Julia Extra Band 0330
später stellte sie den Teller mit dem Sandwich auf den Tisch und sah Nikos abwartend an.
„Kann ich davon vielleicht welche zum Nachtisch haben?“, fragte er und schielte zu ihren frisch gepflückten Erdbeeren hinüber.
Seufzend füllte Julie ein paar in eine flache Schale, und Nikos stellte das Geschirr auf ein kleines Tablett.
„Komm doch mit in den Garten, ich esse dort“, schlug er vor und griff nach einem der Küchenstühle, um ihn nach draußen zu tragen. „Und die Erdbeeren teilen wir brüderlich.“
Was soll dieser versöhnliche Ton? wunderte sich Julie. Merkt er denn nicht, dass er mich hier nur stört?
Damals war es unglaublich hart für sie gewesen, Nikos zu verlieren. Heute wusste sie natürlich, dass er niemals wirklich zu ihr gehört hatte. Darum verdrängte sie sofort jeden romantischen Gedanken, der diese Überzeugung torpedieren wollte, um sich selbst vor noch mehr Kummer zu schützen. Nur, wie sollte das klappen, wenn er sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufhielt?
Erschrocken stellte sie fest, dass Nikos es sich an dem kleinen provisorischen Gartentisch, der Julie in einem Abstellraum in die Hände gefallen war, bereits gemütlich gemacht hatte. Jackett und Krawatte hingen an seiner Stuhllehne, und das Hemd hatte er ein ganzes Stück weit aufgeknöpft. Julie schluckte und bekam fast augenblicklich Magenschmerzen.
Er sah so unbeschreiblich gut aus! Der weiße Baumwollstoff auf seiner mediterran getönten Haut, die feinen Haare … Sie konnte sich gar nicht sattsehen an seiner männlichen Erscheinung. In aller Ruhe ließ er beim Essen seinen Blick durch den Garten gleiten und betrachtete schließlich den kleinen Werkzeugstapel in der Ecke, in der sich Julie zuletzt aufgehalten hatte.
„Du musst das alles nicht machen“, sagte er mit halb vollem Mund.
Warum mühte sie sich bloß hier draußen ab? Das passte so gar nicht zu der Julie, die ihm in London wiederbegegnet war. Und jetzt sah man ihr die Spuren der körperlichen Arbeit deutlich an, wie Nikos mit einem Blick auf ihre geschundenen Finger feststellte.
„Ich habe doch schon gesagt, mir gefällt es“, entgegnete sie leicht ungeduldig. „Es entspannt mich.“
Nachdenklich betrachtete er sie, und ihm fiel auf, wie viel hübscher sie inzwischen aussah. Nicht nur wegen ihrer verwaschenen Kleider – die einen ganz besonderen Reiz auf ihn ausübten –, sondern weil ihre mädchenhafte Schönheit reifer und greifbarer geworden war.
Er wollte sie nicht weiter anstarren, ihre Vorzüge nicht wie ein hilfloser Bewunderer in sich aufnehmen, doch Nikos gelang es nicht, sich gegen das erwachende Verlangen zu wehren, das ihn bereits mit unerträglicher Hitze durchflutete.
Dabei war er doch ursprünglich hergekommen, um Julie unmissverständlich klarzumachen, dass er zwar ihre Schulden für sie begleichen, sie aber dennoch nicht finanziell in Watte packen würde. Das hatte er damals nicht gewollt, und er würde es auch heute nicht tun. Die zwei Wochen in dieser Ruine sollten ihr eigentlich eine Lehre sein, aber die junge Dame entspannte sich ja gern bei der Gartenarbeit. Damit konnte wirklich keiner rechnen!
Andererseits übte die Umgebung auch auf sein Gemüt ihren ganz eigenen Zauber aus, und wenn Nikos ehrlich war, konnte er Julies Begeisterung durchaus nachvollziehen. Der Großstadtstress und die beruflichen Sorgen fielen nach und nach von ihm ab, und er wurde aufmerksam und empfänglich für die warmen Sonnenstrahlen, den frischen, würzigen Duft der Pflanzen und das Summen der eifrigen Insekten. Vogelgezwitscher im Ohr und eine reife, süße Erdbeere auf der Zunge … wann hatte er sich zum letzten Mal in einem so himmlischen Moment verloren?
Seufzend streckte er die Beine vor sich aus. „Die sind sehr lecker. Sind die aus dem Beet dort drüben?“
„Ja. Man kann täglich welche ernten, aber zuerst musste ich sie von jeder Menge Unkraut befreien.“
„Das war es wert“, brummte Nikos und betrachtete einen kleinen Vogel, der geschäftig auf dem Haufen Gartenabfälle herumhüpfte, den Julie in einer Ecke aufgetürmt hatte. „Was ist das?“
„Ein Rotkehlchen. Es sucht in dem frischen Pflanzenschnitt nach Insekten. Jeden Tag wühlt es dort herum. Wahrscheinlich ist sein Nest ganz in der Nähe.“ Erfolglos bemühte Julie sich um einen neutralen Tonfall. Die Nervosität war ihr anzumerken, und es half nicht gerade, dass sie Nikos dabei beobachtete, wie er sich dunkelrote Erdbeeren zwischen seine schönen Lippen schob.
„Hat
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