Julia Extra Band 0332
dem Ideal eines am Broadway gefeierten Schriftstellers. Sein Trenchcoat verriet den teuren Herrenausstatter, und in seinem goldblonden Haar glitzerten Regentropfen.
„Ich war bei deiner alten Wohnung. Die Nachbarin wollte mir zwar deine neue Adresse nicht verraten, gab mir jedoch den Tipp mit diesem Café. Sie sagte, der Besitzer sei ein guter Freund von dir und wäre bestimmt bereit, dir eine Nachricht übermitteln.“
„Das ist Diego.“ Maya deutete auf ihren Tischnachbarn. „Ihm gehört diese Bar.“
„Es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Brad kam näher, um Diego die Hand zu reichen.
Ganz der stolze Spanier, verzog dieser keine Miene. „Mit wem habe ich die Ehre?“
„Brad Walker.“
Diego sprang so temperamentvoll auf, dass sein Stuhl umkippte. „Sie sind also der Typ, der …“
„Schon gut, Diego.“ Maya warf ihm einen beschwörenden Blick zu und legte die Hand auf seinen Arm. „Brad wird uns bestimmt nicht lange aufhalten, oder?“
„Das ist noch nicht abzusehen. Ich muss unbedingt mit dir sprechen, Maya, ganz egal, wie lange es dauert.“
„Auch ich muss mit dir reden. Am besten, wir fahren in meine Wohnung, dort sind wir ungestört. Die Bushaltestelle ist gleich um die Ecke.“
„Mein Auto steht vor der Tür.“
Maya nickte nervös, denn sie ahnte nichts Gutes. Langsam stand sie auf. Es gelang ihr nicht, die Mantelknöpfe zu schließen, so unstet waren ihre Hände. Sie gab auf und ließ den Mantel einfach offen stehen. Trotzdem war die Entscheidung, Brad mit in ihre Wohnung zu nehmen, die einzig richtige. Dort hatten sie keine Zuhörer, denn das, was sie sich zu sagen hatten, war nicht für fremde Ohren bestimmt.
Dennoch jagte ihr die Vorstellung, mit Brad ganz allein zu sein, Angst ein. Am schrecklichsten war jedoch die Aussicht, sich wieder von ihm trennen zu müssen, wenn alles gesagt war. „Diego, ich rufe dich auf alle Fälle heute Abend noch einmal an“, verabschiedete sie sich.
„Unbedingt.“ Hatte er Brad bisher mit Skepsis betrachtet, sah er ihn jetzt mit unverhohlener Feindseligkeit an. „Du gefällst mir heute überhaupt nicht, und ich möchte unbedingt alles über deine Neuigkeit erfahren. Ich will mir ganz sicher sein, dass bei dir wirklich alles okay ist.“
„Das ist es, ich schwöre es. Aber trotzdem rufe ich dich noch an, versprochen ist versprochen.“
Brad hörte dem Wortwechsel mit eisiger Miene zu. Ohne sich von Diego zu verabschieden, hielt er Maya wortlos die Tür auf.
Brad betrachtete Maya besorgt. Sie hatte etwas abgenommen, und ihre Wangenknochen zeichneten sich unter der durchscheinend zarten Haut noch deutlicher als gewohnt ab. Dies und ihre Blässe ließen ihre faszinierend grünen Augen noch größer und ihre Schönheit noch elfenhafter erscheinen.
Brad war nicht in der Lage, konsequent und logisch zu denken, zu viele Eindrücke, Gefühle und Befürchtungen stürzten auf ihn ein. Sicher war nur eins, er hatte Maya unbeschreiblich vermisst und tat es noch immer. Es war ein Schmerz, der nicht heilen wollte.
Er war hart mit sich ins Gericht gegangen, hatte sein rohes Verhalten ihr gegenüber aufs Schärfste verurteilt, doch auch Wut und Selbsthass hatten ihm nicht geholfen. Die alte Angst hatte ihn immer noch fest im Griff, lähmte ihn und machte es ihm unmöglich, der Stimme seines Herzens zu folgen.
Doch dann hatte ihn der Zeitungsartikel über die Kunstauktion aus seiner Lethargie gerissen. Blitzartig war ihm klar geworden, was er zu tun hatte, nämlich seine Furcht zu überwinden und eine längst fällige Entscheidung zu treffen.
Flüchtig blickte er sich in dem frisch renovierten Wohnzimmer von Mayas neuer Wohnung um. Es war größer und heller, die Möbel waren bequemer. Alles wirkte weitaus komfortabler als in dem alten Apartment.
Während der Autofahrt hatte Maya ihm alles erzählt, wie sie die Chance, eine größere Wohnung zu bekommen, sofort genutzt und wie Diego ihr beim Umzug geholfen hatte. Brad musste an den arroganten und kraftstrotzenden Besitzer des Cafés denken und lächelte verkniffen. Die ganze Zeit hatte er damit gerechnet, im nächsten Moment einen Kinnhaken verpasst zu bekommen.
Auch die Blumen und Glückwunschkarten zum Einzug, die Maya auf der Fensterbank aufgebaut hatte, irritierten ihn. Eifersucht und sein ausgeprägter Beschützerinstinkt machten ihm schwer zu schaffen. Wer schickte Maya Blumen? Hatte sie jemanden kennengelernt?
Sie schien nicht zu merken, wie aufgewühlt er war. Wie die Ruhe selbst saß sie
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