Julia Extra Band 0318
dich zu lieben. Stell mich auf die Probe! Lass mich dir beweisen, wie stark meine Liebe ist!“
Eve glaubte, Tränen in seinen Augen zu erkennen. Talos Xenakis zeigte ernsthaft Schwäche? Nein, das konnte nicht sein. Dies war nur ein weiterer seiner rücksichtslosen, egoistischen Schachzüge. Immerhin hatte er schon in Venedig bewiesen, dass er sich auf Manipulation verstand.
Wütend verschränkte Eve die Arme vor der Brust. „Na, schön“, sagte sie schneidend und hob ihr Kinn. „Ich werde dich auf die Probe stellen, um zu sehen, wie sehr du mich liebst. Gib dein Kind auf und versuche nie wieder, mit uns Kontakt aufzunehmen!“
„Verlang das nicht von mir, Eve“, bat er sie inständig. „Alles, nur nicht das!“
„Wenn du es nicht tust, liebst du mich auch nicht.“
Sie wandte sich ab, aber Talos hielt sie zurück, zerrte sie an seine Brust und presste seinen Mund auf ihre Lippen. Obwohl seine Arme fest wie Schraubstöcke waren, fühlte sich der Kuss unendlich zärtlich und behutsam an. Es war ein Kuss, der ein stummes Versprechen enthielt.
Eve wankte, ihre Knie wurden weich, aber ihr Herz fühlte sich in diesem Moment an wie aus Stein. Energisch machte sie sich von Talos los. „Rühr mich nie wieder an!“
Splitternackt und mit geballten Fäusten stand er vor ihr, doch seine Stimme klang seltsam gebrochen. „Ich werde tun, was du von mir verlangst“, sagte er langsam. „Ich halte mich von dir und unserem Baby fern. Aber nur bis ich einen Beweis dafür gefunden habe, dass dein Vater gelogen hat.“ Seine dunklen Augen glitzerten verdächtig. „Wenn ich diesen Beweis in den Händen halte, kannst du dich nicht länger vor der Realität verschließen. Dann werde ich kommen und dich ein für allemal umstimmen.“
Ihr Mund verzog sich zu einem freudlosen Lächeln. „Dann bin ich zufrieden, denn einen solchen Beweis wirst du niemals finden. Aber ich danke dir. Du hast mir gerade eben dein Ehrenwort gegeben, dass du mich und mein Kind in Ruhe lässt. Für immer.“
12. KAPITEL
Fünf Monate später stand Eve einsam und allein am Grab ihrer Mutter.
Es war zwar noch März, aber der Frühling hatte bereits seinen Einzug nach Buckinghamshire gehalten. Die Bäume trugen ein saftgrünes Blätterkleid, selbst die Trauerweiden und unzählige bunte Blumen schmückten den Friedhof vor der alten, grauen Kirche.
Eve fühlte sich überhitzt und erschöpft nach dem Anstieg auf den kleinen Hügel. Die Strecke war nicht sehr weit gewesen, aber im neunten Schwangerschaftsmonat fiel ihr jede Anstrengung unendlich viel schwerer als sonst. Jeden Tag konnte es jetzt soweit sein, dass das Baby endlich das Licht der Welt erblickte.
Ihr armes, vaterloses Kind.
Es war ein langer, einsamer Winter für Eve gewesen. Seit sie Griechenland verlassen hatte, versuchte sie pausenlos, Talos aus dem Kopf zu bekommen. Sie hatte sich einreden wollen, der Vater ihres Babys wäre nur eine Illusion, wie aus einem schönen Traum. Doch ihr Herz wollte da nicht mitspielen. In der Abgeschiedenheit ihres luxuriösen Landsitzes hatte Eve unzählige Nächte mit heißen Träumen von ihrem Liebhaber verbracht und sich praktisch ständig nach ihm gesehnt.
Kurze Zeit versuchte sie sogar, wieder Gefallen an dem Leben zu finden, das sie früher geführt hatte. Mittagessen in London mit Freunden, Shoppen in New York – aber all das deprimierte Eve nur. Diese Leute waren nicht wirklich ihre Freunde, sondern oberflächliche, desinteressierte Egoisten, die Eve sich damals bewusst ausgesucht hatte, um sich niemandem gegenüber wirklich öffnen zu müssen. Nur auf diese Weise hatte sie sich auf ihren Racheplan gründlich vorbereiten können.
Und was hatte sie jetzt noch davon?
Auch wenn die Amnesie restlos und ohne Nachwirkungen verschwunden sein mochte, Eve war nicht mehr dieselbe Frau wie früher. Beinahe wünschte sie sich, es wäre anders. Aber welchen Charakter wollte sie eigentlich zurück? Sicherlich nicht das naive Mädchen mit dem verbitterten Herzen, sondern die optimistische, liebevolle Frau, die sich auf eine Zukunft mit ihrer Familie freute.
Sie vermisste Talos sehr. Ihr fehlte es sogar, ihn zu hassen. Denn auch auf diese Weise war er wenigstens ein aktiver Teil ihres Lebens gewesen. Und jetzt war alles vorbei.
Ihr traten Tränen in die Augen, und die Landschaft um sie herum verschwamm plötzlich wie ein wässriges Aquarellbild.
„Es tut mir leid“, schluchzte sie und legte eine Hand an den kalten Grabstein ihrer Mutter. „Ich
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