Julia Extra Band 0327
Spionin zu sein. Mit Anatolios unter einer Decke zu stecken!“
Sie betrachtete Aristoteles’ Gesicht, das sich zusehends rötete.
„Die ganze Zeit über bist du davon ausgegangen, dass du mir nicht trauen kannst.“ Sprachlos vor Enttäuschung schüttelte Lucy den Kopf. Nach einigen Sekunden durchfuhr sie ein weiterer Schmerz. „Hast du deshalb mit mir geschlafen? Damit du mich besser unter Kontrolle hast?“
Aristoteles’ Schweigen deutete Lucy als ein Schuldeingeständnis. Sie hatte also recht mit ihren Vermutungen! Noch einmal ging sie in Gedanken zurück zu jenem Tag, an dem sie hatte kündigen wollen. Damals hatte Aristoteles sie also nicht gehen lassen, aus Angst, sie könne Firmeninterna weitergeben.
Aristoteles war unbemerkt näher gekommen. Nun stand er direkt vor ihr und streckte eine Hand aus, ganz so, als wolle er sie am Arm berühren. Lucy wich zurück.
„Lucy.“
„ Nein . Es ist vorbei. Alles ist vorbei. Ich weiß jetzt, warum du mit mir geschlafen hast. Ich war so …“
Dumm hatte sie sagen wollen. Doch sie besann sich eines Besseren. „Ich werde die Kündigung einreichen, sobald die Pressekonferenz vorüber ist. Ich wüsste nicht, was aus deiner Sicht dagegensprechen sollte.“ Sie zwang sich zu einem ironischen Lächeln. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass du deine unscheinbare Assistentin, mit der du dich aus geschäftlichen Gründen einlassen musstest, noch weiterhin in deiner Nähe haben möchtest.“
Als Aristoteles immer noch nichts darauf antwortete, wandte sich Lucy zum Gehen. An der Tür drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Um meinen Rückflug werde ich mich übrigens selbst kümmern.“
Dann war sie draußen und warf die Tür hinter sich ins Schloss.
Reglos sah ihr Aristoteles hinterher. Der Boden schien sich unter seinen Füßen zu drehen. Er hatte ihr widersprechen wollen, als sie behauptete zu wissen, warum er mit ihr geschlafen hatte. Doch sie war sich so sicher mit ihrer Behauptung gewesen, dass er es einfach nicht geschafft hatte, sich zu rechtfertigen.
Er hätte sie aber am Weggehen hindern können. Hätte sie zurückhalten können. Warum hatte er es nicht getan?
Schwer ließ sich Aristoteles auf dem großen, wuchtigen Sofa nieder. Wenn nur seine Wut nicht gewesen wäre, hätte er sicher Lucy geglaubt und nicht seinem falschen, nur auf den eigenen Vorteil bedachten Halbbruder. Doch als er ihn auf Lucy hatte liegen sehen … da war eine Sicherung in seinem Kopf durchgebrannt.
Aristoteles ballte die Hände zu Fäusten, als ihm klar wurde, wie sehr er die Situation missverstanden hatte. Wenn Lucy tatsächlich die Schuldige gewesen wäre, dann hätte sie sich lauthals verteidigt. Hätte Anatolios wild beschimpft, um von sich selbst abzulenken. Oder sie hätte sogar versucht, ihn, Aristoteles, zu verführen, um ihn von ihrer Spur abzulenken. Doch er brauchte sich nicht extra vor Augen zu führen, dass sie ihn seit Paros nicht wieder in ihre Nähe gelassen hatte. Und irgendwie konnte er das sogar verstehen. Wie hatte er sich denn auch ihr gegenüber verhalten? Nachdem er sich ihr so schwach und verletzlich gezeigt hatte, war ihm ihre Nähe unerträglich gewesen. Lucy hatte sich so sympathisch, so warmherzig und liebevoll gezeigt. Das war einfach zu viel für Aristoteles gewesen.
Sie hatte ihn weinen sehen .
Damit wusste er nicht umzugehen. Noch niemandem hatte er sich je so verletzlich gezeigt. All seine Gefühle waren immer in ihm verschlossen gewesen. Bis zu jener Nacht auf Paros …
Deshalb hatte er Lucy wohl in dem Glauben gelassen, dass ihre Vermutungen richtig waren. Sollte sie doch glauben, was sie wollte. Es war sowieso aus zwischen ihnen. Wozu hätte er ihr sagen sollen, dass er ihr auf seine Suite gefolgt war, weil er sie so sehr begehrte, weil er gehofft hatte, dass sie ihn endlich wieder erhören würde.
Abrupt stand Aristoteles auf und ging zur Tür. Er musste wieder nach unten gehen, sicher wurde er schon vermisst. Er musste lächeln und sagen, dass alles bestens war – obwohl ihn ein unerklärlicher Schmerz durchbohrte und ihm fast die Luft zum Atmen nahm.
Nach der Pressekonferenz am nächsten Vormittag huschte Lucy an den Kameras und Mikrofonen vorbei auf ihr Zimmer. Sie packte ihre Kosmetiksachen und ihre Unterwäsche in die kleine Reisetasche. Die vielen edlen Kleidungsstücke, die sie bei ihrer Ankunft vorgefunden hatte, ließ sie einfach im Schrank hängen. Dann ging sie hinunter in die Eingangshalle, um sich ein Taxi zum
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