Julia Extra Band 0318
in Rio und Landschaftsfotos aus dem Regenwald. Jedes einzelne Foto faszinierte durch seine Farben und das Lichtspiel und zeugte von der großen Begabung des Fotografen.
„Die Fotos sind überwältigend, Eduardo.“ Kaum hatte Marianne die Worte ausgesprochen, erinnerte sie sich an den Ausdruck auf seinem Gesicht, als sie ihm damals gesagt hatte, die Musik sei ihre Leidenschaft. Und sie musste an den Ausdruck des Erkennens auf der Miene des jungen Manns am Flughafen denken. Automatisch stellte sie die Verbindung her. „Es sind deine Fotos!“
„Ja, ich habe sie aufgenommen.“ Er seufzte und lächelte schwach. „Das ist … das war meine Passion.“
„War?“ Ihr Herz begann wild zu schlagen, als sie erkannte, dass der Unfall ihn viel mehr gekostet hatte als bisher angenommen. „Wenn es deine Passion ist, wie kannst du sie dann aufgeben?“
Die Hände in den Jeanstaschen vergraben, betrachtete Eduardo seine Fotos, langsam, von links nach rechts. „Ich war nicht bei Sinnen, als ich diesen Entschluss traf. Ich hatte Schmerzen und war wütend, und ich glaubte, es nicht zu verdienen, meine Passion auszuleben.“
„Weil deine Frau umkam und du weiterleben konntest?“
Aufgewühlt fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. „Ich hätte an jenem Abend fahren sollen, nicht sie. Ich war der bessere Fahrer und wusste, wie man mit einem solchen Wagen umgeht.“
„Wie lange willst du dir noch die Schuld an dem Unfall geben, Eduardo? Für den Rest deines Lebens? Du hast das Öl nicht auf die Straße gekippt. Solche schrecklichen Schicksalsschläge passieren unglücklicherweise. Wir haben keine Kontrolle darüber. Wir fühlen uns hilflos, und darum glauben wir, uns träfe die Schuld. Wir denken nicht mehr klar, martern uns unablässig mit ‚Hätte ich doch nur‘ und ‚Warum habe ich nicht‘. Du hast genug gelitten, Eduardo. Du hast zahllose Operationen an deinem Bein hinter dir, und seit dem Unfall quälst du dich mit Vorwürfen. Du musst versuchen, die Vergangenheit hinter dir zu lassen, damit du ein neues Leben beginnen kannst.“
„So wie du?“
„So, wie ich es zumindest versuche.“ Sie wusste, dass ihr Lächeln nicht sehr sicher wirkte. „Wir alle müssen an uns arbeiten.“
„Du hast wie immer recht, Marianne. Wenn ich die Fotos jetzt sehe, wird mir klar, dass ich es nicht aufgeben kann und auch nicht will. Darum bin ich zurückgekommen … um zu tun, was mich glücklich macht.“
„Es ist dein Geschenk an die Welt. Du darfst es nicht aufgeben.“ Marianne wagte es, den ersten Schritt zu tun. Sie schlang die Arme um ihn und legte die Wange an seine Brust. Es war ein gutes Gefühl, seinen Duft einzuatmen und das kräftige Schlagen seines Herzens zu hören. Alles in ihr sehnte sich danach, „Ich liebe dich“ zu sagen, doch die uralte Angst vor der Zurückweisung hielten die Worte in Mariannes Kehle gefangen.
„Du weißt, was ich jetzt tun möchte?“ Eduardo küsste sie aufs Haar und zog sie vielsagend an sich.
Wissend lächelte sie ihm zu. „Ins Bett gehen?“
„Erraten“, murmelte er noch, bevor er gierig ihre Lippen in Besitz nahm.
12. KAPITEL
Sie saßen auf der Terrasse einer beliebten Bar am Strand, mit dem Zuckerhut im Hintergrund als beeindruckende Kulisse. Im Inneren, auf der kleinen Bühne, hauchte eine Sängerin einen lasziven Song ins Mikrofon, begleitet von einer Samba-Band. Eduardo hatte Marianne erzählt, dass er früher oft in diese Bar gekommen war. Hier hatte er Freunde und Bekannte getroffen. Dann fragte er sie, ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn die Leute an ihren Tisch kämen, um Hallo zu sagen.
Angesichts der Sorgen und Bedenken in seinem Blick hatte sie ihm eilig versichert, dass es sie keineswegs störe. Sie hatte ihre Hand in seine geschoben und sich an ihn geschmiegt. Die Liebe machte sie mutiger, und Eduardo sollte wissen, dass sie an seiner Seite bleiben und ihn unterstützen würde, solange er es wünschte. Natürlich hoffte sie darauf, dass es für immer war. Doch allein zu wissen, dass er wieder unter Menschen ging und sich nicht mehr abschottete wie in England, erfüllte ihr Herz mit Hoffnung und Dankbarkeit.
Und tatsächlich, ein ganzer Strom edel angezogener Leute kam an ihren Tisch. Sie begrüßten Eduardo wie einen lang verlorenen Freund auf das Herzlichste. Marianne gegenüber zeigten sie ausnahmslos den größten Respekt. Niemand ließ auch nur im Entferntesten anklingen, sie hätte kein Recht, hier zu sein.
Als sie endlich einen Moment für
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