Julia Extra Band 0330
sie dort Junge?“
„Er“, gab sie zurück. „Es ist ein Männchen.“
„Woher weißt du das?“
„Die tiefrote Brust. Sehr hübsch. Zieht die Weibchen an.“
Nikos lachte leise und warf ihr einen Seitenblick zu. Ein böser Fehler, wie sich herausstellte. Julie erwiderte seinen Blick, und es war, als würden sie beide magnetisch voneinander angezogen werden. Sie riss sich als Erste los und drehte schnell den Kopf zur Seite.
„Und wie sehen die Weibchen aus?“, erkundigte er sich mit rauer Stimme.
„Ziemlich langweilig. Braun, schlicht, schmucklos.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Witzig, dass es in der Tierwelt so ganz anders ist als bei den Menschen. Hier wirbt die Frau mit all ihren vielfältigen Reizen, während der Mann sich eintönig und unauffällig gibt.“
Ihre Augen wurden eine Nuance größer, aber sie ersparte sich eine Antwort. Stattdessen steckte sie sich eine weitere Erdbeere in den Mund.
„Also, was hältst du von dem Haus hier?“, wollte Nikos wissen.
„Wie bitte?“
Auch er griff nach den Beeren. „Du bist jetzt schon seit vier Tagen hier. Wie findest du es? Sicherlich hast du dich ein wenig umgesehen und nicht all die Stunden in diesem abgeschiedenen Garten verbracht. Und wer weiß? Wenn ich es restauriert und zum Hotel umgebaut habe, kehrst du vielleicht irgendwann einmal hier ein?“
Sein Vorschlag war leicht dahingesagt, doch im Geiste sah er Julie als Gast in diesen Räumen. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er ihr auf diese Weise zum ersten Mal begegnete? Ohne die zerstörerische Vergangenheit zwischen ihnen?
Immerhin gelang es ihr, ohne irgendwelchen Aufwand so hinreißend auszusehen, dass Nikos seinen Blick nicht mehr von ihr abwenden konnte. Außerdem dachte er pausenlos daran, ihr näher zu kommen, sie in seine Arme zu schließen, ihr die wilden Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen, ihren …
Sein Atem ging plötzlich stoßweise, und er stemmte sich energisch vom Stuhl hoch. Dann streckte er seine Hand nach Julie aus. „Komm! Sag mir, was du an diesem Ort magst, und was dir nicht so gut gefällt!“
Beinahe hätte sie dieses Angebot willenlos angenommen und ihre Hand in seine gelegt, aber der gesunde Menschenverstand hielt Julie zurück. Sie stand allein auf und wartete, bis Nikos mit einem Achselzucken voranging. Gemeinsam gingen sie um das Haus, und Julie stellte fest, dass Nikos heute das gleiche Auto fuhr wie an dem Tag, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
Die Erinnerung holte sie ein, doch Nikos erging es noch schlimmer. Seit Julie sich geweigert hatte, seine Hand zu nehmen, dachte er daran, wie ihre Finger miteinander verschlungen aussahen. Tiefbraune kräftige Finger und fast weiße, zarte … Julies elfenbeinfarbene Haut, ihre hellen Brüste und Schenkel, die sich im Bett an seinen Körper pressten, instinktiv, gierig, ohne Scheu oder Zurückhaltung.
Ruckartig drehte er den Kopf und sah Julie in die Augen. Sie sagte kein Wort, bis er schließlich den Kontakt abbrach und ein Stöhnen unterdrückte.
„Lass uns zuerst eine Grundstücksbegehung machen“, schlug er vor und wandte sich ab, damit sie ihm seine Erregung nicht anmerken konnte.
Zögernd folgte sie ihm, ließ sich aber in den darauffolgenden Minuten mehr und mehr durch ihre Umgebung ablenken. „Hier gibt es noch eine Menge zu tun“, hörte sie sich laut sagen, als wäre sie selbst mit von der Partie.
Er warf einen Blick über die Schulter. „Zu viel für dich allein, nehme ich an.“
Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme, und es berührte sie direkt im Herzen. Nein, bitte nicht!
„Dort auf der linken Seite gibt es einen kleinen See“, sagte sie eilig. „Soweit ich sehen konnte, enthält er nicht sehr viel Wasser und ist außerdem halb zugewuchert.“
„Den sehen wir uns mal an.“
Er schlug eine andere Richtung ein, und Julie folgte ihm. Im Hinterkopf wusste sie genau, wie unwirklich diese Situation war. Sie stromerte mit Nikos Kazandros durch eine verwilderte Gartenanlage und schmiedete Pläne, was man aus dem Grundstück alles machen könnte. Aber es fühlte sich einfach toll an!
„Du hast recht“, verkündete er. „Das ist ja kaum noch ein See. Aber eines Tages wird es wieder eine Quelle des Lebens sein.“ Mit glänzenden Augen drehte er sich zu ihr um. „Was meinst du? Habe ich gut daran getan, diesen Besitz zu kaufen?“
Humor wärmte seine Stimme, und für einen Moment war Julie davon zu fasziniert, um ihm gleich zu antworten. Ihr Herz schmerzte
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