Julia Extra Band 0318
sich hatten, lehnte Marianne sich über den Tisch zu Eduardo. „Deine Freunde sind alle so schick. Ich komme mir vor, als wäre ich plötzlich in die High Society hineingeraten – und da bin ich völlig fehl am Platze.“
„Die Leute hier ziehen sich gern gut an, weil sie überzeugt sind, dass die Welt sie besser behandelt, wenn sie stolz auf ihr Äußeres sein können.“ Eduardo nahm ihr Gesicht in seine Hände und schaute sie voll zärtlicher Bewunderung an. „Du brauchst dir überhaupt keine Gedanken zu machen, mein Engel. Du bist eindeutig die schönste Frau hier, ob nun mit oder ohne Kleider.“
„Eduardo, bitte!“ Sie lief dunkelrot an. Wenn ihnen nun jemand zuhörte! Vor lauter Verlegenheit bemerkte sie die große schlanke Blondine nicht, die auf sie zukam, bis sie direkt vor dem Tisch stand.
„Hallo, Senhor de Souza … Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an mich. Ich heiße Melissa Jordan und war eine Freundin Ihrer Frau. Ich bin Journalistin bei einer großen Zeitung hier in Rio und schreibe für den Kulturteil. Wir haben uns damals auf einer Party an der Copacabana kennengelernt.“
Höflich stand Eduardo auf und schüttelte der Frau die Hand. Ein Hauch Rot zog kurz auf seine Wangen, als wäre er verlegen. Lag es daran, dass er sich wirklich nicht an die Frau erinnerte, oder daran, dass sie eine Freundin seiner Frau gewesen war? Marianne wusste es nicht.
Miss Jordan selbst sorgte für die Antwort. „Sie haben wirklich keine Ahnung mehr!“ Ihre Stimme klang schrill und vorwurfsvoll. „Warum sollten Sie auch, nicht wahr?“ Die Frau schwankte leicht. Hatte sie etwa zu viel getrunken? Es sah so aus. „Schließlich bewegen wir uns nicht in den gleichen Kreisen. Ihre Frau war allerdings kein solcher Snob wie Sie. Kein Wunder, dass sie genug von der Ehe mit Ihnen hatte. So viel ich gehört habe, hatte sie Ihre Affären satt. Und wer ist das?“ Die leicht glasigen blauen Augen der Blondine hefteten sich auf Marianne. „Die neueste kleine Bettgespielin? Sie haben wirklich Glück, dass Ihre Frau gestorben ist, was? So müssen Sie ihr wenigstens keinen Pfennig zahlen, damit sie den Mund hält über Ihre Abenteuer. Schließlich will niemand auf den Titelseiten der Klatschblätter lesen, dass die Ehe unseres berühmten Fotografen alles andere als perfekt ist, oder?“
„Ich denke, Sie haben genug gesagt, Miss Jordan. Sie bringen sich selbst in Verlegenheit und verderben allen anderen den Abend.“ Eduardo fasste den Ellbogen der Frau und wollte sie ruhig, aber bestimmt wegführen, doch sie riss sich los.
„Fassen Sie mich bloß nicht an! Typen wie Sie kenne ich … reiche Playboys, die sich einbilden, Frauen behandeln zu können, wie es ihnen gefällt! Ich finde schon allein hinaus, keine Sorge.“
Damit schwang sie wankend herum und wäre gestürzt, hätte Eduardo sie nicht im letzten Augenblick gestützt. Inzwischen hatten sich auch die Gäste an den anderen Tischen neugierig umgedreht. Marianne war es bei Melissa Jordans bösartiger kleiner Rede abwechselnd heiß und kalt überlaufen. Es überraschte sie nicht, dass der Manager des Clubs persönlich kam, um die betrunkene Reporterin aus dem Restaurant hinauszugeleiten.
Scheinbar gelassen setzte Eduardo sich wieder an den Tisch. Doch Marianne kannte ihn gut genug, um an der Falte auf seiner Stirn und dem grimmigen Ausdruck in seinen Augen zu erkennen, wie sehr die hässliche Szene ihn aufgewühlt hatte. Auch das Lächeln, das er ihr schenkte, war nur kurz und gezwungen.
„Ich muss mich für das entschuldigen, was soeben geschehen ist“, sagte er mit gesenkter Stimme. „Ich hoffe, dadurch lassen wir uns nicht den Abend verderben.“
„Kanntest du sie denn?“ Marianne verabscheute sich dafür, dass ihre eigenen Zweifel unüberhörbar in der Frage mitschwangen.
„Anfangs dachte ich nein.“ Er lehnte sich vor und verschränkte die Hände auf dem Tisch. „Doch als sie die Party erwähnte, habe ich mich wieder an sie erinnert. Schon damals ist sie mir unangenehm aufgefallen.“
„Also war sie tatsächlich mit deiner Frau befreundet?“
„Eine flüchtige Bekannte, mehr nicht. Eliana mochte sie nicht besonders. Aber auf Partys trifft man immer auf Leute, die derartige Veranstaltungen nutzen, um sich in Szene zu setzen und weiterzukommen. Melissa Jordan belästigte mich damals und verlangte praktisch von mir, ihr bei ihrer Beförderung zu helfen. Ich sollte ein gutes Wort bei ihrem Chef einlegen, der ein persönlicher Freund
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