Julia Extra Band 0327
Gesicht war wie versteinert und sein Ausdruck war ein völlig anderer als der der letzten Tage.
Ganz leise begann er dennoch zu erzählen: „Ich habe geträumt, dass ich hier gewesen bin, wie früher so oft … Meine Mutter, mein Vater und ich, wir haben hier immer die Ferien verbracht. Ya-ya hat damals noch gelebt und meine Tante … und wir waren glücklich.“
Lucy unterbrach ihn nicht.
„Mein Vater hat meine Mutter kennengelernt, als er mit einigen Freunden einen Tagesausflug nach Paros unternahm. Er war ein typischer Playboy, arrogant und unnahbar. Doch er verführte meine Mutter, und binnen eines Monats hatte er sie mit zu sich nach Athen geholt und geheiratet.“
„Er muss sie sehr geliebt haben!“
Aristoteles warf Lucy einen empörten Blick zu. „So sehr, dass er nach ihrem Tod nicht einmal ein Jahr warten konnte, bis er wieder geheiratet hat? Ich bitte dich! Mein Vater hat mich ganz alleine mit meiner Großmutter hier zurückgelassen. Und als ich ihn das nächste Mal zu Gesicht bekam, da hatte er Helen und Anatolios bei sich.“ Aristoteles verzog verächtlich die Mundwinkel. „Sie überredete ihn, mich auf ein Internat nach England zu schicken, während sie und ihr Sohn sich ins gemachte Nest setzten.“
Lucy hatte Helen kennengelernt, dennoch war sie entsetzt über so viel Kaltblütigkeit. „Aber er hat schließlich dir sein Erbe vermacht …?“
Aristoteles nickte und sah wieder hinaus aufs dunkle Meer. „Ja, und deshalb hassen mich Helen und Anatolios heute noch mehr als früher. Sie wissen, dass sie von mir abhängig sind, und sie können die Vorstellung kaum ertragen, dass ich in London lebe und sie keinen Einfluss auf mich haben. Helen würde mich am liebsten mit einer Frau ihrer Wahl verheiraten, damit sie wieder mehr Kontrolle über mich hat.“ Er lachte verbittert auf.
Lucy versuchte, ihn zu trösten. „Ich kann mir vorstellen, dass es für deinen Vater nicht leicht gewesen ist, dich hier zu lassen. Und vielleicht hat er Helen ja geheiratet, damit du wieder eine Mutter hast?“
Verächtlich drehte sich Aristoteles zu ihr um. Blanker Zynismus lag in seiner Stimme, als er antwortete: „Aber sicher, ganz klar, deshalb haben sie mich ja auch nach England geschickt, weit weg in die Ferne!“ Er verstummte. „Lucy, ich weiß, dass du es gut meinst, aber bitte verschone mich mit diesem Psychokram.“ Seine Augen suchten ihre, und die Intensität seines Blickes ließ Lucy erbeben. Sie verstand plötzlich, was in ihm vorging, warum er zwei Gesichter hatte.
Und noch etwas wurde ihr mit einem Mal klar: dass sie sich in ihn verliebt hatte, dass sie ihr Herz an sein Schicksal gebunden hatte, ob sie es wollte oder nicht.
Als Lucy am nächsten Morgen erwachte, sah sie Aristoteles fertig angezogen auf dem Balkon stehen. Er trug eine dunkle Sonnenbrille, und seine Körperhaltung verriet, dass er nach den Geschehnissen der letzten Nacht nun mit sich selbst und der Welt wieder im Reinen war. Lucy hingegen fühlte sich unsicher und verletzlich, nachdem ihr bewusst geworden war, was sie für ihn empfand. Sie zog das heruntergerutschte Laken wieder nach oben, um ihre nackten Brüste vor ihm zu bedecken. In diesem Moment dreht sich Aristoteles zu ihr um.
Lucy drehte sich auf die Seite, stützte sich auf einem Arm ab und legte den Kopf in die Handfläche. Lächelnd warf sie ihr Haar zurück, das dabei wie ein Schleier vor ihr Gesicht gefallen war.
Aristoteles kam mit lässigen Bewegungen auf sie zu. Doch er lächelte nicht, als er mit kühler Stimme befahl: „Wir müssen zurück nach Athen. Es gibt eine Menge zu tun, und wir haben eine harte Woche vor uns.“
Lucy glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können. Sie hatte das Gefühl, eine Ohrfeige von ihm bekommen zu haben. Statt einer fröhlichen Begrüßung, statt eines Kusses oder einer zärtlichen Berührung, kommandierte er sie herum, als wollte er sie daran erinnern, dass er der Chef war und sie die Assistentin? Lucy wurde vor Schreck ganz übel.
„Natürlich“, stammelte sie leise, obwohl ihr eher danach gewesen wäre, etwas anderes zu sagen. So etwas wie: Ich hätte nie erwartet, dass du mich mit dir hierher nimmst, und es war wunderschön. Aber bitte schäme dich nicht für deine Gefühle von letzter Nacht. Ich bin froh, dass du darüber mit mir gesprochen hast und das bedeutet mir sehr viel .
Stattdessen ging Lucy verwirrt unter die Dusche. Als sie fast fertig war, hörte sie Aristoteles’ Stimme von draußen: „Der Hubschrauber
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