Julia Extra Band 0330
früh!“
Gelassen setzte Raul Gino in einen Hochstuhl und reichte ihm seinen Trinkbecher. „Warum sollten wir länger warten? Wir sind uns doch darüber einig, dass Ginos Bedürfnisse an erster Stelle stehen. Und er braucht uns beide. Je eher wir heiraten, desto eher kann ich auch den Adoptionsantrag für Gino stellen. Wer weiß? Vielleicht wird sein erstes Wort sogar Papa sein?“
Ihre Gefühle drohten Libby zu überwältigen. Ein Teil von ihr misstraute dem Frieden und fand es extrem unpassend, dass sich plötzlich eine weitere Person in ihre und Ginos traute Zweisamkeit drängte. Andererseits war eine richtige Familie wichtig für ihren kleinen Bruder, und diese Tatsache stand selbstverständlich im Vordergrund. Allerdings würde sich das Zusammenleben ausgesprochen schwierig gestalten, sollte Rauls Tante ihre Einstellung nicht grundlegend ändern.
Traurig sah Libby in Rauls Gesicht und war eifersüchtig auf all die Frauen, mit denen er schon geschlafen hatte.
„Wenn das zwischen uns klappen soll, müssen wir uns auf ein paar Regeln einigen“, erklärte sie energisch, wurde jedoch gleich wieder unsicher, als sie sein amüsiertes Lachen hörte.
„Was für Regeln denn?“
„Nun, zum einen wäre da Treue. Während unserer Ehe sollten wir beide einander absolut treu sein, finde ich. Kinder sind außerordentlich feinfühlig, und ich möchte Gino nicht in dem Glauben erziehen, dass es in Ordnung ist, wenn sein Vater ständig Affären hat. Du wirst sein wichtigstes Vorbild werden und solltest daher mit gutem Beispiel vorangehen.“ Sie verstummte und ärgerte sich darüber, dass sie vielleicht zu viele ihrer heimlichen Befürchtungen und Eitelkeiten preisgab. „Deine Tante behauptet, du hättest Hunderte von Liebhaberinnen gehabt, aber da keine deiner Bekanntschaften von längerer Dauer war, würdest du auch mich bald satthaben.“
Seine Miene verdüsterte sich. „Wann hast du mit Carmina gesprochen?“
„Oh, wir sind praktisch ineinander gelaufen, als ich auf der Suche nach dir war“, antwortete Libby und verzog das Gesicht. „Sie mag mich nicht und hat unmissverständlich klargemacht, dass sie gegen unsere Hochzeit ist.“
Da Raul selbst schon einen Vortrag seiner Tante zu seiner Brautwahl über sich hatte ergehen lassen müssen, wunderte ihn Libbys verletzter Tonfall nicht im Mindesten. Was ihn weitaus mehr erstaunte, war sein Impuls, sie vor Carminas Bosheit beschützen zu wollen. „Es tut mir leid, wenn meine Tante dich beleidigt hat. Sie wird es nicht wieder tun“, versprach er grimmig. „Ich werde augenblicklich ihre Rückkehr nach Rom veranlassen. Das ist ohnehin längst überfällig.“
Unmittelbar darauf wurde sein Blick weicher, beinahe verträumt. „Und was meine bisherigen amourösen Abenteuer betrifft, ich bin ein sechsunddreißigjähriger kerngesunder Mann, der sicherlich nicht wie ein Mönch gelebt hat. Aber ganz bestimmt hatte ich keine hundert Frauen in meinem Bett.“
Libby schien sich auf einmal ausschließlich für die Randbepflanzung und die Marmorbodenfliesen zu interessieren. Lächelnd kam Raul auf sie zu und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Ich stimme dem Treuegelöbnis zu, cara . Unsere Ehe mag unkonventionell sein, aber ich bin bereit, mich voll und ganz auf dich und auch auf Gino einzulassen.“
Nach dieser beruhigenden Versicherung wäre sie am liebsten in Freudenstürme ausgebrochen. Dennoch versetzte es ihr einen kleinen Stich, dass Raul ihre Beziehung unkonventionell nannte, obwohl er damit natürlich recht hatte. Und sie war zu alt, um noch an Märchen wie die Liebe auf den ersten Blick zu glauben.
Gedankenverloren spielte Raul mit einer von Libbys roten Locken. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich jemals mit dir langweilen könnte, cara . Du bist feurig, aufregend, sinnlich. Keine Frau hat mich bisher mehr in ihren Bann gezogen als du.“
Anfangs hatte er diese Ehe nur aus wirtschaftlichen und firmenpolitischen Gründen forcieren wollen, aber mittlerweile war sein ursprünglicher Plan enorm gewachsen. Seine Lust auf Libby war ein reizvoller Zusatzfaktor, der ihm sehr viel Freude bereiten würde. Dieser Umstand machte ihm die Entscheidung, sich für ein ganzes Leben zu binden, deutlich leichter.
„Zwei Wochen sind für uns beide eine viel zu lange Zeit“, flüsterte er, bevor er ihre Lippen mit einem verheißungsvollen Kuss eroberte. Erst sehr viel später löste er sich von ihr. „Nach dem Mittagessen fahre ich dich nach Rom, damit du
Weitere Kostenlose Bücher