Julia Extra Band 0325
ihr angetan hatte, konnte Alyssa sie nicht wirklich hassen. Sie hatte es versucht, als sie die Fotos gesehen hatte, die Kim und Kevin zusammen im Bett zeigten. Aber inzwischen fühlte sie für die beiden nur noch Mitleid.
Der Gedanke, dass die zwei noch immer zusammen waren, machte ihr nicht länger zu schaffen. Alle Gefühle, die sie für Kevin empfunden hatte, endeten abrupt an dem Tag, der ihr Hochzeitstag werden sollte. Falls Kim die Art von Frau war, die er bevorzugte – warum nicht? Früher oder später würde er schon sehen, welcher Fisch ihm da ins Netz gegangen war.
Alyssa fragte sich, welchen Typ Frau Clint mochte. Vor ihrem geistigen Auge tauchte das Bild einer wunderschönen Frau in seinen Armen und in seinem Bett auf, eine Frau, die ihm Kinder schenkte. Alyssa war davon überzeugt, dass sie nicht Clints Traumfrau war. Sie sah weder umwerfend aus noch hatte sie eine sinnliche Ausstrahlung. Sie waren einzig und allein deshalb verheiratet, weil irgendjemand Mist gebaut hatte. Selbst als sie ein Team waren, hatte er sie als Frau kaum wahrgenommen, obwohl sie eine Woche lang im selben Hotelzimmer verbracht hatten.
Alyssa dagegen konnte diese Zeit und vor allem Clint nicht vergessen. Sie hatten am selben Tisch gesessen, dieselbe Luft geatmet, im selben Raum geschlafen, und von morgens bis abends hatte sie den Duft seiner Haut und seines Rasierwassers in der Nase gehabt.
Als sie sich an die Mahlzeiten erinnerte, die sie zusammen eingenommen hatten, fiel ihr das Abendessen von vor zwei Stunden ein. Chester hatte ein köstliches Dinner zubereitet, aber im Gegensatz zu seiner Redseligkeit, die er bei ihrer Ankunft an den Tag gelegt hatte, hatte er bei Tisch kaum etwas gesagt. Wahrscheinlich hatte Clint ihm eingeschärft, keine Bemerkungen zu machen, die sie auf dumme Ideen bringen könnte. Nicht, dass sie dafür anfällig war. Sie war Realistin – manchmal sogar zu sehr, wie Tante Claudine behauptete. Alyssas Träume von einem schönen Leben waren beim Anblick der pikanten Fotos zerplatzt wie eine Seifenblase. An das Gute im Menschen, an eine glückliche Zukunft zu zweit glaubte sie schon lange nicht mehr.
Von draußen drang ein Geräusch in ihr Schlafzimmer. Sie trat ans Fenster, um nachzusehen, woher es kam. Die Sonne war untergegangen. Im Licht der Lampen, die an der Seite des Hauses angebracht waren, sah sie Clint, an einen Pfosten gelehnt, ins Gespräch mit zwei seiner Männer vertieft.
Wie immer fiel es ihr schwer, den Blick von ihm zu wenden. Sie konnte zwar nicht jede Einzelheit erkennen, aber seine kräftigen Oberschenkel waren nicht zu übersehen. Breitbeinig stand er vor seinen Leuten, mit eng anliegenden Jeans, die seine Muskeln noch betonten. Allein dieser verheißungsvolle Anblick ließ ihren Puls in die Höhe schnellen.
So reagierte sie auf den Mann, mit dem sie dreißig Tage lang zusammenleben sollte? Sie bezweifelte, es auch nur einen Tag lang an seiner Seite auszuhalten, ohne schwach zu werden, von einem Monat ganz zu schweigen. Er könne seine Wünsche und Begierden unter Kontrolle halten, hatte er ihr versichert. Auf sein Wort, das wusste sie, war Verlass. Er würde die Grenzen nicht überschreiten.
Während sie noch überlegte, welche Grenzen sie sich selbst setzen würde, drehte er sich um und schaute zum Fenster hoch, als habe er gespürt, dass er beobachtet wurde. Ihre Blicke trafen sich. Auf einmal hatte sie das Gefühl, dass ein unsichtbares Band zwischen ihnen gespannt wurde – eine absurde Vorstellung, wie sie sich sofort schalt. Dennoch gab es ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen ihnen, von dem sie nicht so recht wusste, was es besagte.
Mit weichen Knien trat sie vom Fenster zurück und schob den Vorhang vor, um sich vor Clints Blicken zu schützen. Wenn er in der Lage war, seine Gefühle unter Kontrolle halten, dann war sie es auch. Allerdings war sie sich über die Ungewöhnlichkeit der Situation durchaus im Klaren. Wann steckte man schon mal in einer solchen Zwickmühle? Eigentlich gehörte sie nicht zu den Frauen, die sich Hals über Kopf in einen Mann verliebten. Doch genau das hatte sie getan, kaum dass sie in Austin angekommen war.
Seufzend betrat sie das Badezimmer. Hoffentlich ging dieser Zustand bald vorüber.
In Gedanken versunken lief Clint über den langen Korridor in sein Schlafzimmer. Es war bereits nach Mitternacht. So lange wie möglich hatte er das Haus gemieden, aber irgendwann musste er es ja wieder betreten. Er dachte an den Vorfall von
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