Julia Extra Band 0326
zu haben schien als sie selbst.
Vier Jahre ihres Lebens hatte sie an Simon verschwendet, was ja noch nachzuvollziehen gewesen wäre, hätte sie ihn wenigstens heiß und innig geliebt. Aber Maggie wusste nur zu gut, das dem nicht so gewesen war. Vielleicht gehörte sie ja zu den Menschen, die gar nicht richtig lieben konnten? Ein deprimierender Gedanke, aber eine einleuchtende Erklärung, warum sie noch nie diese himmelsstürmende, blind machende Leidenschaft erlebt hatte, von der ihre Freunde immer sprachen.
„Musst du jetzt alle Hochzeitsgeschenke zurückgeben? Da ist nämlich eine Kaffeemaschine bei, die wesentlich moderner und besser als unsere alte …“
„Hat er dich etwa abserviert?“, unterbrach Ben seinen unsensiblen Bruder. „Oder … Grundgütiger!“, rief er aus, als ihm ein ungeheuerlicher Gedanke kam. „Hat dieser Mistkerl dich etwa betrogen?“
Sams höhnisches Gelächter enthob Maggie vorerst einer Antwort. „Doch nicht dieser blutleere Schlappschwanz!“, lautete sein wenig schmeichelhaftes Urteil.
Während vier Augenpaare auf ihr ruhten, hatte Maggie die kurze Pause genutzt, um sich innerlich zu wappnen. „Simon hat mit niemandem geschlafen“, erklärte sie wahrheitsgemäß.
Nicht einmal mit mir , setzte sie unhörbar hinzu und versuchte, ein hysterisches Kichern zu unterdrücken.
„Und was hat der Mistkerl dann getan?“
Maggie zögerte, senkte den Blick und verzichtete sogar darauf, Sam wegen seiner rüden Ausdrucksweise zu tadeln. Das Wissen, dass sie adoptiert worden war, hatte in der Vergangenheit nie ein Problem für sie dargstellt, abgesehen von einer unbestimmten Sehnsucht, vielleicht doch noch eines Tages ihre echte, leibliche Mutter zu suchen und kennenzulernen …
Deshalb wäre ihr auch nie in den Sinn gekommen, dass Simon in dieser Hinsicht Bedenken haben könnte. Wobei Bedenken stark untertrieben war, angesichts der Dringlichkeit und Ausdauer, mit der er versucht hatte, etwas über ihre familiären Wurzeln herauszufinden! Wenn sie jetzt daran zurückdachte, fiel ihr als Erstes ein, was er dafür als Argument anführte: Um Unannehmlichkeiten in der Zukunft auszuschließen, hatte er ihr mit selbstgefälligem Lächeln erläutert.
Maggie schloss gequält die Augen angesichts der Formulierung, wie sich, laut Simon, die Identität ihrer leiblichen Mutter auswirken könne: Irgendwann taucht die sprichwörtliche Leiche im Keller auf und ruiniert meine Karriere …
Und das dürfe er als angehender Spitzenpolitiker auf keinen Fall riskieren.
„Er hatte ein Problem mit …“ Als sie die Augen öffnete und in die erwartungsvollen Gesichter um sich herum schaute, zögerte Maggie erneut.
Mum und Dad hatten ihr schon vor Jahren signalisiert, dass sie jedes Verständnis dafür aufbringen würden, sollte sie Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter aufnehmen wollen. Doch instinktiv wusste Maggie, dass sie dieses Thema längst nicht so unberührt ließ, wie sie es ihr vorzumachen versuchten.
Dazu noch das Wissen um das ständige schlechte Gewissen von Susan, die durch ihre Krankheit mit ihren Kindern nicht so viel unternehmen konnte wie andere Mütter, hatte Maggie dazu veranlasst, darauf zu verzichten, nach einer Frau zu suchen, die vielleicht bei Spiel und Sport mithalten könnte, aber möglicherweise sonst keine mütterlichen Qualitäten aufwies.
Irgendwie wäre es ihr auch wie ein Betrug an ihren Adoptiveltern vorgekommen, die sie liebten und großgezogen hatten. Warum dann das Risiko eingehen, einer Fremden gegenüberzustehen, der nichts an ihr lag, und damit zum zweiten Mal tief verletzt zu werden?
Würden Susan und John ihr glauben, dass Simon seine Recherche ohne ihr Wissen und ihre Einwilligung durchgeführt hatte, oder dachten sie womöglich, sie hätte entschieden, dass sie ihr als Eltern nicht genügten? Nach einem schnellen Blick in die geliebten Gesichter entschied sich Maggie dafür, kein Risiko einzugehen.
„Es war kein spezielles Ereignis, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Dinge, die dazu führten, dass wir uns in aller Freundschaft trennten“, log sie diplomatisch und berührte dabei abwesend die kaum verheilten Schrammen an ihrem Handgelenk.
„Maggie wird darüber reden, wenn ihr danach ist“, kam John Ward ihr in gezwungenem Ton zu Hilfe. „Und ihr beiden habt wirklich die Sensibilität von zwei Ziegelsteinen. Eure arme Schwester …“
„… ist noch mal mit einem blauen Auge davongekommen, wenn du mich fragst“, unterbrach Benn seinen Vater.
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