Julia Extra Band 0331
bahnten sich Kunden ihren Weg, plauderten, prüften Waren. Alles schien in bester Ordnung.
Dabei brach gerade eine Welt zusammen.
Das kann nicht wahr sein.
„Warum erzählen Sie mir das alles?“, brachte sie endlich heraus. Armer Luc – diese Geschichte würde ihn umbringen, dachte sie gleichzeitig.
„Ihre überhebliche Art können Sie sich sparen“, zischte Domenico hasserfüllt. Dann hatte er sich wieder im Griff, und er verzog seinen Mund erneut zu einem unangenehmen Grinsen. „Schon morgen könnte dieser künstlerisch wirklich hervorragende Film auf allen Sendern laufen. Ihr Mann wäre über Nacht eine Berühmtheit.“ Er lachte schallend.
Was für ein elender Wicht.
„Was wollen Sie von mir?“ Es gelang ihr nicht mehr, höflich zu bleiben. Sie spuckte die Worte förmlich aus. Dabei ballte sie die Hände zu Fäusten, so stark, dass sich die Nägel in die Handballen drückten.
„Kommen Sie morgen wieder hierher“, befahl der Fotograf mit diebischer Freude. „Und bringen Sie zehntausend Pfund mit. Dann gehört das Videoband Ihnen.“ Mit drohendem Blick sah er sie an. „Behalten Sie unser kleines Geheimnis für sich, sonst ist der Film in Sekundenschnelle bei allen Fernsehstudios. Dann können Sie Ihren Mann im Fernsehen bewundern. Und, glauben Sie mir, wenn ich die Aufnahmen verkaufe, bekomme ich weit mehr Geld dafür. Klingt das nach einem fairen Handel?“
Stumm schaute Gabrielle ihn an. Sie fühlte sich hilflos und ausgeliefert.
Wieder lachte er. „Bis morgen, meine Teuerste“, sagte er.
Dann war er in der Menge verschwunden.
10. KAPITEL
„Du bist so still heute Abend“, bemerkte Luc, als sie das gemeinsame Dinner beendet hatten. Prüfend sah er sie an, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte.
Gabrielle senkte den Blick, denn sie ertrug es nicht, in seine dunklen Augen zu sehen und ihm nicht die Wahrheit sagen zu dürfen. Zweifellos würde er sofort erkennen, dass sie etwas vor ihm verbarg.
Als sie ihn unter gesenkten Lidern verstohlen musterte, entdeckte sie, dass sein Mund zu einem leichten Lächeln verzogen war. Er wirkte – sie dachte kurz darüber nach – herzlich. Ja, genau das war das passende Wort. Noch vor wenigen Wochen hätte sie jeden ausgelacht, der Luc Garnier so beschrieb.
Der prachtvolle Speisesaal des Londoner „Ritz“ schien zu verblassen, sobald sie Luc in die Augen sah. Verwirrt fragte sie sich, ob diese Wirkung für immer anhalten würde. Er war der Mittelpunkt ihres Lebens, neben ihm wurde alles unwichtig und farblos.
Und sie ahnte, dass sich dieser Zustand nicht ändern würde. Nach wie vor faszinierte Luc Garnier sie auf unbeschreibliche Weise.
„Ich vermisse das schöne Wetter Kaliforniens, mir fehlt die Sonne“, erklärte sie, bemüht um einen lockeren Plauderton. „Obwohl dieser Raum eine echte Entschädigung ist, nicht wahr?“ Mit einer ausschweifenden Handbewegung zeigte sie auf die glitzernden Kronleuchter und die üppige Ausstattung des wunderschönen Saales. Es war, als läge ein goldener Schimmer über dem gesamten Restaurant. „Das Licht ist fast so wie der Schein der untergehenden Sonne“, schwärmte Gabrielle.
Sie wusste, dass sie offen mit ihm über die Erpressung hätte sprechen können. Und sie hätte es längst tun müssen. Nachdem dieser widerliche Paparazzo gegangen war, hätte sie ihn sofort anrufen sollen. Oder spätestens, als sie sich zum Dinner umgekleidet hatten und er sie bat, das freizügigere schwarze Abendkleid anzuziehen statt des strengen und unauffälligen Kleides, das sie gewählt hatte. Es hatte unzählige Gelegenheiten gegeben, mit ihm zu reden, während sie von ihrem Haus in Belgravia zum Ritz gefahren waren. Stattdessen hatte sie ihn gefragt, wie sein Tag verlaufen sei und ihn mit kleinen Anekdoten unterhalten. Doch selbst als sie sich an zwei aufdringlichen Fotografen vorbeischleichen mussten, hatte sie Silvio Domenico mit keiner Silbe erwähnt.
Unzählige Male hatte sie einen Versuch unternommen, doch sie brachte kein Wort zur Schilderung dieses Zusammentreffens über die Lippen. Denn sie wusste, dass es Luc schwer treffen würde, davon zu erfahren. Wie sollte sie ihm erklären, dass seine schlimmsten Befürchtungen Wirklichkeit geworden waren? Wenn sie nicht tat, was Domenico von ihr verlangte, würde Luc schon übermorgen von der Presse in der Luft zerrissen werden.
Mehr und mehr wurde Gabrielle klar, dass sie Luc schützen wollte. Sie fürchtete ihren Mann nicht mehr, sondern wollte drohendes
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