Julia Extra Band 0331
mich übrig bleibt.“ Langsam bewegte er Jennys Hand zu seinen Lippen und hauchte einen zarten Kuss in die Mitte ihrer Handfläche.
Sie lachte nervös und zog ihre Hand zurück, um sie sofort wieder in Cozettes flauschigem Fell zu vergraben. „Offenbar hat dir der Ausstieg aus deiner täglichen Routine den Verstand vernebelt“, witzelte sie, während ihr das Herz so heftig gegen die Rippen schlug, dass sie sicher war, er müsse es hören.
„Außerdem haben deine Freunde bestimmt schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben …“ Ihre Finger glitten ruhelos über Cozettes Rücken, während sie fortfuhr zu reden, als hinge ihr Leben davon ab. „Ehrlich gesagt, habe ich ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil ich durch meine dumme Krankheit deine ganzen Termine durcheinandergebracht habe, aber ich konnte ja nicht ahnen …“
„Schon gut, Jenny, es ist in Ordnung.“ Rodrigo hob sanft ihr Kinn an und sah ihr ernst in die Augen. „Du bist ja schließlich nicht absichtlich krank geworden. Außerdem habe ich meine Arbeit im Griff, und es wird auch niemand eine Vermisstenanzeige aufgeben. Da du meinen Lebensstil kennst, solltest du eigentlich wissen, dass ich viel zu oft unterwegs bin, um enge Freundschaften aufzubauen.“ Er strich ihr noch einmal kurz über die Wange, bevor er sich wieder aufrichtete.
„Es ist nicht gut, sich von allen sozialen Kontakten abzuschotten, Rodrigo.“
Seine markanten Züge verschlossen sich. „Glaub mir, mein Leben gefällt mir genau so, wie es ist.“
„Wirklich?“ Es schmerzte Jenny, das zu hören. „Fühlst du dich denn nicht manchmal einsam? Immer unterwegs und nie jemandem wirklich nah sein … Das muss doch …“
„Ich habe festgestellt, dass mein Leben am besten funktioniert, wenn ich etwas Distanz halte“, schnitt er ihr ungeduldig das Wort ab. „Meine Arbeit ist mein Leben, keiner weiß das besser als du. Und jetzt muss ich einige dringende Anrufe erledigen. Kommst du für eine Weile allein klar?“
„Natürlich, es geht mir bestens.“
Innerhalb von Sekunden hatte Rodrigo sich wieder in den kühlen, viel beschäftigen Unternehmer zurückverwandelt, den sie nur zu gut kannte. Es war keine große Überraschung, aber dennoch tat es Jenny unendlich weh.
Schon fast an der Tür, blieb er noch einmal unschlüssig stehen. „Cozette wird dir sicher gern Gesellschaft leisten, bis ich …“
„Ich sagte doch, es geht mir gut!“, fuhr sie ihn gereizt an. „Geh einfach und mach dir über mich keine Gedanken.“
„Ich gehe, weil ich zu tun habe, aber ich werde mir durchaus weiter Gedanken über dich machen, Jenny Wren.“
Sein unerwartet weicher Tonfall machte sie nur noch wütender. „Verschwinde einfach!“, zischte sie ungehalten.
„Okay, okay, ich bin schon weg.“ Er hatte tatsächlich die Dreistigkeit, auch noch über sie zu grinsen. Mit beschwichtigend erhobenen Händen bewegte er sich rückwärts aus dem Raum und schloss behutsam die Tür hinter sich.
Sobald sie allein war, ließ Jenny ihren Tränen freien Lauf. Es waren Tränen des Zorns, der Hilflosigkeit und der Trauer. Was ist eigentlich los mit dir, fragte sie sich entnervt. Du hast doch gewusst, dass dieser Zustand nicht ewig dauern wird. Du bist seit zwei Jahren von Rodrigo geschieden. Akzeptier es endlich, und lebe dein Leben weiter, als wäre er nie hier aufgetaucht.
Sie hielt ihre rechte Hand vor ihr Gesicht und starrte auf die Stelle, die Rodrigos Lippen so innig berührt hatten, und die noch immer wie Feuer brannte. War es ihm wirklich ernst damit gewesen, dass er niemanden an seiner Seite brauchte?
Nach dem Mittagessen zog Rodrigo sich erneut auf sein Zimmer zurück, da er den Eindruck hatte, dass Jenny nicht in der Stimmung war, sich zu unterhalten.
Er erledigte längst überfälligen Papierkram und telefonierte danach fast zwei Stunden mit dem Baustellenleiter in Penzance, den er am Vormittag nicht erreicht hatte. Die Arbeiten dort waren schon vor seiner Ankunft in Cornwall hinter dem Zeitplan zurückgeblieben, was auch der Grund für seine Reise hierher gewesen war. Und dann hatte das Unwetter alles noch verschlimmert.
Da Rodrigo die dringend nötige Besprechung wegen Jennys Krankheit nicht wie geplant vor Ort durchführen konnte, ließ er sich nun telefonisch über die Lage ins Bild setzen und gab detaillierte Anweisungen für das weitere Vorgehen. Als er das Gespräch beendete, hatte seine düstere Stimmung sich deutlich verbessert. Der Bauleiter war kompetent und kooperativ, und
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