Julia Extra Band 0327
gab sich alle Mühe, diesen Umstand zu ignorieren.
„Guten Morgen, Aldana“, sagte sie zur Begrüßung mit einem Lächeln, das hoffentlich nicht allzu erzwungen wirkte. „Ein herrlicher Tag, finden Sie nicht?“
Die Haushälterin bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick. „Ich nehme an, Sie werden wie üblich das Essen ablehnen, das ich für Sie vorbereitet habe?“
Emelias Lächeln erstarb auf ihren Lippen. „Um ehrlich zu sein, bin ich heute richtig hungrig“, gab sie zurück. „Aber Sie hätten sich nicht so viel Mühe machen müssen.“
Aldana schnaubte leise und widmete sich wieder dem Brotteig, den sie knetete. „Für diese Mühe werde ich schließlich bezahlt“, brummte sie. „Obwohl es rausgeworfenes Geld ist, wenn die Leute das Essen einfach verweigern.“
„Tut mir sehr leid, wenn ich Sie in der Vergangenheit verärgert haben sollte“, entschuldigte Emelia sich nach kurzer, verkrampfter Stille. „Würde es helfen, wenn wir gemeinsam die Menüfolge dieser Woche bespreche? Dann hätten Sie keinen zu großen Aufwand mit der Planung, und es bleibt nicht so viel übrig.“
Missmutig wischte Aldana sich die Hände an ihrer Schürze ab. „Sie sind nicht die richtige Frau für Señor Mélendez“, sagte sie leise. „Sie lieben ihn nicht so, wie er es verdient, geliebt zu werden. Sie lieben nur das, was er besitzt.“
Entschlossen verbarg Emelia ihren Schreck über die offene Anfeindung der Haushälterin und hielt ihren Tonfall ganz bewusst kühl und kontrolliert. „Ihnen steht selbstverständlich eine eigene Meinung zu, Aldana“, begann sie schneidend. „Aber meine Beziehung zu meinem Ehemann geht niemanden außer mich selbst etwas an. Halten Sie sich in Zukunft bitte mit Ihren Bemerkungen zurück!“
Aldana schnaubte erneut und drehte sich zum Ofen um, was vermutlich das Ende dieses Gesprächs bedeuten sollte.
Zwangsläufig entschied sich Emelia, diese kleine Auseinandersetzung zu ignorieren und sich zu verhalten, als wäre nichts weiter geschehen. Allerdings traf es sie sehr, was Aldana ihr vorwarf. Emelia hatte sich selbst eher als liebevolle Ehefrau betrachtet. Schließlich wusste sie durch ihre eigene Familiengeschichte, was es zu vermeiden galt. Schon sehr früh hatte sie sich vorgenommen, einzig und allein aus Liebe zu heiraten. Geld oder Prestige übten keinerlei Reiz auf sie aus. Und jetzt musste sie sich fragen, inwieweit sie an ihren Idealen festgehalten hatte.
Emelia genoss, auf der sonnigen Terrasse neben dem Esszimmer sitzend, ein gesundes Frühstück, bestehend aus Früchten und Joghurt, Toast und einer Tasse Tee.
Die Gärten der Villa waren atemberaubend schön, und besonders genoss Emelia den Geruch von frisch gemähtem Gras. Akkurat gestutzte Hecken verliehen dem Anwesen zwar – genau wie die ausgesuchte Inneneinrichtung – einen aufdringlich formellen Charakter, aber bunt bepflanzte Blumenbeete und mehrere reizvoll angelegte Sitzecken weichten diesen strengen Effekt wieder auf. Fontänen, Statuen und sogar ein kleiner, umzäunter Kräutergarten boten ein abwechslungsreiches Panorama.
Wenig später brach Emelia zu einem Erkundungsgang über das Grundstück auf, und nach einer Weile hörte sie Pferde wiehern. Neugierig drehte sie den Kopf in die Richtung und sah einen jungen Stallburschen, der einen dunklen, ziemlich unruhigen Hengst am Halfter führte. Das kräftige Tier rollte mit den Augen und blies nervös die Nüstern auf.
Ohne zu überlegen sprach Emelia den Jungen auf Spanisch an. „Er ist recht temperamentvoll, was?“
„ Sí, señora “, gab der Bursche zurück. „Ihre Stute ist wesentlich besser erzogen.“
Verwundert starrte Emelia ihn an. „Ich besitze ein eigenes Pferd?“
Der junge Mann sah sie an, als wäre sie verrückt geworden, doch dann schien ihm einzufallen, was man ihm über ihren Autounfall erzählt hatte. „ Sí, señora “, sagte er mit einem breiten Grinsen. „Sie steht im Stall. Ich habe sie heute Morgen schon bewegt.“
„Könnte ich sie bitte reiten?“, bat Emelia.
Sein Gesichtsausdruck war zutiefst überrascht. „Sie wollen die Stute reiten?“
„Natürlich will ich das.“ Emelia nickte.
„Aber Sie haben das Tier noch nie reiten wollen. Sie haben sich sogar geweigert, das Pferd überhaupt anzusehen.“
Über diesen Kommentar konnte Emelia nur lachen. „Das ist doch Blödsinn! Ich liebe es zu reiten. Als meine Mutter noch lebte, besaß ich ein eigenes Pferd, und meine Ferien habe ich fast immer im Reitlager
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