Julia Extra Band 0318
neuen, positiveren Anfang zu nehmen.
Als sie am nächsten Morgen jedoch die Vorhänge beiseite zog und das düstere Schneetreiben hinter dem Fenster erblickte, musste sie sich mit aller Kraft zusammenreißen, um nicht gleich wieder in eine depressive Stimmung zu verfallen. Sie hatte eine Entscheidung getroffen, und es gab viel zu tun, um sie in die Tat umzusetzen.
Donals Kinder Michael und Victoria fochten jetzt schon seit fast anderthalb Jahren sein Testament an, in dem er Marianne sein Haus und all seine weiteren Besitztümer hinterlassen hatte. Ständig erhielt sie Briefe von deren Anwälten, die höflich, aber unmissverständlich andeuteten, dass Donal nicht mehr bei klarem Verstand gewesen sei, als er seinen Letzten Willen zu Mariannes Gunsten geändert hatte.
Mit diesem zermürbenden und demütigenden Kleinkrieg war jetzt Schluss!
Marianne würde ihnen das Haus und das gesamte restliche Erbe überlassen und dabei nicht einmal einen Funken von Bedauern empfinden. Donal würde es sicher verstehen. Für alles, was er getan hatte, um ihr schwaches Selbstwertgefühl aufzubauen und sie zu ermutigen, an ihre Talente und Fähigkeiten zu glauben, würde sie ihm ewig dankbar sein. Aber die Wahrheit war, dass Marianne niemandem mehr verpflichtet sein wollte – nicht einmal ihrem verstorbenen Ehemann. Sie musste wieder frei sein, um ihr Leben auf ihre Weise zu leben, egal, wie andere das beurteilen mochten.
Derart von neuem Lebensgeist beflügelt, verbrachte sie den Tag damit, ihre wenigen Sachen zu packen, herumliegende Bücher in die Regale einzusortieren und die Möbel wieder dorthin zurückzustellen, wo sie gestanden hatten, bevor sie zu Donal gezogen war. Als alles erledigt war, pulsierte ihr Körper vor Wärme und dem befriedigenden Gefühl, einen guten Job gemacht zu haben.
In dieser Nacht schlief Marianne so tief und sanft wie ein Baby. Doch als sie am folgenden Morgen feststellte, dass es immer noch wie verrückt schneite und keinerlei Aussicht bestand, in die Stadt zu kommen, drohte ihr neu gewonnener Lebensmut wieder in sich zusammenzufallen.
Rastlos wanderte sie von einem Raum zum andern, bis sie schließlich ins Wohnzimmer ging und die Karte von Eduardo de Souza aus ihrer Tasche hervorkramte.
Nachdem sie sich entschieden hatte, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen, konnte sie es kaum abwarten, endlich ihr neues Leben zu beginnen.
Außerdem musste sie dringend etwas unternehmen, um ihr Überleben zu sichern. Ihre persönlichen Ersparnisse würden nicht weit reichen, sodass sie nun tatsächlich ein Einkommen und ein Dach über dem Kopf brauchte. Und Eduardo de Souzas Angebot war die einzige Option, die sie im Moment besaß.
Mit zitternden Fingern wählte Marianne seine Privatnummer. Als sich schon nach dem zweiten Freizeichen eine männliche Stimme mit weichem, südlichem Akzent meldete, umklammerte sie den Hörer unwillkürlich fester. „Spreche ich mit Mr. de Souza?“, fragte sie, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
„Nein“, antwortete die Stimme am anderen Ende höflich. „Darf ich fragen, worum es geht?“
Das ist sicher sein Diener, ging es Marianne durch den Kopf. Sie atmete tief durch und sagte mit fester Stimme: „Mein Name ist Marianne Lockwood, und ich würde gern mit Mr. de Souza sprechen, falls das möglich ist.“
„Warten Sie bitte einen Moment. Ich werde nachsehen.“
Als nach zwei Minuten noch immer Schweigen in der Leitung herrschte, hätte Marianne fast wieder aufgelegt. Was tust du da eigentlich, fragte sie sich. Du verstehst weder etwas von der Arbeit einer Haushälterin noch hast du die leiseste Ahnung, als was für eine Art Arbeitgeber dieser Eduardo de Souza sich entpuppen wird. Bestimmt war er übertrieben anspruchsvoll. Er würde ständig etwas an ihrer Arbeit zu bemängeln haben und sie unentwegt mit diesem intensiv starrenden Blick verfolgen, bis sie den Tag verwünschte, an dem sie die hirnverbrannte Entscheidung getroffen hatte, für ihn zu arbeiten.
Doch trotz all ihrer Zweifel und Befürchtungen drängte sie eine innere Stimme, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
„Marianne?“ Ungeduldig und ein wenig außer Atem, als wäre er bei etwas Wichtigem unterbrochen worden, drang die Stimme ihres zukünftigen Chefs an ihr Ohr.
„Hallo, Mr. de Souza“, begrüßte Marianne ihn nervös. „Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich Sie so einfach überfalle. Aber ich würde gern wissen, ob die Stelle als Haushälterin noch frei
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