Julia Extra Band 0330
Geringste über mich und hast überhaupt kein Recht, gehässige Mutmaßungen bezüglich meines Charakters anzustellen.“
„Du bist ein billiges Flittchen, das sich meinem Schwager an den Hals geworfen hat, weil er steinreich war. Und du hattest Glück und hast dir ein Kind von ihm andrehen lassen“, spie Carmina hasserfüllt. „Pietro und ich …“ Ihre Stimme kippte leicht. „Wir hätten zusammen sein sollen. So wäre es auch gewesen, wenn du nicht dazwischengefunkt hättest.“
Verwundert zog Libby die Stirn kraus. „Aber ich dachte, deine Schwester ist bereits vor zehn Jahren gestorben? Hätte er etwas für dich empfunden, dann hätte er doch lange genug Gelegenheit gehabt, um es mit dir zusammen auszuleben.“
An dieser Stelle brach Libby ab. Plötzlich verstand sie, warum Rauls Tante sie so sehr verabscheute. Carmina war in ihren Schwager verliebt gewesen – unglücklich verliebt. Aber selbst wenn Libby der alten Dame die Wahrheit erzählen könnte, wäre diese immer noch wütend über Liz’ Affäre mit Pietro.
„Es tut mir leid“, murmelte Libby, und zu spät erkannte sie, dass ihre Entschuldigung den Hass der anderen Frau nur noch mehr anfachte.
„Du dürftest gar nicht hier sein“, brauste Carmina auf. „Genauso wenig wie dein illegitimer Sohn. Seit Generationen schon gehört die Villa Giulietta den Carduccis, und es wird ein rabenschwarzer Tag sein, wenn eine gewöhnliche Straßenhure hier zur Hausherrin gekürt wird.“
Die anmaßenden Beleidigungen von Rauls Tante reichten Libby allmählich. „Mir ist klar, wie nahe dir das alles geht. Trotzdem hast du kein Recht, so mit mir zu reden.“
„Raul hat sein Gehirn in der Hose sitzen! Er hatte schon Hunderte und sehr viel bessere Frauen, aber offenbar braucht er immer wieder etwas Neues.“ Es sah fast aus, als würde Carmina jeden Augenblick auf den Boden spucken. „Richte dich hier bloß nicht zu sehr ein! Raul wird schon sehr bald gelangweilt von dir sein und dich durch einen anderen Betthasen ersetzen.“
Damit ließ Carmina Libby stehen und rauschte durch die hohe Eingangshalle davon.
„Sie ist eine frustrierte, bösartige alte Hexe“, flüsterte Libby in Ginos Ohr. Sein unbefangenes Grinsen bewies ihr, wie wenig er von der unschönen Szene mitbekommen hatte.
Libby jedoch konnte die feindlichen Kommentare von Carmina leider nicht so leicht abschütteln. Vor allem die Bemerkung darüber, wie schnell Raul seiner Frau überdrüssig werden würde. Natürlich knisterte es momentan gewaltig zwischen ihnen, aber wie lange würde dieser Zustand noch andauern? Würde er sich eine Geliebte zulegen, wenn Libby anfing, ihn zu langweilen? Vielleicht eine diskrete Liaison in einer eigens dafür angemieteten römischen Wohnung, um anschließend in der Villa den treusorgenden Familienvater zu spielen?
Die große Terrasse lag seitlich der Villa mit unverbautem Blick auf den See. Direkt daneben erstreckte sich ein langer Swimmingpool, umgeben von wunderschön bepflanzten Beeten. Am Rand einer großen Sitzgruppe rankten sich Rosen an Marmorsäulen empor und verströmten einen betörenden Duft.
Raul saß schon draußen am Tisch und blätterte eine Zeitung durch. Sein rabenschwarzes Haar glänzte im Sonnenschein, und obwohl seine eindrucksvollen Augen hinter einer Designersonnenbrille verborgen waren, spürte Libby, dass sein Blick nicht auf den Schlagzeilen, sondern auf ihr ruhte.
Es kribbelte in ihrem Magen, als sie langsam auf ihn zuging. Als Raul lächelte, manifestierte sich in ihrem Kopf ein Gedanke, der aus purer Angst geboren war: Sie durfte sich auf keinen Fall in Raul verlieben, selbst wenn sie ihn heiratete!
Gino streckte seinem Halbbruder und zukünftigem Stiefvater strahlend beide Ärmchen entgegen. Die Verbindung zwischen den beiden war schon jetzt unübersehbar stark. Mit einem Mal wagte Libby kaum, Raul direkt ins Gesicht zu blicken.
„Es ist so zauberhaft schön hier“, seufzte sie und sah sich im Garten um.
„Ich dachte, du würdest unsere Flitterwochen vielleicht gern hier in der Villa verbringen, um dich ein wenig einzuleben. Aber falls du verreisen möchtest, können wir das natürlich auch arrangieren.“
Überrascht drehte sie sich zu ihm um. „Ist es denn so eilig, die Hochzeitsreise zu planen?“
„Aber sicher. Immerhin heiraten wir in zwei Wochen. Die notwendigen Papiere sind schon in Arbeit.“
„In zwei Wochen?“, wiederholte sie entsetzt und klang dabei fast hysterisch. „Das ist viel zu
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