Julia Extra Band 0330
herumgestrichen war. Und als er sich dann wieder zu Melodie und dem Plattenproduzenten umdrehte, mit denen er gerade geredet hatte, sah er seine Gäste plötzlich mit ihren Augen. Es war, als würde er alle so sehen, wie sie wirklich waren, und das war für die Leute nicht besonders schmeichelhaft.
Hier draußen mit ihr im Garten kam ihm alles echt und ungekünstelt vor. Irgendwie ein ungewohntes Gefühl. Sein Herz klopfte heftig. Ellie stand dicht vor ihm, und ihre Gefühle standen ihr glasklar ins Gesicht geschrieben. Ihr warmer Atem strich über seinen Hals und jagte ihm Schauer über den Rücken. Er merkte, dass er immer noch das Revers des Jacketts festhielt. Wie von unsichtbarer Hand gesteuert, näherten sich ihre Gesichter einander. Normalerweise würde Mark jetzt sofort den nächsten Schritt tun und sie küssen. Doch er wollte warten, ohne allerdings zu wissen, worauf.
Ellie kam es vor, als würde die Welt plötzlich auf den kleinen Raum zwischen seinen und ihren Lippen zusammenschmelzen. Und weil ihr das Erinnern sowieso schwerfiel, ließ sie alles fallen und gab sich dem Moment hin. Sie war es so leid, immer krampfhaft zu versuchen, die Kontrolle zu bewahren. Einmal wollte sie einfach ihrem Impuls folgen. Sie näherte sich seinen Lippen und küsste ihn.
Nur zu bereitwillig erwiderte Mark ihren Kuss und ließ dabei seine Hände unter das Jackett gleiten. All die Frauen, die ihn umgarnten, würden zerschmelzen, wenn sie einen solchen Kuss von ihm bekämen, dachte Ellie. Und dann dachte sie gar nichts mehr, denn Mark fing an, ihren nackten Rücken und ihre Schultern zu streicheln, während sein Kuss immer leidenschaftlicher wurde. Als er seine Lippen an ihrem Hals entlanggleiten ließ, legte Ellie seufzend den Kopf in den Nacken und streichelte sein Haar.
Aus der Küche kam das Geräusch eines scheppernden Tabletts. Wie ein Messer zerschnitt der Knall die Ruhe im nächtlichen Garten und zerstörte den intimen Moment zwischen ihnen. Sie sahen sich an und wussten beide nicht, was sie sagen sollten. Verzweifelt suchte Mark nach den richtigen Worten. Na komm, du bist doch sonst nicht um Worte verlegen. Hast du keinen deiner üblichen Sprüche drauf?
„Ellie …“, begann er, doch Ellie sah ihn nur mit großen Augen an, und bevor er weiter überlegen konnte, war sie schon ins Haus gelaufen.
Er rannte hinter ihr her durch die Verandatür in die Küche, wo er gerade noch einer mit einem vollen Tablett beladenen Serviererin ausweichen konnte. Inzwischen war Ellie längst die Hintertreppe hochgelaufen.
Als er endlich den Flur erreichte, kam Kat völlig aufgelöst auf ihn zugelaufen. „Mark, es ist aus …“ Sie schniefte, und eine Träne lief ihr über die Wange. Inzwischen kannte er sie gut genug, um zu wissen, dass sie jeden Moment weinend zusammenbrechen konnte. Er musste sich jetzt wohl oder übel um sie kümmern.
Väterlich legte er ihr den Arm um die Schulter und führte sie in sein Arbeitszimmer. Dort hörte er sich geduldig Kats Liebeskummer an, während sie an seiner Schulter lag und sein Hemd mit ihren Tränen durchnässte.
Ellie saß im Dunkeln auf dem Bett und zitterte trotz der Wärme im Zimmer. Sie wagte es nicht, das Licht anzumachen, denn dann würde sie Sams Foto auf ihrem Nachttisch sehen, und das könnte sie jetzt nicht ertragen. Erschöpft ließ sie sich aufs Bett fallen und rollte sich zusammen.
Wie hatte sie Sam das antun können? Ihrem wunderbaren, lieben und treuen Sam? Sicher wäre er froh, wenn sie wieder jemanden finden würde, der ihr Halt im Leben gab, aber doch nicht Mark Wilder, der bekannteste Frauenheld weit und breit.
Allerdings hatte Mark sich vorhin im Garten gar nicht wie ein Frauenheld benommen, ganz im Gegenteil. Er hatte sich schützend vor sie gestellt und Piers zum Teufel gejagt. Und als er merkte, wie verletzlich und anlehnungsbedürftig sie war, hatte er die Situation nicht ausgenutzt, sondern abgewartet, bis sie den Anfang machte.
Vielleicht war es gar nicht wegen Mark, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass sie sich entschieden hatte, ein neues Leben zu beginnen und die Vergangenheit zu überwinden. Sie war überzeugt gewesen, dass sie einen Teil von sich zusammen mit Sam zu Grabe getragen hatte. Doch jetzt fühlte sie sich plötzlich wieder wie eine lebendige junge Frau. Als hätte Mark sie aus ihrer Betäubung befreit und wieder zum Leben erweckt.
Es war offensichtlich, dass sie ihm gefiel, aber sie bezweifelte,
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