Julia Extra Band 0331
soll mich um meine eigenen Dinge kümmern, wenn du willst.“
„Keineswegs.“ Brad trocknete sich die Hände ab und setzte sich auf einen Barhocker. „Aber zuerst möchte ich dich etwas fragen. Hast du einen besten Freund oder eine beste Freundin? Einen Menschen, mit dem du jederzeit, Tag und Nacht, über alles reden kannst?“
„Ja, habe ich. Carla ist die Empfangsdame im Greystone. Wir haben uns an unserem ersten Tag auf dem College kennengelernt. Warum?“
„Vor zehn Jahren kam ich nach Paris. Ich hatte einen Fetzen Papier, auf dem die Adresse eines Restaurants stand, ich konnte vier Worte Französisch und schlitterte unsicher über das gesellschaftliche Parkett. Aber ich brannte vor Ehrgeiz und war bereit, die Hänseleien meiner französischen Kollegen zu ertragen, um mich beruflich durchzusetzen. In dem Hotelrestaurant arbeitete ein einziger anderer Engländer. Chris. Oh, entschuldige bitte. Der Ehrenwerte Christopher Donald Hampton Fraser.“
Brad stand auf und verbeugte sich. „Chris war direkt von einer vornehmen Wirtschaftshochschule gekommen und sollte bei der Hotelkette eine steile Karriere machen. Irgendein Witzbold im Restaurant fand es lustig, den schäbig gekleideten, mürrischen Küchengehilfe zusammen mit dem gepflegten, eleganten Typ, der fließend Französisch sprach, in eine winzige Wohnung zu stecken und zu beobachten, wie die Fetzen fliegen.“
Lächelnd setzte sich Brad wieder hin. „Es waren die schönsten zwei Jahren unseres Lebens. Nie habe ich härter gearbeitet und so viel Spaß gehabt wie in dieser Zeit.“
„Ihr habt euch also doch nicht gegenseitig umgebracht.“
„Oh, ich wollte Chris umbringen. Er hat alle meine Kleidungsstücke in die Mülltonne geworfen und mir den Pferdeschwanz abgeschnitten, während ich geschlafen habe.“
„Nein!“, rief Sienna.
„Ein Cameron und ein Fraser im selben Zimmer. Beide in Schottland geboren! Das musste Ärger geben. An meinem ersten freien Abend wollte ich nur früh ins Bett. Aber Chris hat mich dazu gebracht, mehrere Flaschen Wein mit ihm zu teilen. Stunden später sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ich ein junger, ungebildeter, armer Versager bin und er ein älterer, klügerer und reicherer Versager ist und dass wir zusammen die Welt erobern würden.“
„Habt ihr einen Masterplan ausgeheckt?“
„Ja. Ich sollte der charismatische Promikoch werden, der die Gäste anlockt. Chris wollte sich ums Geschäftliche kümmern und das Geld zählen. Bis auf einige Nebensächlichkeiten war es ein hervorragender Plan.“
Fragend zog Sienna die Augenbrauen hoch.
„Ich war nicht charismatisch, sondern ruhig, in mich gekehrt, verbittert und wütend auf alles und jeden. Und ich hatte null Selbstvertrauen. Abgesehen von diesen kleinen Problemen konnten wir nicht verlieren!“
„Wie hast du es geschafft? Ich meine, ‚Küchenchefs in Kilts‘? Das ist ja nun nicht gerade etwas für einen Mann ohne Selbstvertrauen.“
Brad zuckte zusammen. „Du hast das Foto gesehen. Habe ich schon erwähnt, dass Chris auch mein Manager und Werbeagent ist? Von keinem anderen hätte ich mich überreden lassen, das typische Karomuster des Cameron-Clans zu tragen!“
„Manager … Werbeagent … Aha. Er versteht etwas davon. Der ‚Traummann des Monats‘ ist bei den weiblichen Angestellten im Greystone Manor sehr beliebt.“
„Hat man mich wirklich so genannt?“
Bedächtig nickte Sienna und amüsierte sich einen Moment lang köstlich darüber, dass Brad sichtlich verlegen wurde. Dann beruhigte sie ihn lächelnd. „Du bist viel mutiger als ich. Ob ich Chris mal bitte, mir einige Tipps zu geben, wie man Leute beeinflusst?“
„Die kann ich dir auch geben. Denn ich habe ihn dazu überredet, seine gesamten Ersparnisse in ein Gemeinschaftsunternehmen zu investieren. Nämlich in das Restaurant, von dem wir vor all den Jahren in Paris geträumt haben. Tja, in ein paar Wochen wird dieser Traum eröffnet. Als ich keine Lust mehr hatte, den Chefkoch für andere zu spielen, war Chris nicht der Erste, den ich angerufen habe. Er war der Einzige, den ich angerufen habe.“
„Das nennt man wohl Vertrauen.“
„Welches auf Gegenseitigkeit beruht“, ergänzte Brad mit einem Zwinkern. „Ich habe meinen gesamten Besitz in Adelaide verkauft, um meinen Anteil an dem Grundstück zu leisten. Chris setzt für unser Unternehmen alles ein, was er hat. Wir gehen beide ein großes Risiko ein.“
„Aber wie hast du es denn nun geschafft, vom Küchengehilfen zum
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