Julia Extra Band 0331
es natürlich nie aufnehmen können, aber ich bin ja auch nicht so … kompromisslos wie du.“
Rodrigo schenkte ihr ein raubtierhaftes Lächeln. „Das bin ich, querida , und zwar in jeder Hinsicht, wie du dich vielleicht erinnerst.“
Brennende Röte schoss Jenny in die Wangen. Um ihm nicht länger in die Augen sehen zu müssen, wandte sie sich ihrem Tee zu, den sie so hastig austrank, dass sie sich um ein Haar den Mund verbrannt hätte. Als sie ihm die Tasse zurückreichte, bebte ihre Hand unübersehbar.
„Danke“, murmelte sie. „Der Tee war genau so, wie ich ihn mag.“
Er deutete eine ironische Verbeugung an. „ Muchas gracias, señorita. Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen zu Diensten zu sein.“
„Ich werde dich natürlich für deine Hilfe bezahlen.“
„Wie bitte?“ Die leere Teetasse noch in der Hand, verharrte Rodrigo mitten in der Bewegung.
„Sieh mich nicht so entsetzt an“, begehrte Jenny auf. „Es ist nur fair. Schließlich hast du viel Arbeit geleistet, nachdem du meinetwegen zwei Mal einen wichtigen Termin verschieben musstest.“
„Das ist doch dummes Zeug. Du wirst nichts dergleichen tun.“ Ein wenig zu heftig stellte er die Tasse aufs Tablett zurück. „Übrigens mache ich uns zum Mittagessen einen Gemüseeintopf. Dein Fieber ist sichtlich heruntergegangen, und du brauchst jetzt nahrhaftes Essen, um wieder zu Kräften zu kommen.“
„Im Moment mag ich nicht mal an Essen denken …“ Sie schloss die Augen und rieb sich mit beiden Händen die Schläfen. „Ich möchte wirklich nicht undankbar erscheinen, aber …“
„Was ist denn, querida ? Tut dir etwas weh?“ Der Ärger über ihr absurdes Angebot, ihn wie einen Hausangestellten zu bezahlen, war augenblicklich vergessen, als er Jennys kreidebleiches Gesicht sah.
Sie ließ die Hände sinken und rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Ich weiß auch nicht, was los ist. Mein Kopf fühlt sich auf einmal an, als würde die Schlacht von Waterloo darin toben. Gerade eben ging es mir noch ganz gut, aber plötzlich ist es wieder schlimmer geworden. Würdest du es mir übel nehmen, wenn ich mich wieder hinlege und die Augen zumache?“
„Natürlich nicht. Ich lasse dich jetzt in Ruhe und sehe später nach dir, einverstanden?“ Er strich ihr zärtlich über die blonden Locken, bevor er das Tablett nahm und damit zur Tür ging. Als er sich noch einmal zu ihr umdrehte, hatte sie sich bereits in die Decke gekuschelt und wie ein Igel zusammengerollt.
„Ruh dich aus, querida mía “, murmelte er. Dann ging er leise hinaus, obwohl er gern noch eine Weile dort gestanden und sie einfach nur angesehen hätte.
Während der folgenden drei Tage ging es Jenny mehr als ein Mal durch den Kopf, wie angenehm es doch wäre, einfach ins Jenseits hinüberzugleiten und alles hinter sich zu lassen. Noch nie in ihrem Leben war sie so krank gewesen. Selbst die kleinste Bewegung war unendlich anstrengend.
Während sie apathisch vor sich hindämmerte, hörte sie Rodrigo im Haus herumwerkeln. Einmal stand ein elegant gekleideter Mann an ihrem Bett und schob ihr ein Fieberthermometer unter die Achseln. Danach verließ Rodrigo kaum noch ihr Zimmer. Wann immer sie die Augen öffnete, saß er in dem Rattanstuhl neben ihrem Bett und las oder tippte etwas in seinen Laptop. Einige Male bekam sie mit, dass er telefonierte.
Am vierten Tag war Jenny beim Aufwachen zum ersten Mal nicht nach Sterben zumute. Stattdessen sehnte sie sich nach einem Bad. Außerdem musste sie sich dringend die Zähne putzen. Es war kurz nach acht, und der Stuhl neben ihrem Bett war leer. Sie verspürte ein unangenehmes Ziehen im Bauch und erkannte, dass sie sich schon viel zu sehr an Rodrigos ständige Gegenwart gewöhnt hatte. Entschlossen schwang sie die Beine aus dem Bett und stand auf.
Sofort begann sich der Raum wie ein Karussell zu drehen.
„Darf ich fragen, was das werden soll?“
Entkräftet sank Jenny auf die Bettkante zurück und atmete tief durch, um das Flimmern vor ihren Augen zu vertreiben. „Wenn ich nicht sofort ein Bad nehme, bin ich ein Fall fürs Gesundheitsamt“, jammerte sie.
Mit wenigen Schritten war Rodrigo bei ihr und hockte sich vor sie hin. Sein weißes, lässig aufgekrempeltes Hemd knisterte vor Sauberkeit, und er roch einfach himmlisch, was Jenny ihren eigenen Zustand umso unangenehmer bewusst machte.
„Soll ich dir nicht lieber eine Schüssel mit warmem Wasser bringen, damit du dich im Bett waschen kannst?“, schlug er vor.
„Mit dir als
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