Julia Extra Band 0327
Diese war lautlos neben ihr am Waschtisch aufgetaucht und zog gerade ihren blutroten Lippenstift auf. „Lizzie, nicht wahr?“, wandte sie sich an Lucy.
„Nein. Ich heiße Lucy.“
Die Frau lächelte eisig. „Oh, Sie müssen entschuldigen, aber Aristoteles hat jedes Mal eine andere Assistentin dabei, wenn er herkommt.“
Lucy wusch sich rasch die Hände. „Kein Problem“, entgegnete sie kühl.
Helen musterte sie neugierig. „Sie schlafen mit meinem Sohn, oder? Ich habe Ihren Blick gesehen, als er mit der blonden Frau geflirtet hat.“
Lucy war einfach nur sprachlos. Was fiel dieser Frau nur ein, sie so plump anzusprechen? Dennoch wahrte sie die Haltung. „Ich denke nicht, dass Sie …“
„Schon gut, meine Liebe. Ich wollte Ihnen nur einen Gefallen tun. Aristoteles mag vielleicht mit einer Frau wie Ihnen ins Bett gehen, heiraten wird er sie aber niemals. Doch wird es nun langsam Zeit, dass er sich nach einer standesgemäßen Braut umsieht. Und ich finde es nur richtig, dass er das begriffen hat. Er wird einen Erben brauchen, damit das Unternehmen nicht eines Tages an seinen Bruder fällt. Und das wird Aristoteles in jedem Fall verhindern wollen.“ Helen machte eine bedeutungsvolle Pause. „Dann Ihnen noch einen schönen Abend.“ Sie nickte Lucy zu, ohne auch nur den Anflug eines Lächelns zu zeigen, und verließ den Raum.
Lucys Wangen hatten sich vor Empörung gerötet, und sie betrachtete ihr erhitztes Gesicht im Spiegel. Unmöglich konnte sie noch länger auf dem Ball bleiben. Sollte doch Aristoteles sich vergnügen, mit wem er wollte. Es ging sie nichts an, und eigentlich konnte es ihr nur recht sein. Noch zwei Wochen harte Arbeit, danach würden sie beide zurück nach London fliegen und Lucy würde ihre Kündigung einreichen und Aristoteles niemals wiedersehen. So weit, so gut.
Lucy ging geradewegs auf die Garderobe zu, um sich ihren Mantel abzuholen.
„Wo hast du gesteckt?“
Lucy wirbelte herum und stieß überrascht gegen Aristoteles’ breite Brust. Bei seinem Anblick überkam sie die kalte Wut. Erst mit einer anderen flirten und sich dann plötzlich wieder eines Besseren besinnen, das gefiel ihr überhaupt nicht.
„Ich fahre zurück ins Hotel. Ich bin müde.“
„Wir sind hier aber noch nicht fertig.“
„Das ist mir egal. Bei diesem Ball handelt es sich nicht um eine geschäftliche Veranstaltung im eigentlichen Sinne. Also kannst du mich auch nicht zwingen, zu bleiben.“
Aristoteles überlegte kurz. Hatte er Lucy tatsächlich vermisst? Hatte er sich so an ihre angenehme, ruhige Art gewöhnt, dass sie ihm den Abend über gefehlt hatte? Fast hätte er geantwortet: „ Ich brauche dich aber .“ Doch er besann sich eines Besseren. „Du hast recht. Dann werde ich dich aber zurück ins Hotel bringen.“
Vor Lucys geistigem Auge tauchte ein riesiges, blinkendes Warnschild auf. „Nein!“ Ihre Stimme klang schrill. Dann beruhigte sie sich wieder. „Ich meine, du kannst ruhig noch bleiben. Ich möchte dich nicht wegreißen …“ Von der attraktiven Blondine, die dir offenbar sehr gut gefällt.
Doch Aristoteles hatte sich längst entschieden. Er führte Lucy galant hinaus, wo wie durch ein Wunder in diesem Moment sein Wagen vorfuhr.
Lucy versuchte es noch einmal, als sie beide schon im Auto saßen. „Du brauchst wirklich nicht meinetwegen … Ganz offensichtlich unterhältst du dich doch gerade sehr gut …“
Aristoteles warf ihr einen prüfenden Blick zu. Sprach Lucy etwa von Pia Kyriapoulos? Sie war eine attraktive Frau, die keinen Hehl daraus machte, dass sie sich jederzeit auf ein Abenteuer mit ihm einlassen würde. Doch das war es nicht, wonach ihm der Sinn stand. Die einzige Frau, nach der er sich seit Monaten verzehrte, saß neben ihm und zeigte ihm auch noch allzu deutlich, wie sehr sie ihn begehrte.
„Da liegst du völlig falsch, Lucy. Ich möchte mich mit niemandem mehr unterhalten. Am liebsten möchte ich dich ins Hotel begleiten.“
Lucy spürte, wie eine Gänsehaut ihren Körper überzog. Was war das nur wieder für eine Andeutung? Nur zu gut erinnerte sie sich an das letzte Mal, als Aristoteles sie unbedingt nach Hause hatte bringen wollen.
Als sie beim Hotel ankamen, hatte es Lucy sehr eilig, die Limousine zu verlassen. Doch schon auf der Eingangstreppe holte Aristoteles sie wieder ein und hakte sie beschwingt unter. Die beiden betraten gemeinsam einen der beiden Glasaufzüge in der Lobby des Hotels. Lucy ging wie immer auf Abstand zu Aristoteles und
Weitere Kostenlose Bücher