Julia Extra Band 0327
!“, log Anatolios dreist.
Er deutete auf die über den Boden verstreuten Dokumente.
„Ist das wahr?“
Lucy versuchte aufzustehen. Ihre Knie gaben allerdings nach und zwangen sie, sich immer noch zitternd aufs Bett zu setzen.
Langsam schüttelte sie den Kopf. Sie konnte Aristoteles nicht in die Augen sehen. „Nein, natürlich ist das nicht wahr. Anatolios lügt. Er muss mir gefolgt sein … und die Papiere gesehen haben.“
Nun mischte sich Anatolios ein, mutiger diesmal und fast schon empört.
„Erzähl doch nichts! Warum sollte ich mich für irgendwelche blöden Unterlagen interessieren? Es ist ja nicht so, dass ihr ein Geheimnis habt, das mich betrifft – oder etwa doch?“
Aristoteles war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen und jetzt richtig zu handeln. Als er gesehen hatte, dass sein Halbbruder auf Lucy lag, wäre er beinahe durchgedreht. Obwohl er im ersten Moment den Grund dafür gar nicht begriffen hatte. Doch dann hatte er die Papiere entdeckt … Sein Herz verriet ihm, was tatsächlich geschehen sein musste, doch Aristoteles wusste nicht, ob er seinem Herzen trauen konnte.
Er schubste Anatolios vor sich her zur Tür und stieß ihn schließlich unsanft auf den Hotelflur hinaus. „Wenn ich herausbekomme, dass du hinter dieser feigen Aktion stehst, dann wirst du ein für alle Mal deine Sachen bei Levakis Enterprises packen können, hast du das kapiert?“ Statt eine Antwort abzuwarten, knallte Aristoteles die Zimmertür zu.
Dann näherte er sich Lucy, die wie ein Häufchen Elend zusammengesunken auf dem großen Bett saß. Ihr aufgelöstes dunkles Haar fiel wild um ihre Schultern und unterstrich die Blässe ihres Gesichts. Das trägerlose Kleid war immer noch so weit heruntergerutscht, dass die Ansätze ihrer vollen Brüste zu erahnen waren. Als Lucy Aristoteles’ Blick bemerkte, richtete sie sich auf und zog ihr Kleid hoch. Er bemerkte, dass ihre Hände zitterten. Dennoch zögerte er, sie beschützend und tröstend in den Arm zu nehmen. Er konnte nicht – denn noch war nicht sicher, ob sie nicht versucht hatte, ihn zu hintergehen.
Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er sie dicht an dicht mit Anatolios hatte stehen und plaudern sehen. Fast wie ein Liebespaar waren ihm die beiden vorgekommen.
Lucy atmete tief ein. Glaubte Aristoteles etwa tatsächlich, dass sie Anatolios die Unterlagen hatte zeigen wollen? Sie war aufgestanden, musste sich nun aber abermals abstützen, sonst wäre sie zu Boden gesunken.
Ari war zur Zimmerbar hinübergegangen und hatte sich – wie Lucy dachte – einen Drink eingegossen. Doch nun kam er mit dem Glas auf sie zu und streckte ihr die hellbraune Flüssigkeit entgegen.
„Hier, trink das.“
Sie sah ihm ins Gesicht, während sie das Glas entgegennahm. „Aristoteles, bitte lass mich …“
„Ich will jetzt nichts hören“, unterbrach er sie harsch. Dann ging er ins Schlafzimmer, sammelte endlich die heruntergefallenen Unterlagen auf und schloss sie in den Safe ein.
Lucy setzte sich in einen der beiden Brokatsessel und nahm einen Schluck aus ihrem Glas. Der scharfe Alkohol brannte in ihrem Hals.
Als Aristoteles zurückkam und sich vor ihr aufbaute, setzte Lucy erneut an: „Ari, bitte …“
„Hat er die Unterlagen gesehen? Weiß er von Parnassus?“
„Natürlich nicht. Was denkst du denn von mir?“
„Ich habe dich heute Abend zum zweiten Mal in eine intime Unterhaltung mit Anatolios verwickelt gesehen. Da werde ich mir ja wohl meinen Teil denken dürfen … Und heute, am Vorabend einer der größten Fusionen in der Geschichte Griechenlands, erwische ich dich hier quasi in flagranti mit ihm …“ Aristoteles’ Lippen waren ganz schmal geworden.
„Hör sofort auf damit“, unterbrach Lucy ihn. „Das ist alles nicht wahr, und das weißt du auch. Anatolios muss mir gefolgt sein, nachdem er gesehen hatte, dass du mir die Unterlagen gegeben hast. Irgendjemand muss ihm einen Zweitschlüssel zu deiner Suite gegeben haben – und so stand er plötzlich vor mir …“ Beim bloßen Gedanken daran überkam Lucy ein erneutes Zittern.
Aristoteles schien es bemerkt zu haben. „Was ist?“ Sein harscher Ton war etwas weicher geworden, doch er schien ihr immer noch zu misstrauen.
Sämtliche Farbe war aus Lucys Gesicht gewichen. Plötzlich begriff sie, warum Aristoteles überhaupt in seiner Suite aufgetaucht war. „Deshalb bist du mir also gefolgt“, stammelte sie langsam. „Du hattest mich im Verdacht, eine
Weitere Kostenlose Bücher