Julia Extra Band 0332
ihren eigenen Ohren.
„Ganz einfach. Das Vergnügen deiner Gesellschaft.“ Sein Blick durchbohrte sie – dunkel, geheimnisvoll. „Ab und zu speist sie mit ein paar engen Freundinnen, und ich stelle mir vor, dass sie sich speziell bei diesen Gelegenheiten freuen würde, wenn du dabei wärst.“
Keine schwierige Aufgabe. Sie hielt seinem Blick stand, wenngleich sie sich gewünscht hätte, sich deswegen nicht so anstrengen zu müssen. „Ich werde Teresa gern unterstützen, wann immer sie meine Anwesenheit benötigt.“
Teresa genoss bei Gianna allerhöchstes Ansehen. Der einzige Stolperstein war Raúl. Die Zeit mit ihm würde schwierig werden, um es vorsichtig auszudrücken.
Doch ein paar Wochen waren schließlich keine Ewigkeit, überlegte sie. Oberstes Gebot würde sein, Teresas Wunsch zu erfüllen, sich persönlich von ihr zu verabschieden.
Während sie diesen Gedanken nachhing, merkte sie gar nicht, wie köstlich das Essen war, das sie in kleinen Bissen zu sich nahm.
Bald würden sie fertig sein, und sie konnte sich verabschieden.
Doch ganz so einfach war es nicht.
Nichts, was den Mann betraf, der ihr gegenübersaß, konnte als einfach bezeichnet werden. Denn wie war es sonst möglich, dass sie sich in so einem Gefühlsaufruhr befand, während sie sich doch geschworen hatte, ihn zu hassen?
Es ergab keinen Sinn.
Und nun? spottete eine Stimme in ihrem Inneren. Warum Zeit und Energie verschwenden, um das Unmögliche zu lösen?
Raúl speiste mit sichtlichem Appetit, und sie ärgerte sich darüber, dass er so gelassen sein konnte, während sie von einem unkontrollierbaren Sog der Gefühle mitgerissen wurde.
„Vielleicht möchtest du mich ja darüber aufklären, was du in den letzten drei Jahren so alles angestellt hast?“, meinte sie zu ihm.
„Und was im Speziellen möchtest du wissen?“
„Unbedeutende persönliche Details.“
„Als da wären?“
Nun sag es schon ! „Zum Beispiel wer deine aktuelle Geliebte ist.“
Sie konnte einen Muskel an seinem Kinn zucken sehen, während sein Blick sich verdüsterte. „Möchtest du alte Wunden aufreißen?“
„Eigentlich nicht.“ Erstaunlich, wie weh das noch immer tat. „Aber ich finde, es ist nicht mehr als recht und billig, zu fragen, ob ich einer Frau begegnen werde, die eine wichtige Rolle in deinem Leben spielt.“
„Darüber brauchst du dir keine Gedanken machen.“
„Sierra?“
„Das war nur möglich durch ihre hervorragenden Schauspielkunst und mein schlechtes Urteilsvermögen, lange bevor ich dich getroffen habe“, erklärte Raúl gelassen. „Danach war nichts mehr.“
Sie war überrascht, wie gerne sie ihm geglaubt hätte. Doch die Fakten sprachen gegen ihn.
Als beide mit dem Essen fertig waren, lehnte sie dankend einen Kaffee ab, kramte ein paar Geldscheine hervor, um ihren Anteil zu bezahlen, und legte sie auf den Tisch.
„Willst du mich beleidigen?“, fragte er gefährlich leise.
„Keineswegs.“ Sie erhoben sich beide gleichzeitig. „Wir bleiben in Kontakt?“, fragte sie übertrieben höflich.
Sie bedachte den Oberkellner mit einem matten Lächeln und verließ erleichtert das Restaurant Richtung Lobby. Der Mann am Empfang nickte ihr zu, als sie vorbeiging, und fast hatte sie schon die Fußgängerbrücke erreicht, als Raúl zu ihr aufschloss.
Wie ein Raubtier hatte er sich an sie herangeschlichen. Sie warf ihm einen ungnädigen Blick zu. „Wir haben uns bereits verabschiedet.“
„Ich kann mich nicht erinnern, die Worte ‚Gute Nacht‘ vernommen zu haben.“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
„Wie nachlässig von mir“, flötete Gianna. „Buenas noches.“
Auf der zweispurigen Straße unter ihnen floss der Verkehr gleichmäßig dahin.
„Du musst nicht den Gentleman für mich spielen“, sagte sie, als sie nach wenigen Schritten in dem Einkaufszentrum angekommen waren. „Ich bin sehr wohl in der Lage, meinen Wagen auch ohne deine Hilfe zu finden.“
„Selbstverständlich.“
Er folgte ihr in den Aufzug, und als sie wieder ausstiegen, begleitete er sie wortlos zu ihrem Wagen.
Sie schenkte ihm keine Beachtung, als sie auf ihren kleinen Lexus zusteuerte. Sie drückte die Zentralverriegelung, setzte sich hinters Steuer und startete den Motor.
„Zufrieden?“, fragte sie durch das heruntergelassene Fenster.
Er zückte eine Karte und reichte sie ihr. „Meine private Handynummer.“
Das diffuse Licht machte es Gianna unmöglich, Raúls Miene zu erkennen, und damit auch, in welcher Stimmung er sich
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