Julia Extra Band 0328
das offenbar zu einer Kurzschlussreaktion bei ihm geführt.
Andererseits, warum sollte er sich ihre Kenntnisse nicht zunutze machen? Gewiss, sie war keine Berufstänzerin, ansonsten schien sie alle notwendigen Voraussetzungen mitzubringen – sie war schlank, vital und ausgesprochen anmutig. Und sehr gewandt im Umgang mit Menschen.
Janet Keaton behauptete, dass Sally Einfühlungsvermögen besaß. Demnach musste sie auch verstehen, wie sehr ihm der Ball zu schaffen machte. Besser noch, sie war seine Angestellte und er ihr Vorgesetzter. Dass er ihr die Stunden großzügig vergüten würde, verstand sich von selbst. Solange sie dem Arbeitgeber-Angestellten-Verhältnis nicht in die Quere kamen, war alles in Ordnung. Und sobald er gelernt hatte, wie man Walzer tanzt, konnte er sich wieder seinem Fünfjahresplan zuwenden.
In den folgenden Tage fiel es Sally nicht leicht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Die Abende verbrachte sie, indem sie sich ernsthaft ins Gewissen redete. Es war von größter Wichtigkeit, den bevorstehenden Donnerstagabend als das zu sehen, was er war – ein rein geschäftliches Treffen, nicht mehr und nicht weniger. Von einer Romanze zwischen Blackcorps Direktor und dem Mädchen am Empfang konnte keine Rede sein. Die Stunde mit ihm in der Bar, ihre intime Unterhaltung, der gute Wein – all das zählte nicht und war ohne Bedeutung.
Er und sie lebten in grundverschiedenen Welten, und worauf Sally Finch keinen Wert legte, war, vorübergehend Logan Blacks Harem zu vergrößern. Dennoch fragte sie sich, weshalb er nicht eine seiner Freundinnen um Tanzstunden gebeten hatte. Waren sich die Damen zu gut dafür, oder wollte er ihnen seine Unzulänglichkeit auf diesem Gebiet vorenthalten?
Was immer der Grund sein mochte, eins war sicher: Am Donnerstagabend würden ihre Rollen vertauscht sein – sie war die Meisterin und er der Lehrling.
Leise lachte sie vor sich hin – die Idee gefiel ihr.
7. KAPITEL
Zur vereinbarten Stunde stand Logan vor Sallys Haustür, und bei seinem Anblick blieb ihr die Spucke weg. Sie erkannte ihn kaum wieder – in der verwaschenen Jeans und dem blassblauen T-Shirt sah er noch umwerfender aus als im Anzug.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte er.
„Ja … nein … ich meine, alles ist in Ordnung.“
Stolz zeigte er hinab auf seine polierten Lederschuhe. „Ich habe sie nicht vergessen.“
„Ausgezeichnet.“
Die Fahrt zum Büro verlief eher schweigsam. Sally benutzte die kurze Zeit, um durch Atemübungen ihre Nerven zu beruhigen, während sich Logan auf den abendlichen Straßenverkehr konzentrierte.
Die Tiefgarage des Bürogebäudes war um diese Stunde menschenleer. Auf dem Weg zum Fahrstuhl verspürte Sally einen Anflug von Panik, die jedoch schnell wieder verflog. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung.
Im siebenundzwanzigsten Stock stiegen sie aus dem Lift, und als Logan die Tür zu Blackcorps Chefetage aufschloss, kam der Mann vom Sicherheitsdienst auf sie zu.
„Kann ich Ihnen mit etwas behilflich sein, Mr. Black?“
„Nein, danke, Reg.“ Logan runzelte die Stirn, als er bemerkte, dass der Wächter Sally verstohlen musterte. „Miss Finch und ich arbeiten heute Abend noch an einem Projekt“, sagte er kurz angebunden.
„Dann will ich Sie nicht länger aufhalten, Sir.“ Er entfernte sich eilig.
Insgeheim war Sally froh, dass noch jemand auf der Etage war, obwohl sie sich selbst lächerlich vorkam – wovor hatte sie Angst?
Im Konferenzsaal schoben sie Tische und Stühle an die Wände, danach schloss Logan das Stereogerät an und legte eine CD ein. Gleich darauf füllten die klassischen Dreivierteltakte eines Walzers von Johann Strauss den Raum. An der schönen blauen Donau .
„Ist die Musik richtig?“
Sally lächelte. „Und ob. Für unseren heutigen Geschmack vielleicht ein bisschen altmodisch, aber es ist genau das Richtige zum Üben.“
„Dann kann es losgehen.“ Er holte tief Atem. „Was muss ich tun?“
Als sie sah, wie steif aufgerichtet er dastand, mit todernster Miene, verflogen ihre letzten Bedenken. Logan Black war ein sensibler, verletzlicher und großmütiger Mann, der sich von Kyle Francis wie der Tag von der Nacht unterschied. Er wusste, dass er riskierte, sich in aller Öffentlichkeit zu blamieren, und der Gedanke war ihm unerträglich. Dennoch ging er das Risiko ein – weil das, was man von ihm erwartete, einem guten Zweck diente.
Mit einem aufmunternden Lächeln ging sie auf ihn zu und nahm ihn bei den Händen. Sie achtete
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