Julia Extra Band 0327
und den unvertrauten Namen in ihrem Pass und fühlte sich wieder einmal, als hätte man sie ihrer wahren Identität beraubt. Offensichtlich war sie in den vergangenen Jahren nach Paris, Rom, Prag, Monte Carlo, Zürich und natürlich London gereist, nur waren all diese Trips aus ihrem Gehirn gelöscht.
Auch die Innenausstattung des Jets ließ auf Javiers immenses Vermögen schließen. Das Flugpersonal war höflich und respektvoll und wurde von Javier mit der gleichen Würde behandelt. Im Umkreis ihres Vaters waren Emelia diverse Geschäftsleute begegnet, die mit ihren Angestellten wesentlich rüder umgingen. Javier dagegen sprach jeden einzelnen mit Namen an und erkundigte sich interessiert nach deren Befinden und Familien.
„Möchten Sie die Zeitung von heute lesen?“, bot ihr eine Stewardess an, doch Javier kam Emelias Antwort schroff zuvor.
„Nein danke, heute nicht, Anya!“ Dann wandte er sich an seine Frau. „Bitte sei nicht beleidigt, querida ! Ich versuche nur, dich zu beschützen und zu schonen.“
Ihre Miene verdüsterte sich. „Wovor willst du mich denn beschützen?“
Javier kniff die Augen leicht zusammen. „Du solltest vielleicht wissen, dass bezüglich deines Unfalls eine Reihe von Spekulationen die Runde macht.“
„Spekulationen?“, hakte sie aufmerksam nach. „Welcher Art?“
„Die üblichen Gerüchte und Tratschereien, die der Presse höhere Auflagen bringen sollen.“ Er machte eine abwertende Handbewegung. „Schließlich bist du mit einem höchst erfolgreichen und anerkannten Geschäftsmann verheiratet, Emelia. Ständig waren Reporter hinter dir her, um dir irgendwelche Skandale anzudichten.“
Ich stand im Fokus des öffentlichen Interesses? dachte sie ungläubig. Wie kann das sein?
Sie hatte stets ein ziemlich eintöniges Leben geführt. Zumindest hatte Emelia das geglaubt, bis sie vor wenigen Tagen aus dem Koma erwacht war. Schon lange hatte sie ihre Pläne aufgegeben, einmal Konzertpianistin zu werden. Jetzt konzentrierte sie sich auf ihre Karriere als Lehrerin, und die Sorte Berühmtheit und Prominenz, die Javier gerade ansprach, war ganz sicher nicht Teil ihrer Lebensplanung.
„Was steht in den Zeitungen über den Unfall geschrieben?“, fragte sie leise.
Seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Man sagt, du wärst mit Peter Marshall durchgebrannt.“
„Durchgebrannt?“, wiederholte sie ungläubig. „Also, sie meinen, ich hätte dich verlassen?“
„Alles nur Gerüchte, Emelia“, wiegelte Javier ab. „So etwas wurde schon zuvor behauptet, und es wird wieder geschehen. Ich muss mich ständig gegen derartige Mutmaßungen zur Wehr setzen.“
Betroffen presste sie kurz die Lippen aufeinander. „Ich mag mich momentan nicht an die letzten zwei Jahre meines Lebens erinnern können, aber eines kann ich dir versichern. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die ihren Ehemann einfach sitzenlassen würden.“ Sie sah ihn an. „Du hast doch wohl hoffentlich kein Wort von diesem Unsinn geglaubt?“
Eine leichte Bewegung seiner Mundwinkel deutete ein Lächeln an, das sich aber sogleich in eine Art Grimasse verwandelte. „Das ist eben unser Leben, querida . Alle einflussreichen Personen müssen sich mit diesem Problem herumschlagen. Schon als wir uns kennenlernten, habe ich dich davor gewarnt. Ich selbst bin mit diesem Zustand seit Jahren vertraut: Lügen, Mutmaßungen, Verrat, Gerüchte, Anspielungen. Es ist der Preis des Erfolgs.“
Im Stillen überlegte Emelia, wie viel Wert sie in einer Beziehung auf Treue legte. Immens viel! Ihr Vater hatte jede einzelne seiner Ehefrauen betrogen, und damals war ihr klar geworden, welches Ausmaß an Verletzungen und Verzweiflung dadurch verursacht wurde.
„Zerbrich dir jetzt nicht den Kopf darüber“, seufzte Javier. „Ich hätte die Presse niemals erwähnt, bis wir zurück in Spanien sind. Mein Team wird eine Gegendarstellung vorbereiten, und du solltest nicht auf Reporterfragen antworten, die bewusst provokativ oder anmaßend sind. Bekommst du das hin?“
Diese Neuigkeiten überforderten Emelia völlig. „Aber ich kann dieser Meute wohl nicht ewig ausweichen, oder?“
„Für den Moment tu einfach, was ich dir gesagt habe“, entgegnete Javier unwirsch. „Ich bin schließlich dein Ehemann. Das solltest du nicht vergessen!“
Nach dem ersten Schrecken kroch ihr der Ärger über seine Ungeduld wie ein Tier den Rücken hinauf. „Ich weiß nicht, was du von einer Ehefrau erwartest. Aber ich bin kein Fußabtreter, und ich
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