Julia Extra Band 0326
werde gleich servieren. Könntest du vielleicht noch eine Flasche Wein aufmachen, Emily?“
Die Lammkoteletts und die nachfolgende Crème Brülée waren einfach köstlich. Angenehm gesättigt, blieben sie noch am Tisch sitzen, um den letzten Rest Wein zu trinken, als es plötzlich klingelte. Emily öffnete die Tür.
Andy, der Hauswirt, stand an der Schwelle.
„Es tut mir leid, Sie am Samstagabend stören zu müssen“, entschuldigte er sich. „Aber ich brauche Ihre Unterschrift. Nächsten Monat treten neue Sicherheitsvorschriften in Kraft, und wir müssen die Hausordnung entsprechend ändern. Hätten Sie einen Moment Zeit für mich?“
„Natürlich.“ Emily lächelte. „Leider haben wir im Moment Besuch. Könnten wir die Sache oben in Ihrem Büro erledigen?“
„Selbstverständlich. Es geht auch schnell“, versprach er.
Emily entschuldigte sich bei Giovanni und bat Coral, Kaffee zu machen, dann folgte sie Andy in dessen Wohnung in der obersten Etage. Er händigte ihr eine Kopie der neuen Vorschriften und die geänderte Hausordnung aus, gab einige Erklärungen dazu und zeigte ihr, wo Coral und sie zu unterschreiben hatten.
„Lesen Sie sich bitte alles in Ruhe durch, und werfen Sie dann das unterschriebene Dokument in meinen Briefkasten. Ich möchte mich noch einmal dafür entschuldigen, Sie ausgerechnet am Samstagabend behelligt zu haben, doch unter der Woche sind Sie kaum zu erreichen.“
„Kein Problem, Sie haben uns wirklich nicht gestört.“ Emily reichte Andy zum Abschied die Hand und ging wieder nach unten.
Da sie vorhin nicht abgeschlossen hatte, betrat sie die Wohnung fast lautlos. Auch die Tür zum Wohnzimmer stand offen, sodass ihr Blick sofort auf das Sofa fiel. Emily glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Coral saß nicht mehr im Sessel, sondern neben Giovanni, der sie in den Armen hielt und leidenschaftlich zu küssen schien.
„Störe ich?“, fragte sie so neutral wie möglich und ärgerte sich darüber, wie verletzt sie sich fühlte. Was Giovanni Boselli tat, sollte ihr egal sein. Es stand ihm frei, jede beliebige Frau zu küssen – selbst wenn es sich dabei um ihre beste Freundin handelte.
Emily schluckte schwer. Was hatte sie eigentlich erwartet? Giovanni verhielt sich genau so, wie sie es geahnt hatte. Nach dem üppigen Essen und dem guten Wein war für einen sinnesfreudigen Italiener wie ihn eine willige Frau genau das, was den Genuss abrundete. Trotzdem zerriss es ihr das Herz.
Mit einem unterdrückten Schrei sprang Coral auf und rannte in ihr Zimmer. Selbst durch die geschlossene Tür hindurch war ihr hemmungsloses Schluchzen zu hören. Emily ließ Giovanni nicht aus den Augen. Er erwiderte ihren Blick mit unergründlicher Miene.
„Und?“, fragte sie.
„Und was?“
„Vielen Dank, dass du die erstbeste Gelegenheit genutzt hast, andere Frauen zu beglücken“, antwortete sie sarkastisch.
Er zog die Brauen hoch. „Macht dir das wirklich etwas aus?“, erkundigte er sich erstaunt.
„Kaum habe ich den Rücken gekehrt, fällst du über meine Freundin her – das macht mich schon betroffen.“ Entsetzt bemerkte sie, wie eifersüchtig das in seinen Ohren klingen musste.
Giovanni zuckte die Achseln. „Dann möchte ich mich in aller Form entschuldigen, besonders wo du so gastfreundlich gewesen bist und heute sogar einige Stunden deiner so kostbaren Zeit für mich geopfert hast.“ Er lächelte ironisch. „Du musst eine sehr schlechte Meinung von mir haben, Emily.“
Tapfer hielt sie seinem Blick stand, obwohl sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Es stimmte, sie hatte eine schlechte Meinung von ihm – so schlecht, dass es schlechter kaum ging.
Diese Überlegung half ihr, sich wieder in den Griff zu bekommen. „Lass uns das Thema beenden, schließlich müssen wir uns nicht voreinander rechtfertigen.“
Schweigend ging Giovanni auf Emily zu und blieb dicht vor ihr stehen. Eingehend betrachtete er ihr erhitztes Gesicht. So sehr seine Sehnsucht ihn auch drängte, sie zu küssen, er entschied sich dagegen.
„Darf ich dich anrufen, wenn ich mehr über Rupert weiß?“, erkundigte er sich vorsichtig.
„Ich bitte dich sogar darum, denn ich möchte unbedingt wissen, wie es ihm geht. Morgen treffe ich mich mit meiner Familie und bin nicht zu Hause, ruf mich also bitte auf dem Handy an.“
Er nickte nur und verließ wortlos die Wohnung.
Emily musste sich beherrschen, um nicht in Tränen auszubrechen. Wie hatte Coral ihr das antun können, Giovanni zu küssen?
Weitere Kostenlose Bücher