Julia Extra Band 0325
angekündigt hatte, dass sie sich scheiden lassen wollte, war ihm klar geworden, dass sie keines von beiden erwidert hatte.
Was immer der Sanitäter von Bryans harscher Reaktion hielt, er war Profi genug, es sich nicht anmerken zu lassen. „Dann könnten Sie vielleicht für sie ein paar Anrufe erledigen. Es wäre schön, wenn sie bei der Entbindung etwas Unterstützung hätte, auch wenn es nicht mehr lange dauern wird.“
Bryan nickte und warf Morgan einen Blick zu. „Wen soll ich verständigen?“, fragte er sanft.
Sie hielt die Augen geschlossen, und obwohl sie nicht mehr hechelte, war ihre Antwort nicht mehr als ein gehauchtes Flüstern. „Niemanden.“
„Was ist mit Ihrer Familie? Mit Ihren Eltern? Geben Sie mir die Nummer. Britney kann sie anrufen. Bestimmt wollen sie Bescheid wissen.“
Plötzlich kamen ihr die Tränen.
Schwäche, dachte er, und gegen seinen Willen fühlte er sich von ihrer Verletzlichkeit angezogen. Bevor ihm bewusst wurde, was er tat, streckte er eine Hand aus und trocknete ihre Tränen.
Morgan riss die Augen auf. Sie waren leuchtend grün. Wie zwei identische Smaragde. Hastig zog er die Hand zurück und räusperte sich. „Die Nummer Ihrer Eltern?“
„Sie sind fort.“
„Wo können wir sie erreichen?“, fragte er.
„Das können Sie nicht. Ich habe niemanden. Überhaupt niemanden“, flüsterte Morgan, und Bryan fühlte einen überraschenden Stich in der Brust.
2. KAPITEL
Sieben Stunden später ging Bryan nervös im Warteraum hin und her, nippte an dem Pappbecher mit lauwarmem Kaffee und schaute mehrmals auf die große Uhr an der Wand. Es war nach sechs, aber Morgan lag noch immer in den Wehen. So viel zur Einschätzung des Rettungssanitäters, dass es nicht mehr lange dauern würde.
Bryan fragte sich, warum er im Krankenhaus war. Er hatte keine richtige Antwort, aber wenn er darüber nachdachte, fiel ihm als Erstes sein Pflichtgefühl ein. Nach dem, was Morgan behauptet hatte, konnte er sie nicht einfach allein lassen. Natürlich erklärte das nicht, warum er Britney gebeten hatte, seine Nachmittagstermine abzusagen, und dann in seinen Lexus gesprungen und in Rekordzeit zur Klinik gerast war.
Sie brauchte jemanden. Und er war der Einzige, der zur Verfügung stand.
Er trank den Kaffee aus und warf den Becher in den Abfalleimer. Hätte er gewusst, dass die Geburt so lange dauern würde, hätte er im Büro gewartet oder wenigstens seinen Laptop mitgebracht. Pflichtgefühl, dachte er wieder. Als Vorstandsmitglied von Windy City Industries und bald Chef des Unternehmens hatte er genug zu tun.
„Mr. Caliborn?“
Erwartungsvoll drehte er sich zu der Krankenschwester um. Sie stand in der Tür, ein Lächeln auf den Lippen, was er als gutes Zeichen deutete. „Das Baby ist ein Junge“, verkündete sie, und erst in dem Moment merkte er, dass er den Atem angehalten hatte.
Ein Caliborn. Vorausgesetzt, es stimmte, dass … Hastig verdrängte er den Gedanken. „Ist alles … in Ordnung?“
„Ja. Das Baby ist kerngesund und wiegt über sieben Pfund.“
Bryan räusperte sich. „Und Morgan?“
„Der geht es den Umständen entsprechend gut.“
Weil er nicht wusste, was er sagen sollte, nickte er nur. Verlegen nahm er seine Anzugjacke von der Stuhllehne. Wenn er sich beeilte, konnte er noch mit einigen wichtigen Mitarbeitern reden, bevor sie nach Hause gingen. Er wollte ins Ausland expandieren, und es gab viel zu besprechen. Doch schon als er den Arm in den Ärmel schob, überlegte er es sich anders. „Entschuldigung!“, rief er der Schwester nach. „Ich weiß, es ist spät, aber könnte ich … das Baby sehen?“
Mehr wollte er nicht, nur einen Blick auf das Kind werfen, das vielleicht tatsächlich von seinem Bruder stammte und damit der einzige Caliborn-Erbe war. Denn Bryan hatte nicht vor, sein Herz ein zweites Mal aufs Spiel zu setzen, um für Nachwuchs zu sorgen. Für ihn waren Ehe und Vaterschaft ein abgeschlossenes Kapitel.
„Ich denke, das lässt sich einrichten.“ Lächelnd ging die Schwester davon.
Unglücklicherweise war der Plan nicht so einfach zu verwirklichen, wie Bryan es sich vorgestellt hatte. Mit einem kurzen Blick durch ein Fenster in der Säuglingsstation war es nicht getan. Etwa eine Dreiviertelstunde später teilte die Schwester ihm mit, dass das Neugeborene noch bei seiner Mutter war, und führte ihn über den Korridor zu Morgans Zimmer.
„Bleiben Sie nicht zu lange“, bat sie ihn. „Morgan braucht jetzt viel Ruhe.“
Er hob die Hand, um
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