Julia Extra Band 0327
Vater?“
Was soll ich nur tun? Louisa war verzweifelt. Konnte sie Rafael die Wahrheit weiter vorenthalten? Offensichtlich ahnte er, dass Noah sein Sohn war. Das dunkle Haar, die wunderschönen grauen Augen – ganz der Vater.
„Ist er mein Sohn?“ Gebannt wartete er auf die Antwort, die er bereits zu kennen glaubte.
Louisa machte die Augen zu und atmete tief durch. „Ja“, wisperte sie ängstlich.
Rafael zuckte zusammen, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. Die Antwort, die er bereits erwartet hatte, aus Louisas Mund zu hören, traf ihn hart. Dabei hatte er auf den ersten Blick erkannt, dass er seinen Sohn vor sich hatte.
Ihm wurde heiß und kalt. Es war unfassbar! Sie hatte ein Kind von ihm bekommen und ihm nichts davon gesagt.
Louisa war schuld daran, dass er unwissentlich seinen Sohn im Stich gelassen hatte!
Außer sich vor Wut und Schmerz ballte er die Hände zu Fäusten. Hinter ihm betrat eine weitere Gruppe von Touristen den Laden und schaute sich hungrig um.
Bevor Rafael ihr vor all diesen fremden Menschen eine Szene machen konnte, zog Louisa ihn am Ärmel und bedeutete ihm, ihr die Treppe hinauf zu folgen, die zur Wohnung führte.
Mürrisch sah er sich in der kleinen, hübschen, sehr feminin eingerichteten Wohnung um. Louisa bat ihn ins Kinderzimmer und machte die Tür hinter ihm zu.
„Du wirst verstehen, dass ich nicht anders handeln konnte“, sagte sie verzweifelt.
Wortlos betrachtete Rafael das Kinderbett, die Wickelkommode und das andere, mit einem Quilt bedeckte Bett. An der Wand hingen große Stoffbuchstaben: N-O-A-H, daneben das Bild einer Giraffe.
Das Zimmer machte einen schlichten, aber gemütlichen Eindruck. Was Louisa anpackte, strahlte Wärme, Liebe, Geborgenheit aus. Genau das hatte sie ihm über ein Jahr lang vorenthalten. Ganz zu schweigen von der Wahrheit und seinem Kind.
Er hätte vor Wut platzen können.
„Rafael? Sag doch bitte etwas.“
Langsam drehte er sich um und sah sie an. Diese Frau, die ihn kannte wie niemand sonst auf der Welt, die er für offen und ehrlich gehalten hatte, diese Frau hatte ihn aufs Schäbigste hintergangen, um sich für seine Unterstellungen zu rächen. Oder warum sonst hatte sie ihm sein Kind vorenthalten? Die ganze Zeit hatte er sich schuldig gefühlt und auf eine Gelegenheit gewartet, sie um Verzeihung zu bitten und nun das! Sie hatte sein Kind gestohlen. Das war einfach unfassbar.
Wäre der anonyme Brief nicht gewesen, wäre er niemals hier aufgetaucht, und sein Sohn wäre in dem Glauben aufgewachsen, sein Vater hätte ihn im Stich gelassen.
Wie grundlegend er sich in Louisa getäuscht hatte. Auch sie entpuppte sich nun als skrupellose, kalte, rachsüchtige Frau.
Rafael betrachtete das Baby auf ihrem Arm. „Wie heißt er eigentlich?“, fragte er harsch.
„Du hast gesagt, dass du kein Kind willst, Rafael. Was hätte ich denn …“
„Ist das deine Entschuldigung?“ Zornig schnitt er ihr das Wort ab. „Ich habe aber auch gesagt, dass ich dich im Fall einer Schwangerschaft heiraten würde.“
„Aber ich wollte dich nicht heiraten.“
Wütend schüttelte er den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Du wolltest dich an mir rächen, weil ich dir misstraut hatte. Und du wusstest ganz genau, wie du mich am wirkungsvollsten verletzen konntest.“
„Das ist nicht wahr!“ Louisa war entsetzt. „Du hast mir klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass du weder Frau noch Kinder willst. Denkst du etwa, ich würde mein geliebtes Baby mit einem Mann teilen, der es nicht gewollt hat?“
Aus zusammengekniffenen Augen musterte er sie. „Trotzdem hättest du es mir sagen müssen.“
Nervös verlagerte sie das Gewicht aufs andere Bein. Das Baby wurde unruhig.
Ohne Vorwarnung nahm Rafael ihr den Kleinen ab und beobachtete, wie schwer es ihr fiel, das Kind nicht sofort wieder an sich zu nehmen.
Ergriffen betrachtete er das Baby in seinen Armen. „Mein Sohn“, flüsterte er. „Du bist mein Sohn.“
„Ich habe ihn Noah genannt, nach meinem Vater“, erklärte sie. „Noah Grey.“
„Du hast ihm nicht einmal meinen Namen gegeben.“
Sie zuckte nur wortlos die Schultern.
„Du hast mich belogen, Louisa.“ Er blickte zwischen seinem Sohn, den er schon jetzt von ganzem Herzen liebte, und der Lügnerin, die ihm das Leben geschenkt hatte, hin und her. Zufrieden stellte er fest, dass sie vor Angst zitterte. Geschah ihr recht! „Ausgerechnet du. Ich hätte das nie für möglich gehalten.“ Er lachte bitter. „Und dann hast du noch
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