Julia Extra Band 0331
Mädchen geträumt hatte und der jetzt für Gastronomiezeitschriften fotografiert wurde.
Genau dieser Brad Cameron stand nun vor ihr, hier in der kleinen Küche ihrer Tante.
Und Sienna trug seine Fleecejacke und trank seinen Tee.
Wie war das passiert?
Es war, als wären die letzten zwölf Jahre ihres Lebens ein absurder Traum gewesen und sie wäre wieder eine schüchterne, von Ehrfurcht ergriffene Sechzehnjährige.
Dann streckte er sich, um ihre Reisetasche auf einen Barhocker zu wuchten und die Popmusik leiser zu stellen, und Sienna konnte ausgiebig bewundern, wie sich das abgetragene graue T-Shirt über seiner muskulösen Brust und den breiten Schultern spannte.
Aus dem mageren Jungen war ein Mann geworden, der aussah, als hätte er seine Zeit in Australien am Strand verbracht. Oder mit Surfen. Dieses Foto von ihm als Küchenchef im Kilt hatte zweifellos nicht retuschiert werden müssen!
Eine Schande, dass die alten Teenagergefühle heiß in ihren Adern aufflammten, als sie im Geiste plötzlich den sonnengebräunten Brad in Surfershorts vor sich sah. Vielleicht hatte sie sich nicht so stark verändert, wie sie glaubte?
Oh nein. Nicht jetzt. Nicht zusätzlich zu der Neuigkeit über Angelo. Zwei Männer. Beide Küchenchefs. Sie war dem Untergang geweiht.
Sienna stöhnte leise. Allmählich kam ihr alles wie eine Verschwörung vor.
„Das mit deinen hübschen Schuhen tut mir leid! Ich habe wegen der lauten Musik leider die Türklingel überhört.“
Nanu! Der Teenager Brad hatte am Esstisch der Rossis höchstens ein paar Worte herausgebracht, und das auch nur, wenn ihre Tante Maria ihn zum Reden gebracht hatte. Jetzt achtete er auf ihre Schuhe!
Sienna blickte hinunter auf ihre nassen Füße und quietschte mit den Zehen in den durchweichten Dingern, die einmal Designerpumps gewesen waren. Nun gehörten sie in den Mülleimer. Genau in diesem Moment fiel es ihr ein. Sie hatte es so eilig gehabt, aus Greystone wegzukommen, dass sie nicht daran gedacht hatte, Ersatzschuhe einzupacken.
Keine anderen Schuhe. Nicht einmal Pantöffelchen.
Sie war kurz davor, wieder zu weinen. Aus Selbstmitleid diesmal.
Das kam dabei heraus, wenn man wegen Kochkünstlern alles stehen und liegen ließ! Nachdem sie erst das Foto von Brad Cameron in dieser Zeitschrift gesehen hatte und dann Angelo Peruzi als neuer Chefkoch angekündigt worden war, hatte sie offenbar keinen klaren Gedanken mehr fassen können.
Als Brad wieder die Fliesen um sie herum zu feudeln begann, hob Sienna die Füße auf die Querleiste des Stuhls.
„Danke. Es waren hübsche Schuhe.“ Sienna musterte sein kurz geschnittenes blondes Haar, das sonnengebräunte Gesicht und die muskulösen Arme und war vorübergehend abgelenkt. „Ich bin überrascht, dich hier zu sehen, Brad. Bei meinem letzten Gespräch mit Maria warst du in Australien.“
Er ließ ein umwerfendes Lächeln aufblitzen, und erstaunt bemerkte sie, dass sie Herzklopfen bekam.
Auweia.
In Wirklichkeit sah Brad Cameron noch besser aus als auf dem Traummann-Foto, selbst in Jeans, die schon mal sauberer und trockener gewesen waren.
„Du hast Überraschungen nie gemocht. Manche Dinge haben sich offenbar nicht geändert.“ Er lehnte sich an die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme. „Deine Tante Maria hat mir einen Job angeboten. Ich darf hier aufwischen, während sie Urlaub in Spanien macht. Schwer, solch eine Gelegenheit abzulehnen. Ich bin ins erste Flugzeug zurück nach London gesprungen!“
Seine Mundwinkel zuckten.
Er zieht mich auf, dachte Sienna empört.
Sie war durchnässt, müde und deprimiert.
Und ihre Tante war im Urlaub.
Plötzlich hatte Sienna das Gefühl, dass die ganze Welt sie im Stich gelassen hatte.
Und Brad Cameron zog sie auf. Natürlich hoffte er auf eine Reaktion. Tja, das Spiel konnte sie ebenso gut spielen. Sie musste nur ihren Verstand dazu bringen, wieder zu funktionieren. Doch das war gar nicht so einfach in dieser Situation. Ihre Füße fühlten sich klamm und kalt an.
Zumindest war es in der Küche einigermaßen warm. Wenn auch nass. Sehr nass.
Erst jetzt bemerkte Sienna, dass der ganze Fliesenboden vor Nässe glänzte und in den Ecken Pfützen standen.
Brad hatte nicht sauber gemacht. Er war dabei gewesen, eine größere Überschwemmung zu beseitigen. Das erklärte, warum er den Eimer in den Hof ausgeleert hatte. Und warum seine Hose bis zu den Knien durchweicht war.
„Ist die Gefriertruhe abgetaut?“
„Nein. Ich habe hier eine junge Frau
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