Julia Extra Band 0331

fürchtete, er sei zu weit gegangen. Er musste Sienna Zeit lassen, spürte er. So schwer es ihm auch fiel. Nur dann hatte er ein Chance, an ihrem Leben teilhaben zu dürfen.
    Mühsam unterdrückte er seine Enttäuschung. „Es ist ein anstrengender Tag gewesen, und morgen werden die Küchenschränke aufgefüllt. Außerdem werde ich dich über deinen tollen neuen Job ausquetschen. Wie hört sich das an?“
    „Tja, das ist etwas, worauf man sich freuen kann. Gute Nacht, Brad. Schlaf gut.“
    „Gute Nacht, Schatz.“
    Schon im Hinausgehen, drehte sich Sienna noch einmal zu ihm um und blickte ihn an.
    Für Brad fühlte es sich an, als hätte sich eine inneres Tor geöffnet. Eines, das viel zu viele Jahre fest verschlossen gewesen war. Daran hing ein Schild, auf dem stand: „Wertlos. Der Liebe einer wunderbaren Frau nicht würdig.“
    Dieses Tor hatte es ihm unmöglich gemacht, Lili zu sagen, dass er sie liebte. Der Schlüssel im Schloss hatte sich jedes Mal umgedreht, wenn Brad gesehen hatte, wie glücklich sie mit Chris war. Die Kette war an dem Tag dazugekommen, an dem seine Mutter an einem Schlaganfall gestorben war, nur wenige Monate, bevor Brad zum Chefkoch befördert worden war. Sie hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, bei einer Preisverleihung neben ihm zu stehen.
    Mit diesem Schloss und der Kette hatte Brad seine Gefühle vor dem vernichtenden Verlustschmerz geschützt. Er hatte sie einfach weggesperrt. Doch dieses Tor stand jetzt offen.
    Nun stand Brad schweigend da, und ihm stockte der Atem, als Sienna hilflos versuchte zu lächeln. In ihren schönen braunen Augen schimmerten Tränen. Es quälte ihn, sie so leiden zu sehen.
    Er konnte aus ihrem Gesicht lesen wie aus einem Buch. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, die Wangen gerötet, als hätten Sienna und er gerade die Nacht zusammen verbracht.
    Voller Zärtlichkeit und Liebe, ging Brad auf Sienna zu, doch sie schüttelte den Kopf, drehte sich um und schlüpfte aus dem Zimmer.
    Brad blieb allein zurück, schwindlig von dem Aufruhr in seinem Herzen.
    Noch vor wenigen Tagen hatte er sein neues Restaurant für das größte Abenteuer seines Lebens gehalten. Tja, er hatte sich geirrt. Den Wirbelwind Sienna Rossi für sich zu gewinnen bedeutete ihm mehr.
    Ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte, wäre eines der größten Risiken, die er jemals eingegangen war. Dass Sienna ihn mochte, wusste Brad. Nun musste er beweisen, dass er es wert war, ihr Glück mit ihm zu versuchen.
    Er hatte schon Lili verloren.
    Aber Sienna würde er nicht verlieren. Nein, das durfte nicht geschehen. Niemals. Er musste eine Lösung finden, und zwar schnell.
    Sie brauchte und wollte keinen Mann, der ihr das Ruder aus der Hand nahm. Das hatte sie ihm klargemacht. Und inzwischen verstand Brad, warum!
    Sie wollte unabhängig sein. Aber war das wirklich nur im Greystone Manor möglich? Gab es nicht noch eine Alternative? Schließlich hatte sie die Trattoria Rossi in ein perfektes kleines Lokal verwandelt. Jede Familie würde gern darin essen …
    Das perfekte familienfreundliche Restaurant. War es möglich?
    Brad schnipste sein Handy auf und rief seinen Freund an.
    „Hallo, Chris. Wie geht’s? Ja, ich habe es Sienna ausgerichtet. Sie ist okay. Hör zu. Kannst du heute Abend rüberkommen? Ich möchte eine verrückte Geschäftsidee mit dir besprechen, die dich interessieren dürfte.“

14. KAPITEL
    „Hallo, Carla. Ja, mir geht’s gut. Wie sieht es im Manor aus? Ja. Tut mir leid, dass ich so plötzlich wegfahren musste. Welches ist der günstigste Zeitpunkt, wenn ich vermeiden will …? Er ist was? Weißt du, wann?“
    Sienna kniff sich so fest in die Nase, dass es schmerzte. „Nein. Natürlich verstehe ich das. Patrick ist noch immer der Boss. Danke, dass du mir Bescheid sagst. Ich rede später mit dir.“
    Bevor Carla antworten konnte, warf Sienna den Hörer zurück auf die Gabel.
    „Muss der überall mitmischen, dieser …!“
    Um sich zu beruhigen, drückte sie die Hände auf den Flurtisch und atmete tief durch.
    „Nicht zu fassen!“
    Im Wohnzimmer, wo Brad einige seiner eigenen Kochtöpfe auspackte, raschelte Papier. Im nächsten Moment tauchte er an der Tür auf.
    Und Sienna staunte über sein Talent, sie mit einem einzigen Blick zu besänftigen.
    „Gab es Ärger? Wo brennt’s?“
    „Patrick. Der Hoteldirektor. Er hat eine Zusammenkunft der Planungsgruppe für das neue Restaurant organisiert. Anscheinend ist Angelo nur für ein paar Tage in London, bevor er zurück nach