusten trat Talos aus der Dusche, griff nach einem Badehandtuch und ging ins Schlafzimmer hinüber, um sich anzuziehen.
Plötzlich kam ihm ein verwegener Gedanke. Was wäre so schlimm daran, der Versuchung einfach nachzugeben? Warum nahm er sich nicht, was er so dringend wollte? Dann konnte er sich an Eve berauschen, bis er ihrer überdrüssig war.
Wie bei einem guten Scotch.
Zum ersten Mal hatte Talos einen teuren Single Malt gekostet, als er mit neunzehn Jahren gerade in New York angekommen war. Seine Arbeit in Athen für einen amerikanischen Geschäftsmann war außerordentlich erfolgreich, aber dies war ein neues Land – eine ganz andere Welt.
Eine halbe Stunde lang wartete er in Dalton Hunters Büro und wurde von Minute zu Minute nervöser. Schließlich schenkte er sich zur Beruhigung ein Glas aus der bräunlichen Karaffe ein, die auf einem Silbertablett in der Zimmerecke stand. Er hatte gerade den ersten köstlichen Schluck genommen, als er Dalton in der Tür bemerkte, der ihn schweigend beobachtete.
Aus Angst, gleich zu Beginn seiner neuen Stellung gefeuert zu werden, entschied sich Talos für gnadenlose Offenheit. „Ich dachte mir, Sie möchten bestimmt, dass ich lerne, wie man einen guten Drink hält. Schließlich kann das nur von Vorteil für diese Firma sein.“
„Dem kann ich kaum widersprechen“, gab Dalton leicht amüsiert zu. Dann wurden seine Augen schmal. „Deshalb trinken Sie auch den Rest aus.“
Geschockt sah Talos die Karaffe an. „Alles?“
„Jetzt sofort. Oder verschwinden Sie!“
Also hatte Talos anstandslos die Karaffe geleert, als wäre der weiche, rauchige Scotch nichts weiter als reines Quellwasser. Der Schneid war ihm gründlich abhandengekommen, nachdem Talos den Nachmittag über der Toilette in den
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