Julia Extra Band 0318
Hand fasste Eduardo nach Marianne, mit der anderen nach seinem Gehstock. Doch er musste sich schon viel weniger auf die Stütze lehnen als noch bei ihrem Kennenlernen. Er führte Marianne in die große Küche und goss ein Glas eisgekühlte Limonade für sie ein. Das herbe Zitronenaroma auf ihrer Zunge entlockte ihr ein begeistertes Lächeln.
„Das ist himmlisch!“
Er nahm ihr das Glas ab, stellte es auf die marmorne Arbeitsplatte und zog sie in seine Arme. Sein blauer Blick verzehrte sie schier. „Genau wie du, Marianne“, raunte er leise. „Du bist das Schönste und Wertvollste, das in diesem Haus zu finden ist.“
Seine Worte ließen eine wunderbare Wärme in ihr aufsteigen. Marianne fühlte sich schön und begehrenswert. Doch tief in ihrem Innern wünschte sie sich mehr, als nur körperlich von ihm begehrt zu werden. Das war wohl auch der Grund, weshalb sie eingewilligt hatte, mit ihm nach Brasilien zu kommen. Vielleicht würde ihr dieser Wunsch nie erfüllt werden, aber sie hoffte inständig darauf, dass Eduardo irgendwann erkannte, wie viele andere Gründe es für ihn gab, mit ihr zusammen zu sein. Für diese Chance war sie bereit, alles zu riskieren und sogar die Möglichkeit in Kauf zu nehmen, dass er sie verließ … so wie alle Männer in ihrem Leben es getan hatten.
Der tragische Tod seiner Frau hatte ihn dazu getrieben, seine Heimat zu verlassen, damit die Wunden heilen konnten. Aber musste das unbedingt bedeuten, dass er nie wieder eine langfristige und erfüllte Beziehung eingehen wollte?
„He.“ Sein Griff um ihre Taille wurde ein wenig fester. „Ich muss zugeben, ich bin eifersüchtig, wenn deine Gedanken so offensichtlich meilenweit entfernt sind, wo sie doch allein bei mir sein sollten“, sagte er lächelnd.
„Glaub mir, sie sind ausschließlich bei dir.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. „Ich frage mich nur, wie du dich fühlst, jetzt, da du wieder zu Hause bist. Es ist so schön hier, ich weiß nicht, wie du es je verlassen konntest.“
„Kummer und Schmerz finden ihren Weg auch ins Paradies, mein Engel.“
„Seid ihr … sind du und deine Frau oft hergekommen?“
Zum ersten Mal zog bei der Erwähnung der Vergangenheit keine Trauer in seine Augen. Das ließ einen kleinen Hoffnungsfunken in Marianne aufglimmen.
„Wir kamen getrennt voneinander her, entweder mit eigenen Freunden oder allein“, antwortete er nach längerem Nachdenken. „Am Schluss unserer Beziehung, bevor Eliana verunglückte, haben wir nicht mehr viel Zeit miteinander verbracht.“
„So?“
„Ich verstehe deine Neugier, aber bevor ich noch mehr Fragen beantworte … Warum gehst du nicht nach oben ins Bad und nimmst eine Dusche? Ich kann mir vorstellen, dass du dich nach der Reise frisch machen willst. Danach zeige ich dir den Strand, und dann gehen wir in eine nette Bar auf einen Cocktail.“
„Das hört sich fantastisch an!“
„Was? Die Dusche?“ Er grinste. „Oder der Strand und der Cocktail?“
„Alles. Aber willst du nicht auch duschen?“
Ein winziger Muskel zuckte an seiner Wange, als er mit den Fingerspitzen über die samtene Haut ihrer Schultern strich, die ihr Sommerkleid entblößte. „Ist das eine Einladung, zusammen mit dir zu duschen?“
Sie sah das verlangende Funkeln in seinen Augen aufblitzen, und wie jedes Mal, wenn er sie so anschaute, floss köstliche Begierde durch ihre Adern und Schwindel ergriff sie. Kein Wunder, dass die Dichter über die Jahrhunderte die Liebe mit einem schwächenden Fieber verglichen hatten!
„So hatte ich das eigentlich nicht gemeint.“ Verlegen senkte sie den Blick und drehte sich nervös eine Haarsträhne um den Finger. „Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke … ich habe nichts gegen die Idee.“
„Das liebe ich so an dir, namorada .“ Eduardo lachte. „Deine Direktheit. Du spielst keine Spielchen wie andere Frauen. Und jetzt, da du mir diese Idee in den Kopf gesetzt hast, bekomme ich sie nicht mehr heraus. Komm, lass uns zusammen duschen gehen.“
Auf dem Weg zu der modernen Wendeltreppe erhaschte Marianne einen Blick in das Zimmer, das der Wohnraum sein musste. Große gerahmte Fotos hingen an den Wänden, eine ganze Galerie. Selbst aus der Entfernung strahlten sie eine magnetische Wirkung aus. Eduardo hatte ihren Blick bemerkt und blieb stehen.
„Darf ich sie mir ansehen?“, fragte sie.
„Bitte, wenn du möchtest.“
Es waren mehrere Porträts von Frauen, junge und alte, Szenen vom Karneval
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