Julia Extra Band 0331
Grund, warum sie so gern unterrichtete: Sie liebte es, viele Kinder um sich zu haben.
Vielleicht dachte Alekos genauso.
Kelly zog die Stirn kraus. Es stimmte schon, dass Alekos mit den Kindern in ihrer Klasse wie mit den Managern in seinen Vorstandssitzungen gesprochen hatte. Aber das lag wohl daran, dass ihm die Übung fehlte. Er war Grieche, die „Familie“ musste ihm im Blut liegen.
Vielleicht bestand ja doch Hoffnung, dass sie es zusammen schafften.
Sie mussten es zumindest versuchen. Wie sollte sie ihrem Kind sonst jemals ins Gesicht sehen?
Die Limousine bog in einen Innenhof mit einem gewaltigen Springbrunnen ein. Kelly schluckte. Als sie Alekos’ Villa auf Korfu zum ersten Mal gesehen hatte, war sie völlig überrumpelt gewesen. Da sie selbst in einem kleinen Haus aufgewachsen war, schüchterten sie die Größe und der Luxus ein.
So ging es ihr auch heute.
Sie ermahnte sich, ihre Sachen ja nicht in seiner aufgeräumten Villa herumliegen zu lassen, und stieg aus dem Wagen.
„Mr Zagorakis hat mir aufgetragen, Ihnen auszurichten, dass er noch eine Telefonkonferenz führt. In fünf Minuten kommt er zu Ihnen auf die Terrasse. Ein Mädchen wird sich in der Zwischenzeit um Ihren Koffer kümmern.“ Jannis ließ sie eintreten. Kelly sah sich in der Eingangshalle um. Wie vor vier Jahren verschlug es ihr die Sprache.
Der Boden bestand aus poliertem Marmor, und Kelly war erleichtert, dass sie die Schuhe von Christian Louboutin nicht angezogen hatte. Todesursache: Stöckelschuhe, dachte sie.
Sie betrachtete die sündhaft teuren Antiquitäten und hielt die Arme dicht am Körper aus Angst, sie könnte gegen eine der Figuren stoßen und sie zerbrechen. Alles stand an seinem Platz. Hier lagen keine Zeitschriften, ungeöffneten Briefe, Werbezettel für Pizzadienste oder halb vollen Teebecher herum.
Kelly fühlte sich wie in einem Museum und war erleichtert, als Jannis sie durch einen Bogengang auf die Terrasse führte. Ganz gleich, wie oft sie den Ausblick von der Terrasse sah, er machte sie jedes Mal sprachlos.
Ein wunderschöner Garten zog sich bis zum Abhang hin, leuchtend pinkfarbene Oleanderbäume und Bougainvilleen säumten den Weg hinunter bis zur sanft geschwungenen Bucht mit dem Privatstrand.
Kelly blinzelte gegen die helle Mittagssonne an und sah eine Jacht über das türkisfarbene Meer gleiten. Sie konnte es kaum fassen: Gestern war sie in Little Molting aufgewacht, jetzt war sie auf Korfu, und die Sonne schien ihr ins Gesicht.
Sie spürte einen Kloß im Hals.
An diesem herrlichen Strand hatte sie ihre Träume zurückgelassen.
„Hattest du eine angenehme Reise?“ Alekos’ Stimme klang tief und rau. Kelly erstarrte. Eine Welle sexueller Erregung schoss durch ihren Körper. Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, als sie sich zu ihm drehte.
Die Luft war elektrisch geladen. Hätte einer von beiden den anderen berührt, hätte das Schicksal seinen Lauf genommen. Das gefährliche Glitzern in seinen Augen verriet alles. Kelly spürte, wie das Verlangen von ihr Besitz ergriff.
Plötzlich wünschte sie, es wären noch andere Menschen anwesend. Jemand, der das Feuer erstickte, das sie beide zu verzehren drohte.
Sie wollte das nicht, sondern ihren Verstand benutzen.
Kelly nahm sich vor, dass es nicht wie beim letzten Mal enden würde.
„Die Reise war angenehm. Ich bin noch nie in einem Privatflugzeug geflogen. Es war, ähm, sehr privat.“ Ihre eigenen Worte ließen sie zusammenzucken. Um Gottes Willen, Kelly, sag etwas Intelligentes . „Wenn ich ehrlich bin, fühlte ich mich ein bisschen seltsam.“
Fragend zog Alekos eine Augenbraue hoch. „Seltsam?“
Kelly zuckte verlegen die Schultern. „Ein bisschen einsam. Deine Stewardess war nicht gerade gesprächig.“
Ein Lächeln umspielte seinen Mund. Es war derselbe sinnliche Mund, der eine Frau um den Verstand bringen konnte. „Sie wird nicht fürs Reden bezahlt. Sie wird bezahlt, um dir jeden Wunsch zu erfüllen.“
„Ich hätte mich gern unterhalten.“
Alekos atmete tief ein. „Ich werde dafür sorgen, dass man ihr aufträgt, ähm, gesprächiger zu sein.“
„Nein, lass es bitte. Ich will nicht, dass sie Ärger bekommt. Ich meinte nur, dass es nicht so amüsant war, wie ich dachte. Was soll man mit einem Privatflugzeug, wenn niemand dabei ist, mit dem man lachen kann?“
Er sah sie ungläubig an. Offenbar hatte er darüber noch nie nachgedacht. „Der Vorteil ist“, sagte er gedehnt, „dass man genug Platz und Ruhe
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